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Hoelle auf Zeit

Hoelle auf Zeit

Titel: Hoelle auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Lebensunterhalt verdienen kann?« fragte Sarah.
      Egan nickte. »Sie würden sich wundern. Übrigens kann Webster nie verhungern. Er war früher Maat bei der Navy und hat seine Pension.«
      Im Fenster der alten Hütte auf dem Hang über der Werft brannte Licht. Sie gingen den Pfad hinauf, und Egan klopfte. »Herein!« rief eine Stimme.
      Er öffnete die Tür und führte sie in einen langen, unwahr­ scheinlich vollgestopften Raum, der den größten Teil der Wohnfläche ausmachte. Außerdem gab es noch eine primitive Küche mit einem Ausguß und nur einem Wasserhahn, dann einen Teil, der offenbar als Büro diente, mit einem Schreibtisch und einem alten viktorianischen Tisch, auf dem sich Akten türmten.
      Der Wohnbereich befand sich am anderen Ende: Holzscheite brannten in einer flachen Feuerstelle aus Stein, mit einem völlig überpolsterten Sofa und zwei Sesseln davor. Der Mann, der sich in dem einen fläzte, neben sich eine Flasche Whisky, in einer Hand ein Glas, in der anderen ein Buch, war klein, mit scharfkantigem Gesicht, wirrem grauen Haarschopf und Bart.
      »Da bist du ja, du Strolch«, begrüßte er Egan.
      Egan lehnte sich an den Kaminsims. »Sam Webster – Mrs. Sarah Talbot.«
      Webster musterte sie. »Und was tut eine hübsche Frau wie Sie in so schlechter Gesellschaft?«
      »Ach, ich kann’s aushalten.«
      Er versuchte sich aufzusetzen und ächzte. »Gicht«, erklärte er, und sie bemerkte den Stock auf dem Fußboden. »Die Fol­ gen eines vergeudeten Lebens. Ich wage ja gar nicht zu fragen, wo ihr Frauen doch heutzutage so auf euer Selbstwertgefühl bedacht seid – aber würden Sie für uns alle vielleicht netter­ weise eine Tasse Tee kochen? Sie finden alles, was Sie brau­ chen, dort hinten.«
      »Ich denke, das kann ich schaffen.« Sie füllte einen alten Kessel an dem einen Wasserhahn, fand ein Streichholz, um den Herd anzuzünden, und nahm drei angeschlagene Becher, die an Haken über dem Ausguß hingen.
      »Wie steht’s mit der Jenny B? Alles klar?« fragte Sean.
      »Hab mich am frühen Abend selber drum gekümmert, bevor das Bein anfing, mich zu ärgern. Alles in Butter. Proviant in der Kombüse, Sprit in den Tanks. Fehlt nur eins – meine sie­ benhundertfünfzig Pfund.«
      »Die hab ich hier.« Sarah machte ihre Handtasche auf und entnahm ihr das Geld. Er zählte es sorgfältig, Schein für Schein, nach.
      Egan zündete sich eine Zigarette an und schaute sich voller Abscheu um. »Sieh dir doch bloß diese Bude an. Wie kannst du nur so leben bei dem vielen Geld, das du versteckt hast?«
    »Aber das ist doch gerade der Witz der Sache. Was der Steu­
    erbeamte nicht sehen kann, kratzt ihn auch nicht. Was er hier vorfindet, erweckt eben sein Mitleid mit dem armen alten Matrosen, der kärglich von seiner Pension lebt.«
      Sarah brachte die drei Becher Tee, er goß Whisky in seinen und schlürfte ihn geräuschvoll. »Das ist prima.« Er sah auf seine Taschenuhr. »Halb eins. Ihr müßt noch zwei Stunden abwarten, bevor ihr auslaufen könnt. Kennen Sie sich mit Schiffen aus, Mrs. Talbot?«
      »Ein bißchen.«
      »Na ja, die Gegend hier ist tückisch. Sandbänke, Treibsand. An manchen Stellen von Morecambe Bay können Sie zwei- bis dreihundert Meter ins Meer hinauslaufen und sind trotzdem nur knietief im Wasser.«
      Sie hob ein paar von den Büchern auf, die neben dem Sessel auf dem Boden lagen. Walt Whitmans »Grashalme«, Platons »Staat«, Romane von Hemingway, Charles Dickens und vielen anderen.
      »Sie merken schon, ich bin eine Leseratte«, sagte er. »Fünf­ undvierzig Jahre auf See, Mrs. Talbot, manchmal denke ich, die Bücher haben mich über die Runden gebracht. Bildung ist ‘ne großartige Sache. Als Junge hab ich natürlich keine Chance bekommen. Das hab ich bei dem Burschen hier nie kapiert.« Er war inzwischen etwas betrunken. »Hat Köpfchen, ‘nen echten Intellekt, der geborene Philosoph, und womit verdient er sich seinen Lebensunterhalt? Er legt Menschen um.«
      »Da sind wir wieder mal beim Thema.« Egan wandte sich an Sarah. »Ich kann’s schon nicht mehr nachzählen, wie oft wir die gleiche Auseinandersetzung hatten.«
      »Samuel Johnson hat gesagt, man brauchte keine fünf Minu­ ten bei Regen in einem Unterstand neben Edmund Burke zu stehen, um zu merken, daß man sich in Gesellschaft eines bedeutenden Mannes befand«, verkündete Webster.
      »Und was zum Teufel soll diese Perle der Weisheit

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