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Höllen-Mädchen

Titel: Höllen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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an den Kristallen entlangfloß. Auf dem Grund des Flusses wuchsen kleine Pflanzen, die winzige Früchte trugen, von denen Fische fraßen. Aber hier durften sie nicht länger verweilen und die Schönheit genießen. »Wir müssen weiter«, drängte Rose. »Dieser Weg führt offenbar nicht hinaus. Öffne eine andere Tür.«
    Graut setzte seine Pfeife an den Mund und spielte. In der Wand öffnete sich erneut eine Tür. Sie betraten wieder einen Tunnel und ließen den schönen Fluß hinter sich zurück. Der Tunnel war so hoch, daß sie aufrecht darin gehen konnten. Das war eine große Erleichterung! Leider verengte er sich bald, und sie waren genötigt, einzeln hintereinander zu gehen. Allmählich verdunkelte sich der Gang. Rose konnte in der Finsternis nichts mehr sehen. Aus Angst, mit dem Gesicht gegen ein scharfkantiges Hindernis zu stoßen, hielt sie inne.
    Da drängte sich der Junge an ihr vorbei und begann zu fluchen. Seine Flüche erleuchteten die düsteren Nischen der Höhle. Rose fand es von Haus aus unschicklich zu fluchen; in diesem Fall hielt sie es jedoch für angebracht, ihre damenhafte Empfindlichkeit vorerst zurückzustellen, denn sie brauchten das wenige Licht. Licht? Ja, aber wieso hatte der Junge sein Talent nicht schon vorher genutzt und war verschwunden, bevor sie eingetroffen war?
    »Wir sind fast da«, meinte Graut zuversichtlich.
    »Wo sind wir fast?« fragte Rose. Aber bevor sie weitersprechen konnte, wurde sie von einem Kreischen, das im Tunnel hallte, unterbrochen. Die Seevettel!
    Erschrocken eilten sie daraufhin den Tunnel hinunter. Auf einer Wand vor ihnen entstand eine Glut. Graut riß seine Hornpfeife heraus und spielte eine kurze Melodie. Da öffnete sich eine weitere Tür. Wie konnte man ein Kreischen hören, wenn die Seevettel sich angeblich das Leben genommen hatte und nur ihr Geist ihnen folgte? Das war die Stimme der lebenden Hexe!
    »Beeil dich!« drängte der Junge und ergriff ihre Hand. Er sprang durch die Tür und zog Rose hinter sich her.
    Dahinter befand sich eine Wasserrutsche, die sie in noch tiefere Dunkelheit hinunter führte. Dann landeten sie in einer Art von… also, es fühlte sich an wie ein Korb, wie ein riesiger Weidenkorb mit hohem Bogengriff. Er baumelte an einem Seil, das am Griff festgeknotet war. Als sie dort hineinrutschten, begann der ganze Korb zu schaukeln und schwang noch weiter in die Finsternis hinab.
    »Wo sind wir hier?« schrie Rose entsetzt. »Und was geschieht mit uns?«
    »Das ist ein Henkelkorb«, antwortete der Junge. »Und wir fahren zur Hölle!«
    »Bitte, fluche nicht«, tadelte sie ihn. »Das beleidigt meine vornehme Erziehung. Wohin geht es denn nun wirklich?«
    »Zur Hölle«, wiederholte er. »Ich bin ein Dämon aus der Hölle. Es ist so langweilig dort, daß wir uns entschlossen hatten, ein paar hübsche Blumen anzupflanzen. Aber sie wollten auf Teufel komm raus nicht wachsen. Dein Talent bringt Rosen zum Blühen, und es sind doch so hübsche Blumen. Deshalb habe ich dich geholt.«
    Rose war fassungslos und verwirrt. »Aber die Seevettel! Was hatte sie vor?«
    »Na ja, sie wollte deinen Körper übernehmen. Deshalb mußten wir auch schnell handeln. Einige Talente verschwinden mit der Seele und manche mit dem Körper. Dein Talent verschwindet mit dem Körper, deshalb konnte uns deine Seele nicht nutzen. Jedenfalls ist sie viel zu gut für uns. Deshalb mußten wir deinen Körper besitzen, bevor die Seevettel ihn holte. Uns blieben nur wenige Stunden, bevor die Hexe ihrem Leben ein Ende setzte, um dich zu übernehmen.«
    »Aber wir haben doch nur wenige Minuten gebraucht, um aus ihrer Höhle zu fliehen!«
    »Das stimmt zwar, aber wir konnten dich nicht so lange hindern nachzudenken. Womöglich hättest du einen Fluchtweg gefunden. Jetzt aber befinden wir uns im Fahrstuhl zur Hölle, und wir haben dich endlich geschnappt!«
    Sie starrte ihn im Licht der ringsum auflodernden Flammen an. »Du bist nicht weniger unschuldig als die Hexe! Du warst genau wie sie darauf aus, mich in eine Falle zu locken!«
    »Und das mit Erfolg«, stimmte er zu, sehr mit sich zufrieden.
    Sie spähte über den Rand des großen Korbes hinunter und entdeckte nichts weiter als tosendes Feuer und beißenden Rauch. Es gab kein Entrinnen!
    Rose seufzte. Es war einfach kein guter Tag heute!

11
DER TANK
DES VERGESSENS
    Es war schon spät, als ich von Schloß Roogna zurückkehrte. In unserem eigenen, neu instandgesetzten Schloß war es still. Rose war nicht da. Wo mochte sie

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