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Höllen-Mädchen

Titel: Höllen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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dem jeder menschliche Bürger Xanths, der bis zum fünfundzwanzigsten Lebensjahr kein magisches Talent vorweisen konnte, ins Exil geschickt wurde. Das war nicht nur grausam, sondern auch unfair. Da ich selbst auf keinen Fall wieder König werden wollte, war ich zumindest dazu verpflichtet, nach einem anderen Magier Ausschau zu halten und ihn auszubilden. Wenn er dann eines Tages König wurde, sollte er dieses Gesetz außer Kraft setzen.
    Nein, nicht einmal für Rose durfte ich meine Verpflichtungen vernachlässigen – aber andererseits konnte ich es ohne sie nicht aushalten. Nicht einmal meine Socken konnte ich allein finden! Für diese Dinge brauchte ich einfach eine Frau. Aber wie konnte ich je wieder heiraten, solange ich doch Rose so sehr liebte? Nein, das würde ich niemals tun. Nicht solange meine Liebe für sie in mir weiterlebte.
    Es blieb mir nur ein Ausweg. Ich ging zum Regal und nahm die Phiole mit dem Trank des Vergessens heraus. Die noch vorhandene Menge reichte aus, um einen Mann für achtzig Jahre irgend etwas vergessen zu lassen. Bis dahin war ich sicherlich schon gestorben und bei Rose in der Hölle. Der Zaubertrank wirkte nur auf einen lebendigen Verstand, nicht aber auf einen toten. Das war ideal.
    »Rose!« rief ich und benannte damit die Sache, die ich vergessen wollte. Dann setzte ich die Phiole an die Lippen und trank sie bis auf den letzten Tropfen aus.
     
    Verwirrt schaute ich mich um. Was tat ich hier? Ich stand mitten in einem geheimnisvollen Arbeitszimmer und hielt eine Phiole in der Hand. Meiner Erinnerung nach hatte ich gerade Schloß Roogna entdeckt. Eben noch hatte ich mich dem Schutzwall genähert und das Ungeheuer im Schloßgraben erspäht. Danach? Nichts mehr…
    Sollte ich mich im Innern des Schlosses befinden und mir beim Eintreten den Kopf gestoßen haben? Nein, ich betastete meinen Kopf und konnte keine Beule finden. Außerdem war das gar nicht Schloß Roogna! Der Geruch war ungewohnt. Ich befand mich an einem anderen Ort. Es mußte noch mehr geschehen sein. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß ich einfach nur das Schloß betreten hatte – irgendwie war ich an einen anderen Ort transportiert worden.
    Vielleicht handelte es sich hierbei um eine letzte Verteidigungsmaßnahme des Schlosses: Es versetzte jeden, der es betreten wollte, in ein anderes Schloß. Vielleicht war dies – eine vage Erinnerung schimmerte durch den Nebel in meinem Kopf – das Schloß Namenlos. Das Schloß, von dem ich noch nichts gehört hatte. Und diese Unkenntnis hatte mich wahrscheinlich einiges gekostet. Irgendwo. Irgendwann. Es gelang mir nicht, mich genauer daran zu erinnern. Anscheinend hatte ich sehr viel vergessen.
    Ich sah mir die Phiole eingehender an und entdeckte nun das Etikett: Trank des Vergessens.
    Ich hatte vom Vergessenselixier getrunken! Was, in aller Welt, hatte mich dazu getrieben? Ich hatte es vergessen!
    Allmählich begann ich zu begreifen, daß mir die Erinnerung an einen Teil meines Lebens fehlte. Ich mußte in Schloß Roogna eingedrungen sein, mich anschließend hierher begeben und alles so hergerichtet haben, daß es für mich wohnlich war. Und dann hatte ich den Trank zu mir genommen, um das alles zu vergessen. Warum nur?
    Ich wußte es nicht. Aber ich war mir sicher, daß ich gute Gründe dafür gehabt haben mußte, falls ich es freiwillig getan hatte. Darum war es sicher besser, dem nicht weiter nachzugehen. Zu gegebener Zeit mußte das Elixier seine Wirkung verlieren, und dann konnte ich mich bestimmt wieder an alles erinnern. Allerdings gab es keinerlei Hinweis darauf, wie voll die Flasche gewesen war. Doch bis dahin war es sicherlich am besten, mit meinen Tätigkeiten fortzufahren und auf das Wiedereinsetzen der Erinnerung zu warten.
    Wieviel Zeit hatte ich wohl mit dem Elixier aus meinem Gedächtnis gelöscht? Ich schaute noch einmal auf den Kalender, nun allerdings auf die Jahreszahl. Mir blieb der Mund offen stehen. Wir schrieben das Jahr 1000! Meiner Erinnerung nach müßten wir uns im Jahr 971 befinden. Mir fehlten also neunundzwanzig Jahre meines Lebens. Statt achtunddreißig und gerade frisch zum König von Xanth gekrönt, war ich nun siebenundsechzig und bei weitem nicht mehr so frisch. In der Tat spürte ich in diesem Moment, wie sich das Gewicht der zusätzlichen Jahrzehnte auf meine Schultern legte. Ich fühlte mich vom Alter gebeugt.
    Aber es hatte keinen Sinn, einmal geschehene Dinge ungeschehen machen zu wollen. Mir blieb nichts anderes übrig, als einfach

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