Höllen-Mädchen
nur stecken?
Da entdeckte ich ein Pergament auf dem Tisch, das die Handschrift meiner Frau trug. Es war ein Brief von Rose. Erstaunt begann ich zu lesen.
Geliebter Gatte Humfrey!
Wo bleibst Du nur, mein Herz? Du solltest mich bald aus dieser Hölle befreien, sonst sehe ich schwarz für die Zukunft. Jeden Tag wandere ich im einsamen Silberregen auf der Schloßpromenade zwischen dem Gasthaus Sandschlößchen und dem Himmelsschlößchen entlang. Dem Dämon, der die Aufsicht über diese Hölle hat, habe ich gesagt, daß ich nach langem Warten nun doch bereit bin, alles zu geben, um Dich noch einmal zu sehen und ein letztes Mal zu lieben. Ich habe die Bäume befragt, und sie raunten mir zu, daß meine Verbannung aus Xanth, nicht nur einmal neun Jahre, auch nicht zweimal neun Jahre, sondern gar zehnmal neun Jahre dauern wird, falls Du mich nicht auf der Stelle befreist. Warum bist Du noch nicht gekommen? Meine Gnadenfrist währt nur noch einen Tag. Danach werde ich die ganze Zeit hier verbüßen müssen.
Oh, mein Geliebter, wo ich gehe und stehe, schießen Vergißmeinnicht wie Pilze aus dem Boden und bedecken meine blutigen Fußspuren im weißen Schneesand. Man wird mir meine Seele aus dem Leib reißen und im Rosengarten von Schloß Roogna in Rosenquarz einschließen, es sei denn, Du befreist mich noch heute. Ich schäme mich, es zuzugeben, aber ich habe einen Dämonen mit einem Kuß bestochen, damit er diesen Brief in unser Heim bringt. Ich bitte dich inständig – komm und bringe mich fort von hier, bevor es zu spät ist –, wenn Du mich liebst, wie ich Dich liebe.
Rose von Roogna
Kaum hatte ich den Brief zu Ende gelesen, da ging er auch schon in Flammen auf. Damit hätte ich eigentlich rechnen müssen, schließlich handelte es sich um eine Botschaft aus der Hölle. Der Brief war spurlos verschwunden.
Ich warf einen Blick auf den Kalender, den ein Oger hier zurückgelassen hatte. Zum Glück konnte ich mich noch an das Datum des Briefs erinnern. Wie sich herausstellte, hatte ich mich länger in meine Nachforschungen auf Schloß Roogna vertieft, als mir bewußt war. Vier Tage waren inzwischen verstrichen.
Roses Gnadenfrist war damit bereits seit einem Tag abgelaufen. Ich hatte die Chance verpaßt, sie zu befreien. Nun konnte ich sie nicht mehr vor der Hölle bewahren. Ich war Magier der Information, nicht der Macht, und mir war klar, daß meine Fähigkeiten auf diesem Gebiet nicht ausreichten, um Rose aus der Unterwelt zu befreien. Vielleicht, wenn ich Möglichkeit gehabt hätte, mehr darüber zu lernen… Doch ohne Rose, die mir bei meinen Forschungen bisher immer geholfen hatte, war ich nicht in der Lage herauszubekommen, auf welche Weise man sie befreien konnte – falls es überhaupt eine Chance gab. Sie war so gut wie verloren.
Doch damit mochte ich nicht weiterleben. Es gab allerdings eine Möglichkeit, das zu ändern: Ich konnte mich selbst töten, um zu ihr in die Hölle zu kommen. Ich wußte, daß mir in ihrer Gesellschaft selbst dieser Aufenthaltsort gefallen würde.
Ich begann, das Schloß für meine Abreise zu präparieren. Schließlich konnte ich meine Phiolen mit den magischen Elixieren, meine gesammelten Zaubersprüche und mein fast vollständiges Buch der Antworten nicht einfach so zurücklassen. Jeder Vorbeikommende hätte das alles an sich nehmen können! Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn diese Sachen in falsche Hände gerieten! Doch welcher Ort kam als Versteck in Frage?
Natürlich: Schloß Roogna. So trug ich den fliegenden Teppich hinaus auf den Landeplatz neben dem Schloßgraben und belud ihn.
Souffl streckte den Kopf aus dem Wasser. Die Schlange war am gleichen Tag wie wir von Schloß Roogna hergezogen. Sie behauptete damals, daß es sinnlos sei, ein leeres Schloß zu verteidigen, das zudem keinen zusätzlichen Schutz nötig hatte. Der eigentliche Grund für ihren Umzug war jedoch Rose, denn Souffl mochte Rose, weil sie ein so appetitliches Häppchen war.
Ich blickte dem Ungeheuer in die Augen. Wie konnte ich ihm schonend beibringen, daß Rose nicht mehr wiederkam und ich ebenfalls bald fort wäre? In diesem Moment wurde mir klar, daß ich Verpflichtungen hatte: Ich konnte mich nicht einfach aus dem Staub machen und von der Bildfläche verschwinden. Zum Beispiel mußte ich mich für den Fall bereithalten, daß ich noch einmal als König gebraucht wurde, so sehr mir dieser Gedanke auch verhaßt war. Der arrogante Sturmkönig hatte nämlich das Gesetz erlassen, nach
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