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Höllen-Mädchen

Titel: Höllen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Rose.
    »Weißt du das wirklich nicht?«
    »Nein, ich habe keine Ahnung. Ich habe ihr nur geholfen, eine Tasche mit Elfenbein zu tragen, und sie hat mich hierher gelockt und mich dann verlassen. Als sie ging, hat sie nur noch etwas Merkwürdiges gesagt.«
    »Du weißt es ja wirklich nicht!« Graut war erstaunt. »Ich werde es dir erzählen. Die Seevettel ist eine Zauberin, die deswegen ewig lebt, weil sie ihren alten Körper tötet und ihr Geist einen anderen Körper übernimmt. Gewöhnlich bevorzugt sie den Körper einer jungen Frau. Findet sie aber keine, nimmt sie auch einen Jungen. Deshalb hat sie mich hier eingesperrt. Eine Frau ist ihr auf jeden Fall lieber, auch wenn diese so alt ist wie du. So kann sie nämlich einige Jahre länger leben, um schließlich doch noch eine junge Frau zu finden. Aus diesem Grund sitzt du hier gefangen, und in ein oder zwei Stunden wird sie deinen Körper übernehmen.«
    Rose war entsetzt. »Ich will aber nicht, daß mein Körper übernommen wird! Wie macht sie das überhaupt?«
    »Sie lockt eine Frau in eine Falle. Dann dringt ihr Geist einfach in den Körper der Frau ein. Das ist ihre Zauberkunst. Du kannst sie nicht daran hindern. Nur wenn du weit genug fort bist, kann ihr Geist dich nicht erreichen.«
    Rose erkannte ihre Ohnmacht. Aber sie klammerte sich an die Hoffnung, daß sie beide einen Ausweg finden könnten. »Was ist dein Talent?«
    »Ich öffne Türen mit meiner Hornpfeife, auch da, wo’s keine gibt.«
    »Willst du damit sagen, daß du Türen an Orten entstehen lassen kannst, wo sonst keine sind?«
    »Sicher, das kann ich, und zwar mit meiner Hornflöte. Meistens macht mir das Spaß, denn ich kann überall hinein und heraus.«
    »Warum hast du denn nicht schon längst eine Tür geöffnet, die von hier hinausführt?«
    »Weil ich Türen nur auf einer Ebene öffnen kann, jedoch nicht nach oben oder unten. Außerdem ist hier kein Licht.«
    »Kein Licht? Warum sollte dich das hindern?«
    »Ich fürchte mich vor der Dunkelheit!«
    »Aber hier ist es doch dunkel.«
    »Eben, und davor habe ich Angst. Der Lichtfleck da oben vom Loch im Baum beruhigt mich. Wenn ich eine Tür öffnete, führte sie auf jeden Fall in einen unterirdischen Tunnel, wo es dunkel wäre. Ich kann das Licht nicht verlassen!«
    Rose ging ein Licht auf. »Viele Kinder haben Angst vor der Dunkelheit. Aber nur dann, wenn sie allein sind. Sie fürchten sich nie, wenn ihre Mutter da ist.«
    »Meine Mutter ist nicht hier«, stellte er entschieden fest.
    »Aber ich bin jetzt hier! Und ich bin alt genug, deine Mutter zu sein. Außerdem bin ich die Mutter eines anderen Kindes. Wenn ich mit dir gehe, wirst du keine Angst haben, ganz gleich, wie dunkel es ist.«
    »Vielleicht hast du recht«, überlegte er.
    Ihr Herz schlug schneller. Er ließ sich darauf ein! »Kannst du auf deiner Seite eine Tür öffnen?«
    »Natürlich! Komm hier herüber, dann öffne ich eine.«
    Rose verschwendete keine Sekunde. Sie glitt ins Wasser und schwamm hinüber. Am anderen Ufer traf sie auf einen ähnlichen Felsen und stieg hinauf. »Mach es«, ermunterte sie ihn.
    Da erklang ein Lied. Ein Glück, daß Graut seine Hornpfeife dabei hatte! Sie hörte ein Knarren, als wenn sich eine Tür öffnete. In der Dunkelheit tastete Rose die Wand ab. Ja, sie war ganz sicher, da war eine Tür und dahinter ein dunkler Gang. »Komm, schnell weg!« forderte sie ihn auf. »Vielleicht führt dieser Durchgang in eine Höhle, und wir können ihr bis nach oben folgen, wo es Licht gibt.« Der Durchgang führte vom Meer weg, und das war gut so, weil sie sich dadurch von der Meerhexe entfernten.
    »Geh du voran«, bat Graut.
    Sie zögerte keinen Augenblick. Rose konnte sicher sein, daß er ihr auf dem Fuße folgte, weil er nicht alleingelassen werden wollte. Auf Händen und Knien ertastete sie sich den Weg in den Tunnel. Sie hörte das Schnaufen des rothaarigen Jungen hinter sich.
    Der Tunnel verlief auf einer Ebene geradeaus. Sie hatte Angst, daß er nirgendwo hinführte. Doch dann trafen sie auf einen schwach leuchtenden unterirdischen Strom. Ihre Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt, und nun reichte das schwache Licht des Flusses aus, um seinen Verlauf erkennen zu können.
    Der Fluß war atemberaubend schön. Die Felsen an seinen Ufern bestanden aus Kristallen, und jeder kleine Stein im Flußbett war ein Edelstein. Stalagtiten aus glänzendem Sardonyx hingen von oben herab. Eine Melodie lag in der Luft! Der Strom sang, als das Wasser

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