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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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mir diese Möglichkeit ausdrücklich einräumt. Ich weiß, wofür Gott steht. Wir alle sind Gottes Kinder – und unser Vater will, dass wir erwachsen werden!“
    Eleanor und Raphael sahen ihn schweigend an. Dann nickte Raphael ernst.
    Samael wandte sich um und beobachtete die Kämpfe innerhalb der tobenden Feuersäule eine Zeitlang. Schließlich legte er den Kopf in den Nacken und stieß ein ohrenbetäubendes Brüllen aus. Der Schrei des Fürsten der Seraphim war so gewaltig, dass die ungeheure Flammenwand um den Klosterberg davongefegt wurde. Engel und Dämonen hielten in ihrem Kampf inne und wandten sich zu ihrem Meister um. Die Luft vibrierte und flimmerte noch immer, schien sich nur langsam beruhigen zu wollen. Der gesamte Berg war ebenso wie die rauchenden Ruinen des Klosters rußbedeckt und bis in seine tiefsten Eingeweide versengt und vollkommen verkohlt. Auch das Tal unterhalb des Berges war völlig verbrannt.
    „Hört mich an, ihr Engel des Herrn!“, rief Samael.
    „Nein!“, brüllte Asasel aufgebracht. „Warum stellst du dich auf ihre Seite? Wir wollen eine Entscheidung! Diese Gefahr für Gottes Weltordnung“, er zeigte anklagend mit dem Finger auf Eleanor, „muss aus der Welt geschafft werden!“
    Zahlreiche Dämonen fielen in diese Forderung ein. Sie fauchten und grollten, sie blickten bösartig auf die Engel, die sich nun wieder um Eleanor, Raphael und auch Samael zu sammeln begannen. Wenige Augenblicke später bildeten sie alle wieder einen festen Kreis um den Menschen in ihrer Mitte.
    Samael blickte zu Asasel hinüber und nickte langsam.
    „Ich verstehe “, sagte er. „Es würde gar nichts bringen, darüber zu sprechen. Gott will, dass wir lernen. Und das muss jeder für sich allein tun. Ich kann dir meine Meinung nicht aufzwingen, Asasel. Ebenso wenig den anderen. Ihr müsst von allein zu eurem Weg finden. Zu Gott findet man nur durch sich selbst – oder gar nicht.“
    Asasel stieß ein zorniges Fauchen aus und bleckte die Zähne.
    „Wir werden sehen, wer von uns zu Gott findet “, grollte er. „Wir werden sehen…“
     
    Die folgende Schlacht der himmlischen Heerscharen tobte mit einer Grausamkeit und Härte, die selbst für Engel und Dämonen alle Grenzen sprengte.
    Bruder kämpfte gegen Bruder, Engel gegen Dämon. Doch eines hatte sich geändert. Das Kräfteverhältnis war jetzt deutlich ausgeglichener, da Samael auf Seiten der abtrünnigen Engel kämpfte. Er stand nun zwischen Nathaniel und Uriel und hieb mit seinem riesigen Schwert mitleidlos auf die schwarzen Körper der Dämonen ein, die sich ihm zu nähern wagten. Wieder schien das gesamte Schlachtfeld in Flammen zu stehen und der Lärm des Feuers, der Kämpfer und der Waffen drang bis hinab in die Grundfesten der Welt.
    Eleanor hob den Kopf von Raphaels Brust und sah sich verängstigt um. ‚So habe ich mir immer die Hölle vorgestellt .‘, dachte sie betreten, während ihr Tränen der Angst über das Gesicht liefen. ‚Feuerstürme und Schatten von Dämonen in ihnen… Ein Kreischen, Stampfen und Toben darin, das mir die Seele zu zerreißen droht.‘
    Eleanor schluchzte , ihre Schultern zuckten. Raphael drückte sie sanft an seine Brust.
    „Mach dir keine Vorwürfe “, sprach er über den Lärm der Kämpfenden hinweg. „Dieser Kampf hätte schon vor über zweitausend Jahren stattfinden sollen. Es musste soweit kommen…“
    „Aber warum meinetwegen?“, weinte Eleanor verzweifelt. „Warum meinetwegen?“
    Voll Entsetzen blickte sie sich um. Mehr und mehr Engel und Dämonen kämpften nun auch ohne Schwerter. Gleich Raubtieren fielen sie einander an, bissen, krallten sich ineinander und zerfetzten sich gegenseitig. Doch noch etwas war auffallend – keiner von ihnen kam tatsächlich zu Schaden. Da ihre Körper aus himmlischem Feuer bestanden, waren sie unzerstörbar. Wann immer ein Engel oder Dämon in diesem Kampf ein Körperteil verlor, war es nur wenige Augenblicke später wie von Zauberhand wieder da. Gleich einer Flamme, die man mit dem Finger unterbricht, erschienen die Gliedmaßen unmittelbar aufs Neue an ihren Körpern.
    Dieser Kampf war nicht durch die Niederlage der anderen Seite zu gewinnen, aber darum ging es auch nicht, dessen wurde Eleanor sich nun bewusst. Für die Dämonen ging es einzig darum, an Eleanor heranzukommen, um sie zu töten. Die Engel ihrerseits setzten alles daran, keinen von ihnen an Eleanor herankommen zu lassen. Für sie war es keine Frage von Leben und Tod, da sie nicht sterben konnten.

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