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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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dies einen großen Schritt nach vorn, wäre doch jetzt das ständige Gefühl eingesperrt zu sein von ihren Schultern genommen.
    Der beständige Nieselregen hatte wieder eingesetzt, doch Eleanor war das egal. Sie mochte den feuchten Regen auf ihrer Haut.
    Ihre Gedanken wanderten zurück zu dem Schlafmittel. Ja, vielleicht war es besser, das Tetradyxol nicht mehr zu benutzen. Sicher, das Gefühl der Sehnsucht war auf seine Weise wunderschön gewesen, aber auch selbstzerstörerisch und belastend. Obwohl sie es nur zweimal genommen hatte, wusste Eleanor, dass sie ihr Leben nie in den Griff bekommen würde, wenn sie sich nicht von dieser seelischen Belastung befreite, die dieses Mittel in ihr auslöste.
    Bess war nach dem Mittagessen nach Hause gegangen. Die beiden hatten sich zum Abschied umarmt. Mehr denn je hatte Eleanor das Gefühl, in Bess eine Freundin gefunden zu haben. Vielleicht die erste in ihrem Leben.
    Und nun saß sie hier und atmete in der frischen Luft tief durch. Sie hatte schon eine Weile hier gesessen, als sie Schritte auf dem losen Kiesweg hinter sich vernahm. Die Schritte kamen näher und schließlich blieben sie stehen. Eleanor blickte hoch. Vor ihr stand der Mann, den man Nummer Sieben nannte.
    Eleanor sprang auf. Beide blickten sich verwirrt an und ohne den anderen aus den Augen zu lassen, gingen die beiden vorsichtig und irritiert umeinander herum. Eleanor konnte sich nicht erklären warum, aber sie war voll Furcht. Und dennoch fühlte sie sich auf eigenartige Weise zu dem Gesicht von Nummer Sieben hingezogen, da ss sie so gut aus dem Spiegelbild ihres Traumes kannte.
    Doch das Gesicht schien voll Schmerz zu sein, es war nichts von der heiteren Unbeschwertheit darin zu entdecken, die Eleanor aus ihrem Traum kannte und so anziehend gefunden hatte. Nummer Sieben streckte seine Hand nach Eleanor aus, doch seine Finger blieben zitternd vor Eleanor schweben.
    „Ich kenne dich... ich habe dich gesehen...“, stammelte er. „Vor zwei Nächten.“
    „Ich habe dich auch gesehen ...“, flüsterte Eleanor. Noch immer musterten die beiden sich fasziniert und ungläubig. Eleanor verlor sich in den ebenmäßigen Zügen des jungen Mannes vor ihr, die ihr so vertraut vorkamen und zugleich doch so fremd wirkten durch all den Schmerz und die Bitterkeit, der in ihnen lag. Überhaupt sah er hier und heute viel menschlicher aus, als in ihrem Traum. Seine dunklen Haare waren ungekämmt und wuschelig, sein Gesicht schien vor Angst und Verwirrung verzerrt und gehetzt. Auch trug er heute ein viel zu weites T-Shirt zu einer einfachen Bluejeans, während Eleanor sich aus ihrem Traum überhaupt nicht an Kleidung an ihm erinnern konnte. Dort hatte er irgendwie nackt gewirkt und seine Haut schien ein eigenes Licht ausgestrahlt zu haben, das jetzt vollkommen fehlte, während er vor ihr stand.
    „Bist du wie ich...?“, fragte Nummer Sieben. „Sag, bist du wie ich?“
    Mit einem Mal hielt Nummer Sieben inne. Sein Blick wurde erst starr, dann fiel er von Eleanor ab.
    „Nein, du bist nicht wie ich “, murmelte er. „Ich sehe es an deinen Augen...“
    Einen Augenblick lang stand Nummer Sieben reglos vor ihr, dann wandte er sich ab und stolperte unsicher zum Haus zurück. Eleanor blieb allein und irritiert im Nieselregen stehend zurück.
     
    An diesem Nachmittag grübelte Eleanor lange vor sich hin. Rastlos lief sie in ihrem Zimmer auf und ab und dachte über die ungewöhnliche Begegnung mit Nummer Sieben nach. Nichts daran war ihr erklärlich. Er hatte sie vor zwei Nächten gesehen, ebenso wie sie ihn. Das bedeutete, dass ihre Theorie, der zufolge ihr Unterbewusstsein ihn in einen Traum projiziert hatte, nachdem sie ihn in den letzten Tagen schon einmal auf dem Gelände gesehen hatte, unhaltbar geworden war. Irgendetwas anderes musste hier geschehen sein. Etwas, das sie sich nicht erklären konnte. Darüber hinaus wunderte sie sich über den qualvollen Ausdruck in Nummer Siebens Gesicht, der so gar nichts mit der unbeschwerten Leichtigkeit zu tun hatte, die sie im Toten Palast an ihm bemerkt hatte. Und zu guter Letzt wusste sie sich die merkwürdige Art und Weise nicht zu erklären, mit der er ihre Begegnung im Park beendet hatte. Was hatte er damit gemeint, als er sagte, Eleanor sei nicht wie er?
    An diesem Nachmittag fasste Eleanor einen Entschluss. Sie musste noch einmal mit Nummer Sieben reden. Die Szene im Park hatte ihr allzu deutlich gezeigt, dass Nummer Sieben das nicht direkt konnte oder wollte. In ihrem Traum

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