Hoellenfeuer
Schreck wie ein Kind zusammengerollt und kauerte schwer atmend und bebend vor Angst auf dem Boden. Seine Augen blickten wild und panisch rollend im Raum umher. Er war kaum noch Herr seiner selbst.
Langsam ging der Engel vor ihm auf die Knie und legte seine Hand sachte auf Fulks Kopf.
„Beruhigt euch, Herr Ritter “, sprach er sanft. „Ich bin nicht hier um euch zu schaden. Ich will euch im Gegenteil helfen, da es doch niemand sonst tun will.“
Eine große Ruhe überkam Fulk bei diesen Worten und unter der Hand des Engels. Er hörte auf zu zittern und atmete zum ersten Mal seit vielen Tagen wieder frei auf. Dann hob er den Blick und sah den Engel vor sich zum ersten Mal ohne Furcht an.
„So ist es recht, Fulk“, sprach der Engel und lächelte. „Ihr seid einen weiten Weg gegangen, um hier in dieser Stadt der Sünde zu sterben.“
„Ich verstehe es nicht “, erwiderte Fulk. „Wir kamen doch im Namen des Herrn um das Heilige Land zu befreien. Der Papst selbst hat gesagt, dass wir nicht scheitern können. Was haben wir getan, dass Gott uns so straft? Sind wir denn nicht mehr seine himmlischen Heerscharen?“
„Ihr wart nie seine himmlischen Heerscharen“, lachte der Engel bei diesen Worten. „Wie töricht ihr Menschen doch seid, das ihr denkt, irgendeine eurer Taten könnte in Gottes Augen wichtig sein. Und niemand auf dieser Welt ist törichter als der Papst. Glaubt mir, Herr Ritter. Gott hat keinerlei Interesse an euren lächerlichen, kleinen Kriegen. Er sieht sie nicht einmal.“
Ein kaltes Grauen durchfuhr Fulk de Charney.
„Was...was soll das heißen?“, stammelte er. „Dies ist doch Gottes Krieg. Wir haben all dies doch nur für ihn getan.“
„Falsch“, erwiderte der Engel. Jedes Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. Er blickte Fulk ernst an. „Ihr habt es zwar in Gottes Namen getan, doch nur für euch.“
Fulk begann erneut zu zittern. Die unerträgliche Kälte bemächtigte sich seiner wieder, als er sich der ungeheuren Tragweite der Worte des Engels bewusst wurde.
„Aber der Papst hat es doch gesagt. Er hat uns Gottes Willen bekannt gemacht “, stotterte er.
„Was weiß der Papst von Gottes Wille?“, antwortete der Engel und legte fragend den Kopf schief. „Was wüsste irgendein Mensch von Gottes Wille?“
„Heißt das... heißt das, dass alles vergeblich war? Alles umsonst?“, stammelte Fulk. „All die Menschen, die auf dem Blutacker gestorben sind und all die Seelen, die in den letzten Stunden dort draußen auf den Straßen zu Tode kamen?“ Mit zitterndem Finger deutete er auf die Wand, hinter der er die Stadt wusste.
„Ihr habt es erfasst “, erwiderte der Engel nach einem kurzen Zögern. „Nichts davon hatte einen Sinn. All diese Menschen haben ihr Leben gegeben, ohne dass all das einen Nutzen gehabt hätte.“
Einen Augenblick lang war es völlig still in der Zelle. Dann sprang Fulk de Charney auf und schrie: „Warum hat Gott uns nicht davor bewahrt? Warum hat er uns nicht aufgehalten? Wenn wir Christen wirklich seine Herde und er unser Hirte ist, warum hat er uns dann nicht vor dieser Dummheit bewahrt? All die Menschen, die hierfür gestorben sind! Für nichts und wieder nichts?“
Der Engel stieß ein meckerndes Lachen aus. Ein Laut, der gar nicht zu seiner Erscheinung passen wollte.
„Warum hätte er euch wohl aufhalten sollen?“, kicherte er. „Er hat überhaupt kein Interesse an euch. Zumindest nicht an euren Körpern. Der Tod eurer Leiber ebenso wie ihre Qual unter der Folter interessieren ihn wenig. Nur euren Seelen sind ihm wichtig.“
„Aber wie kann das sein?“, stammelte Fulk ungläubig. „Ich verstehe das nicht...“
Der Engel seufzte. Dann ging er langsam auf Fulk zu und sprach spöttisch: „Seht es ein, Herr Ritter. Gott hat euch eure Körper gegeben, damit ihr hier auf der Erde bestehen könnt. Aber die Erde ist nur der Ort, an dem ihr euch beweisen könnt. Hier könnt ihr zeigen, dass ihr Gottes Nähe würdig seid, indem ihr euer Leben so führt, dass eure Seele in Einklang mit sich selbst vor Gott zu treten vermag. Daher sind eure Körper so vergänglich. Sie sind unwichtig und nur für wenige Jahre gedacht. Das was euch wirklich ausmacht, sind allein eure Seelen.“
Der Engel hielt inne und sah an sich selbst hinab. Er breitete seine Flügel ein wenig aus, soweit die Enge der Kammer es zuließ. Das Licht, das von ihm ausging wurde plötzlich heller und nahm eine fast gleißende Intensität an.
„Mein Körper hingegen ist
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