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Hoellenflirt

Hoellenflirt

Titel: Hoellenflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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Brillengestell und rückt es gerade.
    »Wir müssen reden!«, kündige ich an. Schwallfi nickt und geht mit hängenden Schultern vor mir her in die Küche, wo ich mich auf die Bank plumpsen lasse. Dabei überlege ich, wie ich es am geschicktesten anstelle. Er darf auf keinen Fall Mama davon erzählen.
    »Es tut mir wirklich leid, das musst du mir glauben!«, sagt er und sucht direkten Blickkontakt.
    »Schon gut. Schwamm drüber.«
    Er starrt mich an, als hätte ich ihm zwar gerade einen Sechser im Lotto beschert, würde ihm aber sicher gleich das Geld wieder wegnehmen.
    »Wie...« Seine Augen hinter der Brille sind weit aufgerissen.
    »Dafür hilfst du mir, ja?«
    »Na klar! Worum geht es denn? Hast du was ausgefressen?« Und schon lehnt er sich zurück, fühlt sich wieder sicher und hat seine bescheuerte Ich-verstehe-alles-Miene aufgesetzt.
    Eigentlich will ich ihm die ganze Geschichte mit dem Hinweis auf seine Schweigepflicht als Anwalt erzählen, aber im letzten Moment scheue ich davor zurück.
    Das kann ich einfach nicht tun. Hier geht es schließlich nicht um einen Schulstreich. Oder bloß um eine geklaute CD!
    Und wenn ich so tue, als wäre das meiner Freundin passiert? Aber dann wittert er auch sofort Gefahr. Nein, ich muss es anders machen, so als würde ich ihn nur zwangsweise fragen.
    »Wir haben da eine verzwickte Hausaufgabe in Sozialkunde auf, ich komme einfach nicht weiter damit.«
    Sein Mund verzieht sich etwas, er wirkt enttäuscht. Gut.
    Er nickt mir zu. »Schieß los.«
    »Hör zu . . .«, beginne ich. Und dann erzähle ich von unse rer angeblichen Hausaufgabe. Ein Mädchen wird beim Klauen erwischt und läuft weg, der Hausdetektiv holt sie ein und gibt ihr zu verstehen, dass man da einen unappetitlichen Weg finden könnte, um das Ganze zu vergessen. Daraufhin flippt das Mädchen aus. Beim darauf folgenden Handgemenge stürzt der Mann so unglücklich, dass er leider tot ist.
    Während ich rede, habe ich große Angst, Schwallfi könnte merken, was hier wirklich los ist, und versuche, so genervt wie möglich zu wirken. »Ziemlich lächerliche Hausaufgabe, oder?«
    Er nickt. »Wo soll denn da das Problem liegen? Also erst mal: Ein Hausdetektiv darf dieses Mädchen gar nicht außerhalb des Ladens verfolgen. Das ist absoluter Blödsinn!«
    Wenn ich das gewusst hätte! Aber wäre dann irgendetwas anders gelaufen?
    »Es geht in der Hausaufgabe eher darum, was das Mädchen jetzt tun soll.«
    »Das ist doch ganz einfach. Sie meldet alles der Polizei und die übernehmen dann.« Er schüttelt den Kopf angesichts dieser völlig logischen, auf der Hand liegenden Vorgehensweise.
    »Äh . . . das Wichtigste habe ich vergessen, sorry. Also, das Mädchen läuft weg und bittet ihre Freunde, ihr zu helfen. Und die lassen die Leiche verschwinden.«
    Schwallfi sieht plötzlich so aus, als wäre er aus einem langjährigen Koma erwacht. »Und so etwas habt ihr in Sozialkunde auf? Was ist denn das für ein Mist? Kein Mensch verhält sich derart bescheuert. Es ist doch klar, dass man eine Leiche nicht einfach wegschafft, das geht auch nicht so hopplahopp. So etwas ist strafbar. Außerdem – welche Art von Freunden schafft denn einfach eine Leiche weg?« Er schaut mir durchdringend ins Gesicht. »Oder war es gar keine Notwehr, son dern Mord?« Ich hoffe sehr, diese Hitze, die gerade mein Gesicht überflutet, bedeutet nicht, dass ich knallrot bin. Höchste Zeit, mir noch mal über die geschlagene Wange zu streichen und ein schmerzerfülltes Gesicht aufzusetzen. »Nein, nein, in der Aufgabe heißt es eindeutig Notwehr.«
    Er rückt seine Krawatte zurecht und fährt sich durch die Haare. »Im Falle von Notwehr ruft man die Polizei und fertig. Ich verstehe nicht, wozu so eine hirnverbrannte Aufgabe gut sein soll.«
    Ich zucke lediglich mit den Schultern, weil ich kein Wort rausbringe.
    Schwallfi steht auf. »Ich muss wieder ins Gericht. Schreib das so hin, wie ich es gesagt habe. Und wenn das deinen Lehrern nicht passt, kümmere ich mich darum.«
    Ich gebe noch nicht auf. »Wie wird man denn bestraft, wenn man eine Leiche verschwinden lässt?«
    Er lächelt milde, so wie er lächelt, wenn wir Oma Irma, Mamas alzheimerkranke Mutter, besuchen und er sich selbst nett findet, weil er so tut, als würde er zuhören.
    »Mädel, das ist Unfug. Du schaust zu viel fern. Eine Leiche ist unglaublich schwer zu transportieren, weil die Muskeln alle entspannt sind. Probier’s doch mal mit Kati aus, wenn sie später heimkommt. Da müsste das

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