Hoellenflirt
bin froh, mich endlich in mein Zimmer verziehen zu können.
Aber kaum liege ich auf meinem Bett, kann ich nur eines tun, nämlich an Valle denken. Wie in einem Kaleidoskop schieben sich ständig Bilder und Szenen, die wir erlebt haben, vor mein inneres Auge. Immer wieder versuche ich, mich daran zu erinnern, was er gesagt, worüber wir gesprochen haben, und ich frage mich, ob ich irgendwas falsch verstanden habe.
Plötzlich kommt mir die Idee. Was, wenn diese elende Giltine Valle zu diesem miesen Spiel gezwungen hat? Aber wa rum? Und wieso sollte Valle bei so etwas mitmachen? Waren das nicht seine Worte gewesen: »Ich entscheide selbst, was gut und was böse ist?« Ja, Valle hat es gar nicht nötig, bei einem derartigen Schwachsinn mitzumachen. Mein Herz weigert sich einfach, daran zu glauben, dass Valle so fies ist. Denn so kann man sich doch nicht in einem Menschen täuschen? Oder doch?
Ich bin taumeln
Nein, wirklich, es geht mir gut. Auch wenn ich am Telefon anders geklungen haben mag. Ich bin verwirrt. Durchdrungen von Verwirrung. Kann man jemanden lieben, dessen Seele so schwarz ist, dass der Schatten eines Raben daneben bleich aussieht – geht das? Oder besser gefragt, wie lange geht das? Wann wird mein reines und gutes Gefühl zu einem klirrenden Spiegel der Verachtung vereisen? Und wessen Seele wird daran zerbersten? Wenn wir einmal annehmen, dass Liebe ein gutes Gefühl ist, wie kann es dann sein, dass sie auf einen Menschen trifft, der für all das nur Hohn übrig hat? Das ist natürlich alles noch eine Nummer zu hoch für dich, mein Kleiner, aber ich fühle mich außerstande, dir hier banale Details des Lebens aufzuschreiben. Wie erstaunlich gut das Essen ist, welche Lehrer welchen Spleen haben und dass unsere Zimmer regelmäßig auf Drogen durchsucht werden. Oder dass ich gestern im Wald ein Rehkitz gesehen habe . . . All diese Dinge berühren mich gar nicht mehr, weil ich nur von einem besessen bin. Wünsch du mir Glück! Und ich wünsche dir, dass du niemals solche Entscheidungen treffen musst. Dein L.
9
»Als er endlich tot vor mir lag, tat es mir beinahe leid um dieses prächtige Tier, aber diese sinnlose Aufwallung christlicher Gefühle wich sofort dem Wissen um meine Macht.«
3 0. Oktober
W ir hatten uns darauf geeinigt, dass ich die Klauaktion an Halloween durchziehen sollte. Je näher der Tag kam, umso mulmiger wurde mir. Am Abend davor hielt ich es zu Hause einfach nicht aus und fuhr zu Valle.
Er öffnete mir in schwarzen Boxershorts die Tür, überrascht, die Haare noch ganz feucht und kringelig vom Duschen. Er sagte nichts, sondern ging einfach vor mir her in die Küche. Etwas verlegen folgte ich ihm.
»Schön, dass du gekommen bist, aber warum bist du hier?« Er drehte sich zu mir, und weil ich mich bereits hingesetzt hatte, hatte ich vollen Blick auf seinen Bauchnabel, der so merkwürdig zart mitten in seinen Bauchmuskeln lag, dass ich ihn gern küssen wollte. Keine Haare, registrierte ich, alles ganz glatt.
Er kam näher und mit jedem Schritt, den er näher kam, verlor alles andere an Bedeutung. Valle ging vor mir in die Hocke, sodass ich seinem Blick voll ausgeliefert war. Er schloss mich in seine Arme, zog mich zu sich hoch und hauchte in mein Ohr: »Ich glaube fast, du bist nervös. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn ich dich nicht in null Komma nichts auf andere Gedanken bringen könnte, wetten?«
Ich hatte das Gefühl, gleich in Ohnmacht zu fallen, versuchte aber, lässig zu bleiben und den Aufruhr in meinem Magen zu ignorieren. Er nahm meine Hand, zog mich zum Schlafzimmer und öffnete die Tür.
Mein Blick glitt über die dunkellila Wände, über dem Bett hing ein plakatgroßer schwarzer Wandbehang, auf dem ich ein gewaltiges Pentagramm erkennen konnte – das Baphomet, Symbol der Church of Satan, dieses Ding war auch vorne auf der satanischen Bibel. Aus der Mitte des Pentagramms starrte mir ein hässlicher Ziegenbockkopf entgegen.
Wie angewurzelt blieb ich stehen.
Valle schaute mich von der Seite an. »Gefällt’s dir?«
Ich war sprachlos und konnte nur nicken.
»Erinnerst du dich daran, was das zu bedeuten hat?«
»Ich bin gerade so durcheinander, dass ich nicht mal mehr sicher bin, wie man Antoinette schreibt«, versuchte ich einen Scherz.
»Also«, begann er, als wollte ich das wirklich wissen, und griff zu allem Überfluss auch noch nach einem Pulli, der auf dem Bett lag und den er sich nun überzog. »Dieses Fünfeck besteht aus drei Teilen, jedes
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