Hoellenflirt
aber kein Wahnsinniger!
»Valle ist nicht verrückt, nur weil er nicht an Gott glaubt.«
In genau diesem Augenblick taucht natürlich Schwallfi auf. »Wer glaubt nicht an Gott?«, mischt er sich ein.
Kati schenkt ihm einen spöttischen Blick. »Der Satanist, in den sich Toni . . .« Ich schaffe es gerade noch, sie durch einen bösen Blick zum Schweigen zu bringen.
Schwallfi schaut besorgt zwischen uns hin und her. »Wie kommt ihr denn auf Satanisten? Muss ich mir Sorgen machen?« Er mustert mich von oben bis unten.
Das fehlt mir jetzt gerade noch, Schwallfis Mitleid!
»Dann hat also selbst ein ach so toleranter Mensch wie du Vorurteile«, stelle ich provozierend fest.
»Wie meinst du das?«
»Na ja, du hast Satanisten mit Sorgen gleichgesetzt, oder?«
Schwallfi verdreht die Augen hinter seiner Brille. »Nun, Gutmenschen sind sie auch nicht gerade. Oder hast du schon einmal gehört: ›Diese Schule dort drüben hat ein Satanist gestiftet?‹ Oder: ›Wow, seit Madonna Satanistin ist, spendet sie alle Einnahmen ihrer Europatournee für arme Kinder in Afrika‹?«
»Ich hab auch noch nie gehört«, platze ich raus, »dass Anwälte ein Waisenhaus gekauft hätten oder freiwillig für Blinde arbeiten – oder hat man schon mal was von ›Anwälten ohne Grenzen‹ gehört?«
»Darum geht’s doch jetzt gar nicht. Ich glaube, du hast schon verstanden, was ich gemeint habe. Viele Satanisten sind übrigens Neonazis. Die glauben an diesen Mist vom Übermenschen.«
Und genau in diesem Moment wird mir klar, dass es keinen Sinn hat, mit jemandem reden zu wollen. Valle hat mich zwar in das mieseste Spiel aller Zeiten reingezogen – aber Valle mit einem Neonazi zu vergleichen? Was für ein Müll!
Kati greift demonstrativ zum Föhn, zwinkert mir zu und schaltet ihn ein. Schwallfi versteht das Signal und verschwindet. Kaum ist er draußen, schlägt sich Kati auf seine Seite.
»Ich finde, er hat ausnahmsweise mal recht«, sagt sie.
»Aber keiner von euch beiden hat sich mit Satanismus wirklich je beschäftigt, oder?«
»Stimmt. Aber klar ist doch, die beten den Leibhaftigen an, das Böse. Mir reicht das.«
Irgendwie habe ich mir unser Gespräch anders vorgestellt. Ich wollte, dass Kati mir hilft, Valle zu verstehen, nicht dass sie ihn verurteilt. Doch jetzt merke ich, dass sie gar nichts kapiert. Und obwohl ich so sauer auf Valle bin, habe ich das Gefühl, ihn jetzt verteidigen zu müssen. Aus dem einfachen Grund, weil ich mich in ihn verliebt habe.
»Wer entscheidet denn, was gut und was böse ist? Luzifer hat den Menschen das Licht gebracht, also die Erkenntnis. So etwas kann doch nur ein bescheuerter Gott böse finden, oder?« Meine Stimme klingt leider etwas unsicher.
Kati schaltet den Föhn ab. »Hey, die haben dir ja schon eine richtige Gehirnwäsche verpasst.« Sie nimmt mich an den Schultern und schaut mich an. »Toni, ich mach mir Sorgen um dich. Hör zu, wenn ich nach Hause komme, dann reden wir noch einmal ausführlich, okay?«
»Und, kenn ich dein Date?«, erwidere ich statt einer Antwort schnippisch. Jetzt erst fällt mir auf, dass Kati heute schwarze Röhrenjeans anhat und eins von meinen schwarzen zerfetzten T-Shirts. Zerfetztes Shirt?
Kati wird rot. »Ich glaub nicht...«
»Du würdest ganz gut zu den Satanisten passen. Die finden es völlig okay zu lügen.« Ganz sicher trifft sie sich mit Robert. Meine Schwester, mein Ex.
»Hey, Toni, es ist ja nicht so, wie du denkst. Wir reden die ganze Zeit nur über dich. Ich...ich versuche bloß, ihn ein bisschen zu trösten.«
Mir kommt es vor, als ob mich jemand mit voller Wucht in den Magen geboxt hätte.
»Ist ja eklig«, würge ich hervor.
»Die Frage ist doch, wer hier zu wem eklig war! Du warst ziemlich gemein zu Robert!«
»Und das ist Grund genug, sich von meiner Schwester trösten zu lassen?« Mir reicht es jetzt, ich spüre, wie mir die Tränen kommen, drehe mich um und gehe Türen schlagend in mein Zimmer.
Ich verstehe selbst nicht so genau, was mich daran stört, wenn sich Kati mit Robert trifft. Ich will wirklich nichts mehr von ihm, doch allein der Gedanke, die beiden wären zusammen und würden bei uns in der Küche sitzen wie ein Paar, und ich weiß, wie Roberts Küsse schmecken...Der Gedanke schüttelt mich. So etwas würde Valle nie tun.
Ich gehe noch mal kurz ins Wohnzimmer, um Gute Nacht zu sagen. Schwallfi mustert mich stumm, meine Mutter schickt noch ein ironisches »Schön, dass es dir wieder besser geht« hinterher und ich
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