Hoellenflirt
lächle ich ihr zu und dann bin ich auch schon oben.
Okay, ich kann das hier tun.
Ich bekomme das hin.
Gerade will ich die Hand heben, um zu klingeln, da wird die Tür schon geräuschlos von innen geöffnet. Giltine deutet mit der linken Hand eine einladende Geste an.
Sie haben mich erwartet.
Warum wundert mich das nicht?
Ich atme tief durch und gehe hinein. Als sie die Tür hinter mir schließt, habe ich plötzlich das sichere Gefühl, Kati nie mehr wiederzusehen. Sie hatte recht. Was für ein Irrsinn, sich freiwillig in die Höhle des Löwen zu begeben.
»Was zu trinken?«, fragt Giltine übergangslos.
»Gerne«, antworte ich automatisch und denke im nächsten Moment daran, dass sie etwas in mein Glas schütten könnte. »Leitungswasser wäre gut«, sage ich deshalb, weil ich hoffe, damit auf der sicheren Seite zu sein. Dann fällt mir ein, ir gendwo gelesen zu haben, dass K.-o.-Tropfen farb-und geruchlos sind. Ich werde einfach gar nichts trinken.
Es riecht nach Zimträucherstäbchen und aus dem Wohnzimmer am Ende des Ganges ertönt laute Musik. Ich erkenne den Song. »Bist du Fan von den Grunks?«
Sie schüttelt den Kopf. »Nein, ein Freund hat mir das gegeben, ich wollte nur mal reinhören.«
Ich kann es nicht fassen. Was wird das hier eigentlich? Small Talk unter guten Freunden?
Komm zur Sache, Toni!
Ich gehe ins Wohnzimmer und einen Moment später bringt Giltine mir ein Glas mit Wasser. Sie lächelt mich so strahlend an, dass ich völlig aus dem Konzept gerate. »Hast du vielleicht etwas für mich?« Ihre schnurrende Stimme lässt mich unsicher innehalten.
Ich schüttle den Kopf. Was soll ich denn für sie haben? Will sie etwa auf Valles Schlüssel hinaus?
Geräusche im Nebenzimmer.
»Auch gut«, sagt Giltine und ich weiß noch immer nicht, was sie meint. Sie wendet sich um. »Thor, schau mal, wer uns da die Ehre gibt«, ruft sie laut in den Flur.
Thor gesellt sich zu uns, offenbar war er im Nebenraum. Wohnt er mit Giltine zusammen hier? Er mustert mich mit seinem klebrigen Blick von oben bis unten.
»Sieh mal einer an«, sagt er und schaut fragend zu Giltine, die fast unmerklich mit ihrem Kopf wackelt.
Er streicht sich über die Glatze. »Eigentlich nett von dir, Toni«, sagt er leichthin. »Das erspart uns die Fahrt nach Bogenhausen.«
Mir wird eiskalt. Ich hatte recht. Sie haben mich in St. Angela beobachtet. Und sie wissen, dass ich Valle helfen will.
»Ich habe Beweise für das, was ihr getan habt«, sage ich schnell. »Und wenn ich mich in zehn Minuten nicht bei meiner Schwester melde, dann geht sie damit schnurstracks zur Polizei. Es sei denn, ihr sagt mir, wo Valle ist.«
Sie lacht.
Giltine bricht in ihr perlendes Kicherhexenlachen aus, dieses Hihihi, das mir schon in Valles Wohnung Angst eingejagt hat.
Sie lacht und lacht und kann sich gar nicht wieder einkriegen. Begleitet wird es von dem Ziegengemecker ihres Freundes und in diesem Moment wird mir klar, was für einen Riesenfehler ich gemacht habe.
»Dann rufen wir deine Schwester am besten mal an«, sagt Thor, als er sich endlich wieder gefasst hat. »Damit die Arme Bescheid weiß, was genau sie zu tun hat.«
Giltine hat sich vor die Tür gestellt. »Du hast doch sicher ein Handy dabei?« Ihre Stimme trieft vor Spott.
Blöd, blöder, am blödesten!
Ich versuche, zur Tür zu rennen, irgendwie muss ich mich an Giltine vorbeiquetschen, ich schaff das, doch Thor ist schneller als ich. Er packt mich, dreht mir die Arme auf den Rücken und hält mich fest. »Durchsuch sie!«, ruft er Giltine zu, die sich mit einem schlangenhaften Lächeln über mich beugt, dabei ganz zart meine Haare streichelt, was grauenhafter ist, als wenn sie mich geschlagen hätte. Dann greift sie in meine Jackentasche und leider ist dort mein Handy.
»Fessle sie an den Stuhl dort!«, befiehlt Giltine und Thor gehorcht nur zu gern. Jedes Bein wird mit Paketschnur an ein Stuhlbein gefesselt und meine Hände bindet er hinter der Stuhllehne zusammen. Der Stuhl ist ein alter Thonetstuhl, der ziemlich laut knarzt und wackelt.
Denk nach, Toni, hämmert es in meinem Hirn.
Was kannst du tun? Um Hilfe rufen? Nie im Leben wird Kati dich hören!
Zehn Minuten noch! Ich muss Zeit schinden, damit Kati die Polizei holt.
»Wo habt ihr Valle versteckt? Ist er hier in der Wohnung?«, platze ich heraus, weil mir nichts Besseres einfällt.
Giltine schaut nicht einmal auf, sondern studiert mein Handy. Sie klickt sich durch die Menüs.
»Die nehmen wir«, murmelt sie
Weitere Kostenlose Bücher