Hoellenflirt
lege all meinen Hass und meine ganze Verachtung in diese Worte und übe noch etwas mehr Druck auf das Messer aus.
»Und dreh dich ja nicht um! Auf deine Höllenfreundin brauchst du gar nicht erst zu warten, die hab ich schon erledigt. Also tust du jetzt besser, was ich dir sage.« Ich wundere mich selbst über meine Worte und hoffe inständig, dass er mir nicht anhören kann, wie groß meine Angst ist. Falls Thor Karate kann, bin ich mit einem Kick erledigt. Und nicht nur ich. Sondern auch Kati.
»Wird’s bald!«
Er lässt von Kati ab. Ich drücke die Spitze noch tiefer in seinen Rücken. »Jetzt schön die Fesseln durchschneiden. Und ich warne dich: keine Spielchen!«
Kati sitzt wie gelähmt auf dem Bett, rührt sich keinen Zentimeter, gibt keinen Laut von sich. Mich beschleicht der Verdacht, dass sie ihr Drogen gegeben haben, ihre Pupillen sind so unglaublich groß, hoffentlich kann sie mich hören und verstehen.
Aber erst einmal muss ich mich auf Thor konzentrieren, muss ihn unter Kontrolle halten.
Er hat die Fesseln mit einer Schere, die neben dem Rasierapparat lag, durchtrennt.
»Kati, nimm die Fesseln und binde Thor fest, los, mach schon!« Meine Stimme überschlägt sich vor lauter Panik.
Kati bewegt sich nicht. Oh verdammte Scheiße, was mach ich denn jetzt?
Thor merkt, dass etwas schiefläuft, und will sich umdrehen, in der gleichen Sekunde stoße ich das Messer tiefer in seinen Rücken, ich spüre, dass die Haut sich der Spitze widersetzt, und ich habe Hemmungen, diesen Widerstand zu durchbohren, aber dann denke ich an Valle und ramme das Messer tiefer.
Er schreit auf.
»Kati, kannst du mich hören?«
Ein starrer Blick aus großen Augen. Ansonsten keinerlei Reaktion.
»Kati!«
Thor fährt auf dem Absatz herum, schlägt mir das Messer aus der Hand.
Es fällt scheppernd zu Boden, ich kicke es unters Bett, dann ist es weg, er darf mich nicht in die Finger kriegen, er ist viel stärker als ich. Vor allem muss Kati hier raus, sonst schnappt er sie sich wieder und nimmt sie als Geisel.
»Kati lauf, lauf Kati, lauf, hau ab!«
Kati starrt.
Thor nähert sich mir, ich muss etwas tun, aber ich kann doch nicht weglaufen ohne meine Schwester.
»Kati, Kati!«, brülle ich jetzt, so laut ich kann, »Kati, hilf mir.«
Thor hat mich erwischt, ich trete um mich, aber er lacht nur. Ich erinnere mich an den Selbstverteidigungskurs in der Schule, dort haben sie gesagt, man soll dem Angreifer die Finger in die Augen drücken.
»Kati!«
Thor hat mich über seine Schulter geworfen, wie soll ich da an die Augen rankommen?
Ich versuche, mit meinen Schuhen in seinen Bauch zu treten, aber das hat keinen Effekt. Im Gegenteil, er tätschelt meinen Po, als wäre das lustig. Er geht zur Tür, wir kommen an einer Kommode vorbei, dort steht ein Silberpokal wie der auf dem Altar im Keller. Das ist meine letzte Chance!
Ich strample mit den Beinen, um ihn abzulenken, und grabsche mit der rechten Hand nach dem Pokal, erwische ihn, fasse nach und schlage ihm damit seitlich an den Kopf, von mir aus kann er dieses Mal wirklich sterben, Hauptsache, er lässt mich los.
Er taumelt, gibt ein paar unverständliche Laute von sich, dann lockert sich sein Griff und er fällt mit mir auf den Boden.
Ich rapple mich hoch, ein Stich fährt durch meine rechte Hand, ich habe mir den Arm geprellt, egal, ich renne zu Kati, ziehe sie vom Bett. Sie fällt mir schlaff wie eine lebensgroße Puppe entgegen.
»Kati, Kati«, flüstere ich in ihr Ohr, streiche ihr über die abrasierte Stelle am Kopf. Links haben sie die Haare nur abgeschnitten, aber noch nicht abrasiert. Sie sieht entsetzlich aus, sie braucht ein Kopftuch, so können wir nicht auf die Straße. Ich reiße die Kommodenschubladen auf, nur schwarze Unterwäsche, keine Tücher. Aber egal, damit können wir uns jetzt nicht aufhalten.
Ich beuge mich zu Thor hinunter und prüfe, ob er noch atmet. Noch einmal mach ich den Fehler nicht. Ja, ich kann seinen Atem an meiner Wange spüren, ein Schauder läuft durch meinen Körper, er ist also definitiv nicht tot.
Wenn wir in Sicherheit sind, werde ich den Notarzt rufen, aber erst dann.
Ich schnappe mir noch mein Handy, lege mir Katis Arm um meinen Hals und schleppe sie wie eine Betrunkene aus der Wohnung. Der Schmerz in meinem Arm raubt mir fast die Sinne, dabei fällt mir ein, dass ich immer noch keine Ahnung habe, wo Valle steckt. Wie soll ich jetzt jemals herausfinden, wo sie ihn hingebracht haben?
Der kalte Wind peitscht in mein
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