Hoellenfluestern
Rechten saß der Hauptmann. Auf der anderen Seite des Tisches saßen der dunkeläugige Priester und der finster dreinblickende Leutnant.
»Miss Blackthorne«, begann Salvatore. »Sie sind eine Waise und noch nicht volljährig. Gestatten Sie deshalb Großmeister Stewart, während der Befragung als Ihr Rechtsbeistand zu fungieren?«
Großmeister? »Ja.«
»Dann sollten wir mit den Formalitäten beginnen, die diese Vereinbarung verlangen.«
Riley rechnete mit einem langen, komplizierten Formular, doch stattdessen handelte es sich lediglich um eine getippte Seite, auf der erklärt wurde, dass Stewart zu dem Erwachsenen bestimmt wurde, der während dieser Befragung sowie bei allen weiteren Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl ihre Interessen wahren sollte.
Stewart und sie unterschrieben auf der gepunkteten Linie, dann unterzeichneten die anderen, die mit am Tisch saßen. Der Priester drückte einen Prägestempel unten auf das Blatt und heftete es in einem Aktenordner mit ihrem Namen ab.
Nach einer kurzen Pause schlug Vater Rosetti das Kreuzzeichen und intonierte ein Gebet. Riley tat es den anderen gleich und senkte den Kopf. Sie verstand nicht, was der Priester sagte, also betete sie mit ihren eigenen Worten, für den Fall, dass Gott zuhörte.
Du weißt, dass ich nicht böse bin. Ich habe einen dummen Fehler gemacht. Ein bisschen Hilfe wäre jetzt nicht schlecht. Das könnte ich gerade echt gut gebrauchen. Und bitte pass auch meinen Dad auf, ja? Er braucht deine Hilfe ebenfalls .
Kaum hatte er das Gebet beendet, durchbohrte Rosettis Blick sie. Seine Augen waren kobaltblau. »Erzählen Sie uns von dem gefallenen Engel, der sich Ori nennt.«
Das war die einzige Person, über die sie nicht reden wollte.
»Ich habe ihn auf dem Terminus-Markt kennengelernt.« Er hatte auf verwegene Art gut ausgesehen und war zugleich so freundlich und rücksichtsvoll gewesen, dass sie ihn unmöglich hatte ignorieren können. Ich hätte wissen müssen, dass mit ihm etwas nicht stimmt .
Riley holte tief Luft und fuhr fort. »Ori sagte, er sei freiberuflicher Dämonenjäger und dass er meinen Dad gekannt hat.« Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, begriff sie, dass sie einen großen Fehler gemacht hatte. Sie hätte Paul Blackthorne und den Engel nicht in einem Atemzug nennen dürfen.
»War Ihr Vater mit dem gefallenen Engel bekannt?«, fragte der Priester und zielte genau auf ihren Fehler ab.
Wenn sie zugab, dass Ori derjenige war, der ihres Vaters Seele für sich beanspruchte, würde die Befragung ganz schnell ganz unangenehm werden. Sie zuckte die Achseln. »Ori hat über viele Dinge gelogen.«
»Was hat dieser gefallene Engel Ihnen noch erzählt?«
»Dass er den Fünfer jagt, der meinen Dad getötet hat. Dass dieser Dämon abtrünnig geworden war und getötet werden musste.«
Amundson sagte etwas auf Italienisch zu Salvatore, aber der Anführer der Jäger schüttelte den Kopf.
Der Priester fuhr fort. »Warum hatte der gefallene Engel es speziell auf Sie abgesehen?«
Riley wollte nicht mit der Geschichte anfangen, dass die Hölle hinter ihr her war, weil sie eine Abmachung mit dem Himmel hatte. »Ich weiß es nicht. Ich bin nur eine Dämonenfängerin in Ausbildung.«
»Trotzdem behaupten Sie, ganz allein einen Gastro-Dämon gefangen zu haben.«
Rosettis Tadel traf eine wunde Stelle. »Ich behaupte gar nichts. Ich habe ihn gefangen. Ich … hatte einfach Glück«, sagte sie. »Ich hätte eigentlich als Abendessen für das Ding enden müssen.«
Noch mehr Unterhaltung auf Italienisch. Versteht Stewart irgendetwas davon? Höchstwahrscheinlich . Er bat die Männer nicht, für ihn zu übersetzen.
Mit zusammengezogenen Brauen wandte sich der Priester wieder an sie. »Wer hat den Geo-Dämon beim Haus Ihres Meisters vernichtet?«
»Der Engel.«
»Und warum haben Sie Hauptmann Salvatore angelogen und ihm erzählt, es sei Meister Harper gewesen?«, hakte er nach.
»Weil Ori mich gebeten hat, niemandem zu erzählen, dass er es gewesen war.«
»Wusste Meister Harper von dieser Vereinbarung?«
»Nein. Zu dem Zeitpunkt war er bewusstlos.«
»Warum haben Sie getan, was der gefallene Engel von Ihnen verlangte?«, fragte er.
»Ich wusste inzwischen, dass er ein Engel ist, also vertraute ich ihm.«
Rosetti wirkte bestürzt. »Sie wussten, dass er ein gefallener Engel war, und trotzdem haben Sie sich weiter auf ihn eingelassen?«
»Nein«, erwiderte Riley scharf. »Ich wusste nur, dass er ein Engel ist, aber nicht, dass er für
Weitere Kostenlose Bücher