Höllenflut
atmen,
lauschte auf leise Schritte, doch er hörte nur sein eigenes Herz
schlagen. Hoffnungslos war die Lage nicht, und auch seine
Angst hielt sich in Grenzen, aber ein bißchen Bammel hatte er
schon. Immerhin lauerten da draußen zwei Profikiller auf ihn.
Aber er war hier zu Hause, befand sich auf vertrautem Terrain
und kannte sich im Gegensatz zu den Killern bestens aus. Wenn
sie ihren Auftrag ausführen wollten, mußten sie ihn erst einmal
finden, und das bei Dunkelheit und inmitten von dreißig alten
Autos und Flugzeugen. Von einem Vorteil konnte da nicht mehr
die Rede sein. Zumal sie nicht wußten, daß er ebenfalls
bewaffnet war. Pitt mußte lediglich im Fond des Duesenberg
ausharren und abwarten, bis sie einen Fehler begingen.
Er fragte sich, wer die beiden sein mochten und wer sie
geschickt hatte. Der einzige, der ihm in den Sinn kam, war Qin
Shang, ein Mann, den er sich in den letzten paar Wochen in
mehrfacher Hinsicht zum Feind gemacht hatte. Offenbar wollte
sich der chinesische Milliardär jetzt an ihm rächen.
Er hielt die Flinte vor die Brust, spitzte die Ohren und
lauschte. Im Hangar war es so still wie in einer Gruft um
Mitternacht. Die Jungs waren gut. Nicht der leiseste Schritt,
keinerlei Scharren oder Tapsen. Vermutlich warteten sie
ebenfalls, lauschten ihrerseits auf jedes Geräusch. Vielleicht
sollte er etwas an die Wand werfen, sie zum Schießen verleiten -
doch er verwarf den alten Kinotrick. Profikiller waren zu
gewitzt. Die wußten, daß sie ihren Standort verrieten, wenn sie
wild in der Gegend herumschossen.
Eine Minute verging, eine weitere, dann eine dritte - aber es
kam ihm viel länger vor. Unendlich träge zog sich die Zeit
dahin. Dann sah er einen roten Laserstrahl, der über die
Windschutzscheibe des Duesenberg strich und weiterwanderte.
Höchstwahrscheinlich fragten sich die Angreifer mittlerweile,
ob er sich nicht wieder davongeschlichen hatte und ihnen
entkommen war. Pitt hatte keine Ahnung, wie lange es noch
dauern mochte, bis Admiral Sandecker und seine Mannen -
vermutlich ein Trupp Bundesmarshals - hier eintrafen. Aber
notfalls war Pitt auch bereit, die ganze Nacht lang zu warten, auf
jedes Geräusch zu lauschen und Ausschau nach verräterischen
Schatten zu halten.
Nach und nach legte er sich einen Plan zurecht.
Normalerweise waren sämtliche Batterien aus seinen Oldtimern
ausgebaut, weil er nicht wollte, daß es zu einem Kurzschluß
kam und ihm die ganze Hütte abbrannte. Aber da Pitt den
Duesenberg nach seiner Rückkehr vom Orion Lake hatte fahren
wollen, hatte er den Chefmechaniker des NUMA-Fuhrparks
beauftragt, eine Batterie aufzuladen und in den Wagen
einzubauen. Was wiederum hieß, daß er, wenn sich die
Gelegenheit bot, die Scheinwerfer einschalten und das
Obergeschoß anstrahlen konnte.
Ohne die feinen roten Laserstrahlen aus den Augen zu lassen,
die durch den Hangar wanderten wie die Suchscheinwerfer in
einem alten Gefängnisfilm, wälzte er sich leise über die
Rückenlehne und legte sich flach auf den Vordersitz, Der
nächste Schritt war nicht unriskant, aber er verließ sich auf sein
Glück und Einschätzungsvermögen. Er richtete den vor dem
Lenkrad an der Motorhaube angebrachten Suchscheinwerfer
nach oben, bis er ungefähr auf den Balkon vor seiner Wohnung
wies. Dann legte er mit der Schrotflinte über die Oberkante der
Windschutzscheibe an und schaltete das Licht ein.
Der helle Strahl erfaßte eine maskierte Gestalt in einem
schwarzen Ninja-Anzug, die auf dem Balkon kauerte und eine
Maschinenpistole im Anschlag hatte. Der Killer riß
unwillkürlich die Hand hoch ? als ihn der grelle Lichtstrahl traf.
Pitt gab zwei Schüsse ab, ohne sich Zeit zum Zielen zu nehmen,
und schaltete das Licht im nächsten Moment wieder aus. Die
beiden Schrotflintenschüsse hallten wie Kanonendonner von den
Blechwänden wider. Dann schlug irgendwo vor ihm etwas
Schweres auf dem Betonboden auf.
Pitt konnte sich eine gewisse Genugtuung nicht verkneifen.
Da der zweite Killer seiner Meinung nach damit rechnete, daß er
sich unter dem Auto versteckte, legte er sich flach auf das breite
Trittbrett und wartete darauf, daß er das Feuer eröffnete.
Doch nichts tat sich.
Der andere Killer konnte nicht eingreifen, weil er gerade
einen alten Pullmann-Wagen durchsuchte, der auf einem kurzen
Gleisstück auf der anderen Seite des Hangars stand. Dieser
Waggon stammte von einem der schnellsten D-Züge seiner Zeit,
dem Manhattan Limited, der von 1912 bis 1914
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