Höllenflut
schmale Nase sehen konnte.
Dann grinste er breit und winkte ausgelassen wie ein kleines
Kind.
Danach erlosch das Bild, und über den Schirm flackerten nur
mehr grauweiße Streifen. Gunn tippte hektisch auf den
Computer ein, gab dem AUV immer wieder den Befehl, zur Manne Denizen zurückzukehren, doch der Tauchroboter war
spurlos verschwunden.
24
Pitt wußte sofort, daß etwas faul war. Er witterte es förmlich,
sobald der NUMA-Fahrer, der ihn nach Hause brachte, den
Dienstwagen anhielt. Irgend etwas war hier nicht in Ordnung.
Auf der Fahrt von der Andrews Air Force Base, wo der
Frachtjet gelandet war, zu seiner Unterkunft in einem
abgelegenen Winkel des Washington National Airport, hatte er
an nichts Böses gedacht. Mittlerweile war es dunkel geworden,
aber er achtete weder auf das Lichtermeer noch auf die hell
angestrahlten Gebäude. Er versuchte sich zu entspannen und
seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, doch die Ereignisse am
Orion Lake ließen ihm keine Ruhe. Merkwürdig, dachte er, daß
die Presse bislang nicht darüber berichtet hat.
Von außen wirkte der einstige Flugzeughangar, der 1937
gebaut worden war, im gleichen Jahr, in dem die Pilotin Amelia
Earhart verschollen war, einsam und verlassen. Unkraut
wucherte entlang der rostigen Blechwände, deren Anstrich im
Lauf der Jahrzehnte verblichen und von Wind und Wetter
abgeschmirgelt worden war. Das heruntergekommene Gebäude
galt als Schandfleck und hätte vor einigen Jahren abgerissen
werden sollen, doch dann war Pitt darauf aufmerksam
geworden. Er hatte sofort erkannt, was sich aus dem alten
Hangar machen ließe, und in letzter Minute eingegriffen, den
Bürokraten der Flugaufsichtsbehörde ein Schnippchen
geschlagen und durchgesetzt, daß die verwitterte Halle unter
Denkmalschutz gestellt wurde. Nachdem er den Abriß
verhindert hatte, hatte er das Gebäude samt Grundstück gekauft,
von Grund auf renoviert und den Innenraum umgebaut, so daß
er dort wohnen und gleichzeitig seine Sammlung klassischer
Automobile darin unterstellen konnte.
Pitts Großvater hatte in Südkalifornien Bauland erschlossen
und damit ein kleines Vermögen erworben. Bei seinem Tod
hatte er seinem Enkel eine beachtliche Summe hinterlassen.
Nachdem die Erbschaftssteuer bezahlt war, hatte Pitt
beschlossen, das Geld lieber in alte Autos und Flugzeuge zu
investieren als in Aktien und Anlagen. Innerhalb von zwanzig
Jahren hatte er sich eine einzigartige Sammlung zugelegt, Pitt
hielt nicht viel von Flutlicht und gleißenden Strahlern. Seiner
Ansicht nach war es besser, wenn der Hangar leer und verlassen
wirkte. Lediglich der schummrige gelbe Schein einer an einem
Strommast angebrachten Laterne fiel auf den unbefestigten
Fahrweg, der vor dem Hangar endete. Pitt drehte sich um und
musterte den Mast durch das Wagenfenster. Normalerweise
hätte das rote Lämpchen der Überwachungskamera aufleuchten
müssen. Doch es war dunkel.
Ein eindeutiger Hinweis, daß hier etwas oberfaul war.
Pitts Alarmanlage war von einem Freund konstruiert und
eingebaut worden, der beim Nachrichtendienst arbeitete und ein
Meister seines Faches war. Den Code, mit dem die Anlage
gesichert war, konnten allenfalls ausgebuffte Profis knacken. Er
blickte in die Einöde hinaus, und dann entdeckte er etwa fünfzig
Meter entfernt die kaum erkennbaren Umrisse eines
Kleinbusses, die sich dunkel von den Lichtern auf der anderen
Seite des Potomac abzeichneten. Pitt war augenblicklich klar,
daß sich jemand Zugang zum Hangar verschafft hatte und ihm
einen heißen Empfang bereiten wollte, »Wie heißen Sie?« fragte
Pitt den Fahrer.
»Sam Greenberg.«
»Sam, haben Sie ein Satellitentelefon dabei?«
»Ja, Sir, hab' ich«, erwiderte Greenberg.
»Setzen Sie sich mit Admiral Sandecker in Verbindung und
sagen Sie ihm, daß ich ungebetene Gäste habe. Er soll so rasch
wie möglich seine Truppen vorbeischicken.«
Greenberg war jung, höchstens zwanzig, studierte an der
hiesigen Universität Ozeanographie und verdiente sich im
Rahmen eines von Sandecker ins Leben gerufenen
meereswissenschaftlichen Ausbildungsprogrammes in Diensten
der NUMA ein kleines Zubrot. » Soll ich nicht lieber die Polizei
rufen?«
Der Junge ist pfiffig, dachte Pitt. Er hat die Situation sofort
erfaßt. »Das ist nichts für die hiesige Polizei. Rufen Sie bitte
sofort an, sobald Sie ein Stück vom Hangar weg sind. Der
Admiral weiß, was er zu tun hat.«
»Wollen Sie da etwa allein reingehen?« fragte der Student,
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