Höllenflut
daß
sämtliche Transportwege von Ost nach West unterbrochen
wären. Elektrizitätswerke und Hochspannungsleitungen würden
unterspült und zerstört werden, so daß auf Tausenden von
Quadratkilometern die Stromversorgung zusammenbrechen
würde. Morgan City würde vom Erdboden verschwinden. Die
Pipelines, über die fast die ganze Ostküste mit Erdgas versorgt
wird, würde es fortreißen.
Und dann wären da noch die immensen Schäden für die
Industrie und Wirtschaft am alten Flußlauf«, fuhr er fort. »Baton
Rouge würde zur Geisterstadt. Jegliche Flußschiffahrt käme
zum Erliegen. Das Great American Ruhr Valley, das industrielle
Herz des amerikanischen Südens mit seinen zahllosen
Raffinerien, petrochemischen Betrieben und riesigen
Getreidesilos, wäre zum Untergang verurteilt, da vom Fluß
allenfalls ein verschmutztes Rinnsal übrigbliebe. Ohne
Süßwasserzufuhr, ohne starke Strömung würde das Bett rasch
versanden. New Orleans, das mit einemmal von allen
Handelsverbindungen abgeschnitten wäre, würde das gleiche
Schicksal erleiden wie Babylon, Angkor Wat oder der Pueblo
Bonito. Und ob es uns paßt oder nicht - sämtliche
Hochseeschiffe würden künftig Sungari anlaufen. Alles in allem
dürfte sich das leicht zu einem dreistelligen Milliardenbetrag
summieren.«
»Ich krieg' schon beim bloßen Gedanken daran
Kopfschmerzen«, murmelte Giordino.
»Apropos.« Montaigne wandte sich an Captain Lewis. »Sie
haben nicht zufällig eine Flasche Whiskey an Bord?«
»Tut mir leid, Sir«, erwiderte Lewis kopfschüttelnd. »Auf
einem Schiff der Küstenwache ist Alkohol nicht gestattet.«
»Fragen kann ja nichts schaden.«
»Wie würde der neue Flußlauf aussehen?« fragte Pitt den
General.
»Derzeit regeln wir den Wasserstand des Mississippi droben
an der Old River Control Structure, rund sechzig Kilometer
flußaufwärts von Baton Rouge. Wir sorgen dafür, daß etwa
dreißig Prozent des Wassers in den Atchafalaya abfließen und
siebzig Prozent durch das jetzige Mississippi-Bett. Wenn sich
die beiden vereinen und der Mississippi zudem auf einem viel
kürzeren Weg zum Golf fließt als jetzt, wo er einen
Riesenumweg über New Orleans macht, dann ergäbe das einen
gewaltigen Fluß mit einer extrem hohen
Strömungsgeschwindigkeit.«
»Besteht denn keine Möglichkeit, einen solchen Dammbruch
zu flicken?« fragte Stewart.
Montaigne dachte einen Moment nach. »Wenn wir darauf
vorbereitet wären, gäbe es schon Mittel und Wege. Aber je
länger es dauert, bis wir unser Gerät vor Ort haben, desto breiter
wird die Bruchstelle. Es sei denn, und das wäre unsere einzige
Rettung, der Hauptstrom hält sich zunächst an sein altes Bett,
bis der Damm so weit ausgespült ist, daß die ganzen
Wassermassen hindurchfließen.«
»Wie lange würde das Ihrer Meinung nach dauern?«
»Schwer zu sagen. Zwei Stunden möglicherweise, vielleicht
auch zwei Tage.«
»Könnte Qin Shang das beschleunigen, indem er
beispielsweise quer im Mississippi Lastkähne versenkt, um die
Strömung umzuleiten?« fragte Giordino.
Montaigne überlegte kurz. »Das müßte ein großer Schleppzug
sein, wenn er über die ganze Breite des Mississippi reichen soll.
Und selbst wenn es gelingen sollte, ihn quer zur Strömung zu
stellen und zu versenken - was nicht mal den besten
Schlepperkapitänen leichtfallen dürfte -, würde das Wasser in
der Fahrrinne noch gut zehn Meter hoch drüber hinwegspülen.
Lastkähne sind zu niedrig gebaut. Damit läßt sich der Strom
nicht umleiten.«
»Wäre es denn nicht möglich, jetzt schon Gegenmaßnahmen
einzuleiten?« fragte Captain Lewis. »Sie könnten doch ihre
Männer samt dem schweren Gerät vor Ort bringen, damit sie
sofort loslegen können, wenn Qin Shang den Damm zerstört.«
»Ja, möglich wäre das schon«, antwortet Montaigne. »Aber
das wird den Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Ich kann
den Befehl dazu nicht erteilen, solange wir auf reine
Mutmaßungen angewiesen sind. Möglicherweise haben wir Qin
Shangs Absichten ja durchschaut, aber solange ich keine
handfesten Beweise dafür habe, sind mir die Hände gebunden.«
»Ich glaube, meine Dame und meine Herren«, sagte Pitt, »daß
wir uns zu sehr damit befassen, wie sich der Schaden bekämpfen
läßt, wenn es zu spät ist.«
»Dirk hat recht«, versetzte Sandecker. »Wir sollten Qin
Shangs Plan lieber durchkreuzen, bevor er ihn in die Tat
umsetzen kann.«
»Ich kann mich ja mit dem zuständigen Sheriff in Verbindung
setzen«, erbot
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