Höllenflut
Einfluß, dessen sich unsere Regierung in Washington
erfreuen darf, ist zu einem großen Teil mir zu verdanken. Ich
habe die entsprechenden Türen geöffnet und für gewisse
Begünstigungen gesorgt, die der Volksrepublik zugute
kommen.«
»Niemand bestreitet, daß Sie Ihren Beitrag zum Wohle
unseres Volkes geleistet haben«, sagte Qian Miang freundlich.
»Aber es wurden Fehler begangen, verhängnisvolle Fehler, die
bereinigt werden müssen, ehe nicht wiedergutzumachender
Schaden entsteht. Sie müssen in aller Stille aus Amerika
verschwinden und dürfen nie wieder hierher zurückkehren. Die
Qin Shang Maritime Limited kann nach wie vor sämtliche
andere Häfen auf der Welt anlaufen. Für die Volksrepublik
China sind Sie in Hongkong noch immer von großer Bedeutung.
Sie werden das überstehen, Qin Shang, und Ihren kostbaren
Besitz weiter mehren.«
»Und Sungari?« fragte Qin Shang, während er sich mit den
Stäbchen ein Squab Soong nahm, obwohl ihm der Appetit
gründlich vergangen war. »Was wird aus Sungari?«
Qian Miang zuckte die Achseln. »Das schreiben Sie ab. Der
Großteil der Baukosten wurde ohnehin von amerikanischen
Investoren und zum Teil auch von unserer Regierung getragen.
Die Verluste, die Ihnen dabei vielleicht entstehen, Qin Shang,
werden Sie in sechs Monaten wieder wettgemacht haben. Ein
solcher Rückschlag dürfte Ihr Imperium wohl kaum gefährden.«
»Es schmerzt mich zutiefst, daß ich hier alles stehen- und
liegenlassen soll.«
»Wenn Sie es nicht tun, wird Sie die amerikanische Justiz
hinter Gitter stecken.«
Qin Shang starrte den Botschafter an. »Wenn ich mich
weigere, meine Verbindungen zum Weißen Haus und dem
Kongreß abzubrechen, das wollen Sie doch sagen, würde
Präsident Lin Loyang mich fallenlassen oder möglicherweise
sogar meine Hinrichtung befehlen?«
»Ohne mit der Wimper zu zucken, wenn es zum Besten
unseres Landes wäre.«
»Gibt es keinerlei Möglichkeit, Sungari zu retten?«
Qian Miang schüttelte den Kopf. »Ihr Plan, den Mississippi an
Ihrem neuen Hafen vorbei zum Golf von Mexiko zu leiten, war
genial, aber zu kompliziert. Sie hätten den Hafen lieber an der
Westküste bauen sollen.«
»Als ich Yin Tsang meinen Plan damals vorgetragen habe, hat
er ihn gebilligt«, wandte Qin Shang ein. »Wir waren uns einig,
daß unsere Regierung unbedingt einen eigenen Hafen benötigt,
der vom Atlantik aus zugänglich ist - sozusagen eine
Landungsbrücke, über die man illegale Einwanderer und Waren
ins amerikanische Binnenland und an die Ostküste einschleusen
kann.«
Qian Miang warf Qin Shang einen merkwürdigen Blick zu.
»Leider ist der Leiter der Kommission für innere
Angelegenheiten vorzeitig verstorben.«
»Ein schwerer Schlag«, sagte Qin Shang, ohne eine Miene zu
verziehen.
»Inzwischen hat man sich auf eine neue Zielsetzung geeinigt,
wonach künftig mehr Gewicht auf den Erwerb bereits
vorhandener Hafenanlagen an der Westküste gelegt werden soll.
Wie wir das zum Beispiel beim Kauf der US-amerikanischen
Marinestützpunkte in Seattle und San Diego getan haben.«
»Eine neue Zielsetzung?«
Qian Miang kostete zunächst von einem Eintopfgericht, Rind
mit Curry, ehe er antwortete. »Präsident Lin Loyang hat das
Projekt Pazifika abgesegnet«, antwortete er dann, »Projekt
Pazifika? Davon hat man mir nichts mitgeteilt.«
»Aufgrund Ihrer jüngsten Schwierigkeiten mit den
Amerikanern waren alle der Meinung, daß es besser sei, wenn
Sie nicht einbezogen würden.«
»Können Sie das näher begründen, oder sind die Führer
unseres Volkes etwa der Meinung, daß ich ihres Vertrauens
nicht mehr würdig bin?«
»Keineswegs«, erwiderte Qian Miang. »Sie sind nach wie vor
ein hochgeschätzter Mann. Beim Projekt Pazifika handelt es sich
um einen Langzeitplan mit dem Ziel, die Vereinigten Staaten
von Amerika in drei unabhängige Länder aufzuspalten.«
Qin Shang wirkte verdutzt. »Verzeihen Sie, aber meiner
Meinung nach ist das ferne Zukunftsmusik.«
»So fern auch wieder nicht, mein alter Freund. Wir erleben
Pazifika vielleicht nicht mehr, aber wenn in den nächsten
vierzig, fünfzig Jahren weiterhin Millionen unserer Landsleute
einwandern, so sagen angesehene Demographen schon heute
voraus, wird entlang der Pazifikküste, von Alaska bis San
Francisco, ein neuer Staat entstehen.«
»Die Vereinigten Staaten sind 1861 gegen die Konföderation
in den Krieg gezogen, um die Spaltung der Nation zu
verhindern. Um der Einheit ihres Landes willen wären sie dazu
jederzeit wieder bereit.«
»Nicht, wenn
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