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Höllenflut

Höllenflut

Titel: Höllenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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orangeroter Lichtstreifen am Himmel.
Abendstimmung auf dem chinesischen Meer, dachte Pitt.
Schöner als auf jeder Ansichtskarte.
    Zwei Tage später näherte sich die Oregon der Einfahrt zum
Hafen von Hongkong und lief bei Sonnenuntergang ein. Eine
erstaunlich kurze Zeit für die Überfahrt von Manila zur
chinesischen Küste. Unterwegs waren sie zweimal anderen
Frachtern begegnet, worauf Cabrillo sofort den Befehl gegeben
hatte, die Maschinen zu drosseln. Die Besatzung hatte wieder
die schmuddeligen Overalls übergezogen, war an Deck getreten
und hatte teilnahmslos zu dem anderen Schiff hinübergeblickt,
wie es unter Seeleuten üblich ist, wenn man sich auf hoher See
begegnet. Den Affen machen, nannte es Cabrillo. Auf
Passagierschiffen winkt man einander zu, aber bei der
Handelsmarine gönnt man sich allenfalls einen kurzen Blick,
einen Augenaufschlag, hebt einmal kurz die Hand, die ansonsten
reglos auf der Reling liegt, und verzieht sich dann wieder unter
Deck. Sobald das andere Schiff weit genug weg war, befahl
Cabrillo wieder volle Kraft voraus.
    Pitt und Giordino waren unterdessen durch das Schiff geführt
worden. Das Ruderhaus über den Heckaufbauten und die
unmittelbar darunterliegenden Offiziers- und
Mannschaftsquartiere, die allerdings nicht benutzt wurden,
waren in einem grauenhaften Zustand. Die Schlamperei hatte
indes Methode, wollte man dadurch doch die Hafenbeamten und
Lotsen, die gelegentlich an Bord kamen, in die Irre führen. Der
Maschinenraum jedoch wirkte alles andere als schrottreif. Das
ließ Max Hanley nicht zu. Wenn Zoll- oder Hafeninspektoren
die Maschinen in Augenschein nehmen wollten, ließ Hanley so
viel Öl und Schmutz am Boden und an den Schotten des
Zugangs verteilen, daß selbst der eifrigste Beamte nicht weiter
vordringen wollte. Keiner kam auf die Idee, daß der
Maschinenraum, der sich hinter der Luke am anderen Ende des
schmuddeligen Ganges befand, so tadellos gepflegt war wie der
Operationssaal eines Krankenhauses.
    Die eigentlichen Unterkünfte für die Offiziere und
Mannschaften waren unter den Frachträumen verborgen. Zudem
verfügte die Oregon über ein umfangreiches Waffenarsenal.
Genau wie einst die deutschen Blockadebrecher oder die
britischen Q-Schiffe im Ersten Weltkrieg, hinter deren
aufklappbaren Bordwänden schwere 15cm-Geschütze und
Torpedorohre verborgen waren, besaß auch die Oregon eine
Reihe gut getarnter Raketenwerfer, mit denen sie sich sowohl
gegen andere Schiffe als auch gegen Luftangriffe zur Wehr
setzen konnte. Das Schiff unterschied sich ganz erheblich von
allen anderen, die Pitt bisher betreten hatte. Es war ein
Meisterwerk, was Tarnung und Täuschung anging, und er
vermutete, daß es auf sämtlichen Weltmeeren kein zweites
seiner Art gab.
    Er speiste mit Giordino zeitig zu Abend, bevor sie sich zu
einer Besprechung mit Cabrillo ins Ruderhaus begaben. Er
lernte dabei Marie du Gard kennen, die belgische Köchin, deren
Referenzen so hervorragend waren, daß sie jeder Hotelier oder
Restaurantbesitzer auf Knien angefleht hätte, als chef de cuisine in seine Dienste zu treten. Sie war an Bord der Oregon gelandet,
weil Cabrillo ihr ein Angebot gemacht hatte, das sie nicht hatte
ausschlagen können. Ihr stattliches Gehalt war klug angelegt, so
daß sie nach zwei weiteren Einsätzen ihren Abschied nehmen
und ein eigenes Restaurant in Manhattan eröffnen wollte.
    Die Karte war hervorragend. Giordino, der eher schlichte
Speisen bevorzugte, wählte das boeuf à la mode, Rinderschmorbraten in Rotweinsauce mit glasiertem Gemüse,
Pitt entschied sich für ris de veau en beurre noir, Kalbsbries in
gebräunter Butter sowie mit Krabbenfleisch gefüllte Pilze und
eine gedünstete Artischocke mit einer Sauce hollandaise . Auf
Anraten der Köchin trank er dazu einen ausgezeichneten 1992er
Ferrari-Carano Siena aus dem Sonoma County. Pitt, der
durchaus etwas von guter Küche verstand, hatte noch nie ein
köstlicheres Mahl zu sich genommen, mit Sicherheit nicht auf
einem Schiff wie der Oregon.
    Nach einem Espresso stiegen Pitt und Giordino hinauf zum
Ruderhaus. Die Rohre und Eisenbeschläge waren mit Rost
überzogen. Von den Schotten und den Rahmen der Bullaugen
blätterte die Farbe ab. Der Boden lag voller Schmutz und
Zigarettenkippen. Nur wenige Geräte entsprachen dem neuesten
Stand der Technik. Lediglich die Messingteile an dem
altmodischen Kompaßgehäuse und am Maschinentelegraphen
glänzten im Schein der uralten, nach wie vor

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