Höllenherz / Roman
hatte.
»Hallo, kleines Entchen.«
Talia fuhr zusammen und erstarrte.
Belenos!
Ihr Herz sackte ein ganzes Stück tiefer, und eiskalte Furcht umfing sie, bis sie in ihr ertrank.
Baines hat mir mein Messer und meine Waffe abgenommen.
Er lachte leise. »Du musst lernen achtzugeben. Lässt einfach die Tür offen! Ich dachte, eine Schlächterin wie du wäre klüger. Andererseits warst du ja noch nie sonderlich weise.«
Talia zwang sich dazu, sich umzudrehen, sehr langsam, als wäre sie in einem Alptraum und im Begriff, einem Monster ins Gesicht zu blicken. Nun, so war es ja auch.
»Wo ist Baines?«, fragte sie, überrascht, wie fest ihre Stimme klang. Sie hörte allerdings, wie die USB -Sticks in der Schachtel klapperten, weil ihre Hand vor Angst zitterte. Rasch stellte sie den kleinen Pappkarton ab. Es war wenig ratsam, ihn merken zu lassen, dass sie jeden Moment ohnmächtig würde.
»Wo ist Baines?«, äffte Belenos sie nach. »Wo ist mein Geld?«
Obwohl sie es am liebsten vermieden hätte, schaute sie ihn an. Seit über einem Jahr hatte sie ihn nicht mehr gesehen, und die Zeit hatte einige seiner Verletzungen kaschiert. Sein fuchsrotes Haar war wieder auf Schulterlänge gewachsen, so dass es die Stellen abdeckte, an denen ihm der Skalp weggerissen worden war. Das Gesicht war nach wie vor vernarbt, die schwieligen Wundränder aber von Rot zu Rosa verblasst. Seine Wunden verheilten, wenn auch langsam. Was immer Omara mit ihm gemacht hatte, musste sie dem Kapitel »Besondere Spezialitäten« des Folterhandbuchs entnommen haben.
Zu schade, dass sie die Arbeit nicht zu Ende gebracht hat!
»Dein Geld habe ich ausgegeben«, gab sie ungerührt zurück. »Alles für hübsche Kleider.«
Er musterte sie hämisch von oben bis unten. »Ja, das glaube ich dir.«
Sie schluckte, verärgert und froh zugleich, weil er ihr die blöde Antwort abnahm. Sie wollte sein Geld aus purem Trotz. Er schuldete es ihr.
»Wo ist der Detective?«, wiederholte sie.
»Was schert dich ein Mensch?«
»Er macht nur seinen Job.« Sie hielt sich an Perrys Stuhllehne fest, um nicht umzukippen. Halb rechnete sie damit, dass er sie zu Asche verbrennen würde oder ein Schwert zog und ihr den Kopf abschlug. Diese zivilisierte Konversation war doch bloß ein quälendes Vorspiel.
Belenos blickte gen Decke, als würde er sich langweilen. »Vorerst ist dein Detective im Korridor. Er gab einen hübschen Imbiss ab. Ach, nun zieh nicht solch ein Gesicht! In wenigen Stunden ist er wieder auf den Beinen, wird sich indessen an nichts erinnern.« Ihr Meister kniff sein eines schwarzes Auge zusammen. »Du verteidigst ihn, wohingegen er dich gewiss beschuldigen wird, denn für ihn wirst du der einzige Blutsauger sein, dem er heute begegnet ist.«
»Und wenn schon!« Solange Baines nicht ihretwegen starb, war es ihr egal. »Was willst du hier?«
»Ein kleines Vögelchen zwitscherte mir zu, dass du kommst, um die Sachen des armen Professors zu durchwühlen. Ein Jammer, was ihm zugestoßen ist! Andererseits hätte er seine Nase nicht in Dinge stecken dürfen, die ihn nichts angehen.«
Talia schluckte. Woher wusste Belenos davon? Wer verriet sie?
»Ja, kleine Ente. Es war, als hätte ich dir beim Sturz von einer Klippe zugesehen. Ein Teil von mir wollte dir eine Warnung zurufen, der Rest Blut und Knochen auf den Felsen unten zerschellen sehen. Rate mal, welcher Teil stärker war?«
Er griff in die Luft, worauf ihr der Brustkorb zusammengequetscht wurde und es sich anfühlte, als legte sich eine Schraubzwinge um ihren Kopf. Talia sank auf die Knie, zu schwach, um sich aufrecht zu halten.
Hilfe!,
rief sie im Geiste. Kein Laut schaffte es über ihre Lippen.
»Du hast vergessen, dass ich dich schuf.« Belenos schloss seine Faust, so dass der Schmerz einen grausamen Höhepunkt erreichte. »Ich kann dir dieses Leben ebenso leicht wieder nehmen. Schön – endlich siehst du mich mit dem gebührenden Respekt an!«
Sie sah eigentlich gar nichts an. Farben strömten auf sie zu wie schlechte Spezialeffekte eines 3-D-Films, und schwarze Punkte explodierten vor ihren Augen. Ein Mensch wäre jetzt tot gewesen.
Und dann ließ der Druck auf einmal nach. Talia sackte in sich zusammen. Vorsichtig atmete sie ein wenig Luft ein, um ihre Lunge zu prüfen. Alles funktionierte noch.
Ich bringe ihn um. Mir ist gleich, wie lächerlich das klingt oder wie viel Angst ich habe – ich bringe ihn um!
Belenos zog sie mit seiner intakten Hand nach oben.
Als sie wieder halbwegs sehen
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