Höllenherz / Roman
Natur aus geschickt darin, Dinge anzufertigen oder zu reparieren. Holz ein Gerüst hinaufzuhieven, fiel ihnen leicht, und Maschinen jeder Art verrieten ihnen rasch ihre Geheimnisse. Das Lurcher-Rudel betrieb ein Unternehmen, in dem sie alles von Möbelstücken bis hin zu Autoteilen reparierten. Solange die Menschen verschwenderisch blieben, konnten kluge Hunde gutes Geld verdienen.
»Mit Müllsammeln?« Mavritte verlagerte ihr Gewicht von einer Hüfte auf die andere. »Was für eine Zukunft soll das sein?«
»Wir kommen aus der Hölle. Jetzt leben wir an einem Ort, wo wir Arbeit und ein Auskommen finden. Wir können unsere Jungen auf gute Schulen schicken, damit sie einmal noch besser leben als wir.«
Sie lachte kehlig. »Du bist ein Idealist! Das hätte ich nicht für möglich gehalten, bedenkt man, wie wir aufgewachsen sind.«
»Ich halte es für wichtig. Und es stimmt, was ich sage. Wir führen heute ein besseres Leben, als wir es uns jemals erträumt haben.«
Beide schwiegen, während der Schnee auf sie herabrieselte und sich sternenähnliche Flocken in Mavrittes Haar verfingen.
Sie schüttelte sie weg. »Die Menschen lassen uns nicht weiterkommen, wenn wir sie nicht zwingen. Wir sind wie die Insekten, die sich in ihren Schränken verstecken und von den Krümeln ihrer Nahrung leben. Eines Tages sind sie unser überdrüssig und rufen den Kammerjäger.«
Leiser Zweifel nagte an Lor. »Nicht alle von ihnen sind so. Viele nehmen uns freundlich auf. Weißt du nicht mehr, wie wir in Fairview ankamen? Einige von ihnen schickten Essen und Decken.«
Ihre Stimme wurde ein wenig weicher. »Ein paar mitfühlende Menschen gibt es immer. Ich finde, wir müssen von den vielen anderen respektiert werden.«
»Mir ist nicht klar, wie ein Rudel von Dieben Respekt gewinnen soll.«
»Sicher nicht, doch es ist Zeit, dass wir uns zusammenschließen. Wir brauchen mehr Macht.«
»Und wozu?«
Sie machte sich gerade, als hätten sie endlich den Punkt erreicht, auf den sie hinauswollte. »Um reich zu werden. Um im Übernatürlichenrat mehr zu sagen zu haben. Und um gegebenenfalls Angst einzuflößen. Du erinnerst dich gewiss noch, wie die Warlords in der Burg arbeiteten, immerhin hast du es am eigenen Leib erfahren, genau wie ich.«
»Ja, und deshalb will ich nie wieder an solch einem Ort leben«, konterte Lor. »Warum sollen wir exakt das wiedererschaffen, wovor wir geflohen sind?«
Sie hob beide Hände, als wollte sie ihm bedeuten, dass er nicht richtig begriff. »Weil das Rudel scheitert, wenn wir uns nicht selbst schützen.«
»Wir sind die Friedenssicherer, die Fairview bewachen. Wir sind diejenigen, die Knochen brechen und Köpfe einschlagen. Wie können wir ungeschützt sein?«
Mavritte pikte ihm einen Finger in die Brust. »Du musst dir eine Gefährtin auswählen. Nimm mich! Binde unsere Rudel für alle Zeiten aneinander!«
Für einen kurzen Moment stand Lor der Mund offen.
Propheten, rettet mich!
Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust. »Gefalle ich dir nicht?«
Das hat sie auch im Traum gesagt.
»Du bist wunderschön und leidenschaftlich. Stark. Kraftvoll. Klug.« Höllenhunde konnten nicht lügen, und all diese Eigenschaften besaß sie.
»Aber?«
Er zögerte.
Aber ich traue dir nicht genug, um dir die Hälfte meiner Macht abzutreten.
Sie packte seinen Kopf mit beiden Händen. Lors erster Impuls war, sie zu Boden zu werfen, aber da presste sie auch schon ihre Lippen auf seine. Sie waren erstaunlich weich, sinnlich und heiß. Ihre Zunge tänzelte neckend und verführerisch über seinen Mund. Kaum gab er dem sanften Druck nach, presste sie sich mit ihrem ganzen Leib an ihn. Die Wölbungen ihrer beider Waffen an Schultern und Hüften erforderten, dass sie sich leicht seitlich zueinander verschoben, aber das geschah wie von selbst. Sie passten gut zusammen. Mavritte war ein warmer, weiblicher Höllenhund von gut einem Meter achtzig – somit alles, was er sich seiner genetischen Codierung nach hätte ersehnen sollen. Sie würde ihm einen Wurf nach dem anderen schenken und ihre Jungen bis zum letzten Atemzug beschützen.
Lor zog sie fest an sich, genoss den honigsüßen Moschusduft der Hündin. Mavritte war ihm schon immer aufgefallen, und jetzt befriedigte er seine männliche Neugier, ließ seine Hände über ihre straffen Rückenmuskeln wandern. Er hatte mit vielen Frauen aus dem Rudel geschlafen. Manche würden sogar behaupten, bei diesen Verabredungen mit dem Ziel, eine Partnerin zu finden, ginge es
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