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Höllenherz / Roman

Höllenherz / Roman

Titel: Höllenherz / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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dass Lor sie um einiges überragte. Er verneigte sich tief, wie es sich für einen so viel jüngeren Hund geziemte.
    »Madhyor«,
gab sie in der Hundesprache zurück. »Setz dich ans Feuer, ich bringe dir Tee.«
    Bei dem besagten Feuer handelte es sich um einen Radiator, was Lor natürlich nicht erwähnte. Er zog sich einen Stuhl an den winzigen Küchentisch. Die Familie hatte die Wände leuchtend gelb gestrichen und himmelblaue sowie rote Akzente gesetzt. Geometrische Formen verliefen entlang der Deckenränder. Es war dasselbe Muster, das die Frauen auf ihre Rocksäume stickten, und es stand für die ewige Wiederkehr der Seelen zum Rudel, Leben für Leben.
    Großmutter Mina brachte ihm einen Teebecher mit dem CSUP -Logo darauf. Wie so viele in Spookytown hörte auch sie den Sender immerzu. Als Nächstes stellte sie einen Teller mit Fleisch und Brot auf den Tisch. Der Duft erinnerte Lor daran, dass er heute noch nichts Richtiges gegessen hatte, und Erfrischungen abzulehnen stellte ohnehin einen Affront dar.
    »Bevan möchte wissen, wie er das mit den Steuern für das Lagerhaus halten soll«, begann Mina. »Er bat mich, dich zu fragen, wenn du herkommst.«
    »Er hat meine Telefonnummer und kann mich jederzeit anrufen.« Lor drehte den Becher in seinen Händen, um sie am Steingut zu wärmen.
    »Ja, und er weiß, dass es seine Mutter glücklich macht, wenn du bei uns vorbeikommst. Für jede Familie ist ein Besuch des Alphas eine Ehre.« Mina tätschelte seine Hand. »Osan Riva will sich von keinem anderen ihre Spüle reparieren lassen. Sie sagt, du bist der Einzige, der den Abfluss wieder richtig hinkriegt.«
    »Das Wasser läuft immer nach unten, egal wer den Abfluss richtet.«
    »Und Livrok will deinen Rat wegen seines Schlagballteams.«
    »Baseball.« Er legte sich ein großes Stück Hähnchenbrust auf eine dicke Brotscheibe und biss hinein.
    »Das ergibt überhaupt keinen Sinn, denn die werfen doch nicht mit den Platten.«
    »Tja, ich habe mir den Namen nicht ausgedacht, Großmutter«, entgegnete er, bevor er seinen zweiten Bissen nahm.
    »Wieso nicht? Das wäre ja wohl dein gutes Recht gewesen. Ach ja, und denk dran, dass meine Schwester immer noch nicht weiß, was mit ihrem Enkel werden soll! Er ist alt genug, um richtig zu arbeiten, und das heißt, er braucht eine Stelle.«
    Was der Hauptgrund war, weshalb Lor etwas weiter weg wohnte. Da sich das Rudel mit allem an ihn wandte – besonders seit sie in der Menschenwelt lebten –, brauchte er dringend sein kleines Refugium.
Und vielleicht ist es auch eine Rebellion, bedenkt man, dass es neuerdings noch eine Vampirin mitbewohnte.
    »Ist Helver zu Hause?«, fragte er. »Ich möchte unser Gespräch von letzter Nacht fortsetzen.«
    »Ich weiß. Ich habe ihn losgeschickt, damit er den Nachmittag mit Erich und Breckan verbringt.« Die beiden waren seine jüngeren Cousins.
    Lor stellte seinen Becher auf den Tisch. Er war verärgert, weil sie sich einmischte, durfte sich jedoch nicht respektlos zeigen. »Warum, Osan Mina? Er hat den Vampiren Geld gestohlen, das ich ihnen zurückgeben muss, und ich muss sie um Entschuldigung bitten. Er hat Schande über das Rudel gebracht.«
    »Ich möchte allein mit dir reden. Später kannst du meinen Enkel bestrafen.« Sie schürzte die Lippen, als sie sich ihm gegenüber hinsetzte. Ihr Haar war längst ergraut, doch ihre Züge wirkten nach wie vor schmal und glatt und ihre Augen klar. Im Gegensatz zu anderen Halbdämonen waren Höllenhunde sterblich. Sie liebten, arbeiteten und gebaren Junge. Großmutter Mina trug das Zeugnis hiervon wie von vielem anderen in den Furchen ihres Gesichts.
    Die Höllenhunde waren die einzige Art gewesen, die sich in der Burg fortpflanzte, alterte und starb. Die seltsame Magie des Ortes hatte auf sie nicht dieselbe Wirkung ausgeübt wie auf die anderen. Gewissermaßen als Arbeiterbienen in der nichtmenschlichen Welt waren sie stets von allen gefordert worden, jedoch nie in den Genuss des Luxus gekommen, der sich den anderen bot.
    In dieser Welt, in der harte Arbeit und Einfallsreichtum sogar dem einfachsten Mann zu Macht verhelfen konnten, sollte sich das ändern. Eine Chance war alles, was sie brauchten, und Lor hatte bereits große Fortschritte erzielt. Einen ersten Sieg verbuchte er, als er einen Platz am Tisch der Übernatürlichen-Anführer ergatterte. Nun war er ihnen ebenbürtig. Und dennoch fühlte er sich immer noch wie ein kleiner Junge, wenn Großmutter Mina ihn so ansah wie jetzt.
    Sein Handy

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