Höllenherz / Roman
zusammengerauft.
Irgendwie. Für die Redbones beschränkte sich das Zusammenraufen anscheinend auf eine gemeinsame Postleitzahl.
Lor bellte die Welpen aus dem Weg und nahm wieder menschliche Gestalt an. Dann lief er die Heron Street hinunter, um nachzusehen, welche Katastrophe die Redbones diesmal ausbrüteten. Er hätte wetten können, dass sie auch maßgeblich an Helvers plötzlichem Interesse für Kleinkriminalität beteiligt waren.
Er blies sich in die Hände und stapfte auf die Gruppe zu. Sobald sie ihn bemerkten, verstummten alle, und auf den autofreien Straßen trat eine unheimliche Stille ein. Einzig das Knatschen seiner Stiefel im frischen Schnee war zu hören. Lor zählte fünf Hunde, einschließlich des Redbones-Leittiers – jenem Weibchen aus seinem Alptraum.
Als er näher kam, legte sie eine Hand an ihre Brust und verneigte sich. Auf ihr Signal hin taten es ihr die vier Männchen gleich. Lor ließ sich nicht von der Begrüßung täuschen. Mavritte war ein Alpha, der sich nur vor Lor verbeugte, weil so wenige von den Redbones überlebt hatten. Als Anführerin eines arg dezimierten Rudels befand sie sich in einer seltsamen Position. Eigentlich konnte sie sich mit ihrer Gruppe einem anderen Rudel nur anschließen, indem sie dessen Alpha zum Partner nahm oder ihn im Kampf besiegte – und zwar im tödlichen Sinne. Also blieb ihr gegenwärtig nichts anderes übrig, als das zu tun, was sie tat: den Waffenstillstand mit den Lurchers aufrechtzuerhalten und Lor als ihren König zu behandeln. Wäre die Situation andersherum gewesen, hätte sie von Lor erwartet, dass er sich verneigte.
Höchst unwahrscheinlich.
Sie war eine Hündin durch und durch, schön, keine Frage, doch auf eine Weise, die einem eine Gänsehaut bescherte. Wie alle Höllenhunde war auch sie groß mit kräftigen Knochen und straffen Muskeln. Sie hatte dichtes, schulterlanges schwarzes Haar, das ihrem Gesicht einen zotteligen Rahmen verlieh und ihre riesigen dunklen Augen betonte. Trotz der Kälte trug sie mehr Waffen als Kleidung, und die wiederum bestand zu einem großen Teil aus Ringen, Ketten und Reißverschlüssen.
Er hatte gehört, dass ein Warlord in der Burg Mavritte als Sklavin missbraucht hatte und sie seine körperlichen Bedürfnisse befriedigen musste. Am Ende hatte sie ihm die Kehle aufgeschlitzt. Danach hatte sie ihren Rudelführer vertrieben und dessen Position übernommen. Nun sah sie Lor mit dunklen ernsten Augen an, dass ihn für einen flüchtigen Moment der Wunsch überkam, sich zu ducken.
»Sei gegrüßt,
Madhyor
«, sprach sie ihn mit seinem formellen Titel an.
Diesen benutzte sie nur, wenn sie etwas wollte.
»Ich grüße dich, Mavritte.« Er erwiderte die Verbeugung, um ihr Respekt zu zollen.
Lor blickte kurz zu den anderen – ausschließlich Mavrittes Lieblinge und wahrscheinlich auch ihre Bettgespielen. Sämtlichst schwer bewaffnet. Und jeder blockierte eine Abzweigung der Kreuzung. Lor knöpfte seine Jacke auf, falls er Bewegungsfreiheit brauchte.
»Ich bin froh, dich zu treffen. Es gäbe ein paar Angelegenheiten des Redbone-Rudels zu besprechen.«
Lor wollte erwidern, dass die Redbones bereits drei Viertel seiner Zeit in Anspruch nahmen, aber das verkniff er sich. »Könnte man dieses Gespräch nicht in geheizten Räumen führen?«
Sie neigte den Kopf ein bisschen seitlich, was ihre auffälligen Gesichtszüge besonders zur Geltung brachte. »Hier ist es besser, wo niemand mithört.«
Lor schaute zu den vier anderen.
»Die sind niemand«, tat sie seinen stummen Einwand mit einer Handbewegung ab. Sie trug fingerlose Handschuhe, um besser mit Waffen hantieren zu können. »Ich will nur mit dir reden.«
»Wie schön für mich!«
Mavritte beäugte ihn streng.
Wenn sie ihm schon ein Gespräch aufdrängte, wollte er die Gelegenheit nutzen. »Ich höre alle Mitglieder deines Rudels immer wieder gern an, aber gerade jetzt muss ich einen Welpen disziplinieren, der gegen Rudelgesetz verstoßen hat. Ich nehme an, du hast schon davon gehört.«
»Helver?«
»Ja.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ja, davon habe ich gehört. Wir alle brauchen Geld. Kannst du ihm verübeln, dass er seine natürlichen Gaben nutzt, um an welches zu gelangen? Die Blutsauger besitzen sowieso mehr Vermögen, als sie brauchen. So wie die tönen, könnte man meinen, sie wären vor ihrer Wandlung alle Kaiser und Könige gewesen.«
»Diebstahl ist etwas für Faulpelze. Man kann sich seinen Unterhalt verdienen.«
Höllenhunde waren von
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