Höllenhund
gab mir immer die größte Mühe, mich dabei anständig zu benehmen. Die Versuchung zu stehlen war beinahe unwiderstehlich, aber ich widerstand ihr trotzdem. Ich wurde einigermaßen gut gefüttert, und der schreckliche Kampf mit Victoria war bald vergessen. Miss Birdle stellte mich all ihren Freunden und Freundinnen vor (sie schien alle und jeden zu kennen), und man machte großes Aufhebens um mich. Am Nachmittag pflegte ich dann hinter dem Haus auf den Feldern herumzutoben, die dort lebenden Tiere aufzuscheuchen, die Süße der knospenden Blumen einzuatmen und an der zunehmenden Wärme, die die Sonne ausstrahlte, meine Freude zu haben. Farben umgaben mich, neue Gerüche reizten meine Sinne: Das Leben wurde wieder gut, ich wurde gesünder. Zwei Wochen des Glücks, und dann schaffte es dieses Rattenbiest von einer Katze, wieder alles zunichte zu machen.
Es war ein sonniger Nachmittag, und Miss Birdle war im vorderen Teil ihres Gartens mit ihren Blumenbeeten beschäftigt. Die Haustür stand offen, und ich ging durch sie ein und aus, genoss den Luxus, ein Zuhause zu haben, wo ich ganz nach Belieben kommen und gehen konnte. Als ich das das dritte oder vierte Mal tat, wanderte Victoria nach mir in das Haus, und ich hätte ahnen müssen, dass etwas geschehen würde, als sie ein Gespräch mit mir begann. Aber da ich ein Narr bin und immer darauf aus, neue Freunde zu gewinnen, legte ich meinen Argwohn bereitwillig beiseite und beantwortete ihre Fragen, ließ mich auf den Teppich nieder, ganz darauf eingestellt, einen kleinen Plausch zu führen. Wie ich schon sagte: Katzen neigen wie Ratten nicht sehr zur Gesprächigkeit, und es freute mich, dass Victoria sich meinetwegen die Mühe machte. Ich nahm an, sie hätte mich jetzt als Dauergast akzeptiert und versuchte das Beste daraus zu machen. Sie fragte mich, wo ich herkäme, ob ich andere Katzen kannte, ob ich gern Fisch hatte — alle möglichen belanglosen Fragen. Aber die ganze Zeit huschten ihre gelben Augen im Zimmer herum, als suchte sie etwas. Als sie dann schließlich den großen Schrank mit all dem feinen Geschirr erfasste, lächelte sie bei sich. Dann kamen die Beleidigungen: Was ein so räudiges Geschöpf wie ich eigentlich hier verloren hätte? Ob alle Hunde so dumm wie ich wären? Warum ich so röche? Kleine Dinge von der Art. Ich blinzelte, über diesen plötzlichen Wechsel in ihrem Verhalten verblüfft. Hatte ich sie irgendwie beleidigt?
Sie kam ganz dicht an mich heran, so dass wir beinahe Nase an Nase waren, und starrte mir eindringlich in die Augen. »Du bist ein schmutziger, triefnäsiger, von Flöhen zerbissener Köter. Du bist ein Dieb und ein Schuft!« Victoria sah mich befriedigt an. »Deine Mutter war ein Schakal und hat sich mit einer Hyäne gepaart. Du bist vulgär, und du bist widerwärtig!«
Nun kann man einem Hund eine ganze Menge Beleidigungen an den Kopf werfen und damit durchkommen, aber eine lassen wir uns nicht gefallen, ein Wort gibt es, das uns wirklich beleidigt. Stimmt — schmutzig! (Wir sind das natürlich oft, aber wir mögen es nicht, wenn man uns das sagt.) Ich knurrte sie an, sie solle still sein.
Das nahm sie natürlich nicht zur Kenntnis, sondern schimpfte weiter, überschüttete mich mit Beleidigungen, die es gar nicht wert sind, dass man sie hier wiederholt. Aber einige davon waren für jemanden mit einem so beschränkten Wortschatz einigermaßen genial. Trotzdem hätte ich wahrscheinlich all diese Beleidigungen ertragen, wenn sie mir nicht am Ende ins Gesicht gespuckt hätte. Ich ging auf sie los, und genau das hatte sie die ganze Zeit gewollt.
Sie sprang spuckend und heulend auf den Schrank. Ich versuchte ihr zu folgen, schrie, so laut ich konnte, und erfand dabei meinerseits ein paar nette Beleidigungen. Victoria zog sich auf den Schrank zurück, während ich vergebens versuchte, sie zu erreichen. Und während sie den Körper nach hinten bewegte, kamen die Zierteller, die auf dem ersten Regal aufgereiht waren, klirrend herunter.
Ein Schatten fiel durch die Tür, aber der Blödmann (ganz richtig) bellte weiter die Katze an. Miss Birdles Anwesenheit wurde mir erst in dem Augenblick bewusst, als der Rechen auf meinen Rücken herunterkrachte. Ich raste auf die Haustür zu, aber die alte Dame hatte offenbar Flügel, denn sie erreichte sie vor mir. Sie knallte die Tür zu, drehte sich zu mir herum, den Rechen wie eine Lanze in den knorrigen alten Händen und seine eisernen Zähne fast an meiner Nase. Ich blickte zu ihrem
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