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Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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»Mir gefällt es hier. Warum solltest du das für dich alleine haben?«
    »Weil ich zuerst hier war«, sagte Victoria unfreundlich. »Du hast hier kein Recht.«
    »Schau, es ist doch genug für uns beide da«, sagte ich, bemüht, nicht unvernünftig zu sein. »Wir könnten Freunde sein.« Bei dem Gedanken, mit diesem armseligen Wesen befreundet zu sein, lief es mir eisig über den Rücken, aber ich war bereit, mich bei ihr einzuschmeicheln, falls damit meine Chancen auf ein nettes, sicheres Zuhause zu steigern waren. »Ich würde dir auch nicht im Wege sein«, sagte ich mit einschmeichelnder Stimme. »Du könntest als erste essen und den größeren Teil bekommen.« (Bis ich besser mit der alten Dame bekannt war, dachte ich.) »Du kannst die beste Schlafstelle haben.« (Bis ich mich bei Miss Birdle eingeschmeichelt habe.) »Und du kannst Chef im Hause sein, mir macht das nichts aus.« (Bis ich dich eines Tages einmal allein erwische und dir zeige, wer wirklich der Chef ist.) »So, was meinst du jetzt?«
    »Verdufte!« sagte die Katze.
    Ich gab auf. Sie würde sich eben damit abfinden müssen.
    Eine Stunde später kehrte Miss Birdle zurück, und als sie mich da sitzen sah, schüttelte sie den Kopf. Ich setzte mein einschmeichelndstes Lächeln auf.
    »Du bist wirklich ein böser Junge«, schalt sie, aber ihre Stimme klang nicht zornig.
    Sie ließ mich in das Haus, und ich machte ein großes Theater daraus, ihr die Füße zu lecken. Es schmeckte scheußlich, aber wenn ich mich einmal ranschmeißen will, gibt es für mich keine Grenzen. Es tat mir leid, dass ich nicht die Würde Rumbos besaß, aber Unsicherheit kann einen recht demütig machen.
    Nun, die Nacht durfte ich bleiben. Und die darauffolgende auch. Aber die dritte Nacht - da fingen meine Probleme wieder von vorne an.
    Um halb zehn Uhr abends pflegte Miss Birdle mich hinauszuschicken, und ich verrichtete dann pflichtgemäß meine Notdurft; ich wusste, dass man das von mir erwartete, und hatte keineswegs die Absicht, das Haus zu beschmutzen. Kurz darauf pflegte sie mich wieder hereinzulassen und in ein kleines Zimmer hinten im Haus zu locken, wo sie allen möglichen Kram aufbewahrte. Das meiste davon war nicht kaubar — alte Bilderrahmen, ein Klavier, ein alter, nicht angeschlossener Gaskocher, solches Zeug. Es war gerade genug Platz vorhanden, dass ich mich unter dem Klavier einrollen konnte, und hier verbrachte ich die Nacht, ganz behaglich, wenn auch zuerst etwas verängstigt. (In jener ersten Nacht weinte ich, aber in der zweiten war alles in Ordnung.) Miss Birdle schloss die Tür hinter sich ab, um mich und Victoria, die in der Küche schlief, auseinanderzuhalten. Die Katze und ich waren immer noch nicht Freunde geworden, und das war der alten Dame wohl bewußt.
    In jener dritten Nacht versäumte sie es, die Tür ordentlich abzuschließen; der Riegel schnappte nicht ein, und so blieb die Tür zwei Zentimeter weit offenstehen. Wahrscheinlich hätte es mir nichts ausgemacht, aber als ich in der Nacht jemanden herumkriechen hörte, weckte das meine Neugierde. Ich habe einen leichten Schlaf, und das leise Klatschen von Füßen reichte schon aus, um mich zu beunruhigen. Also kroch ich zur Tür und schob sie mit der Nase auf; das Geräusch kam aus der Küche. Ich nahm an, dass es Victoria war, die dort herumschnüffelte, und wäre zu meiner Schlafstelle zurückgekehrt, wenn diese zwei Unruhestifter, der Hunger und der Durst, nicht in dem Augenblick meinen gierigen Magen attackiert hätten. Vielleicht würde ein Abstecher in die Küche von Vorteil sein, dachte ich.
    Ich kroch verstohlen aus der Kammer und schlich mich durch den schmalen Flur in die Küche. Miss Birdle ließ im Flur immer eine kleine Lampe brennen (vermutlich weil sie alleine lebte und ein wenig nervös war), und so bereitete es mir keine Schwierigkeiten, die Küchentür zu finden. Sie stand ebenfalls offen.
    Ich schob meine Nase vor und spähte in die Dunkelheit. Zwei schrägliegende grüne Augen erschreckten mich.
    »Bist du das, Victoria?« fragte ich.
    »Wer wohl sonst?« zischte die Antwort.
    Ich schob mich weiter hinein. »Was machst du da?«
    »Das geht dich nichts an. Geh in dein Zimmer zurück.«
    Aber ich sah, was sie tat. Sie hatte eine kleine Feldmaus zwischen den Pfoten. Die Krallen hatte sie eingezogen, also spielte sie mit dem unglücklichen Geschöpf offenbar ihr Spiel. Der rotbraune Rücken der Maus war in lähmender Furcht gekrümmt, und ihre winzigen schwarzen Augen leuchteten

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