Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Höllenhund

Höllenhund

Titel: Höllenhund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
Vom Netzwerk:
wie in Trance. Sie musste auf der Suche nach Nahrung in das Haus geraten sein. Dass es keine Hausmäuse gab (was ohne Zweifel Victorias Wachsamkeit zuzuschreiben war), hatte sie wohl ermutigt, und sie musste zu dumm (oder zu hungrig) gewesen sein, um diese Anwesenheit der Katze wahrzunehmen. Jetzt freilich war diese Antwort nicht mehr weg zu diskutieren, und die Maus zahlte den Preis, den die Natur unbarmherzig für Sorglosigkeit forderte.
    Die Maus war zu verängstigt, um etwas zu sagen, also ergriff ich an ihrer Stelle das Wort.
    »Was wirst du mit ihr machen?«
    »Geht dich nichts an«, kam kurzangebunden die Antwort.
    Ich trat weiter in die Küche hinein und wiederholte meine Frage. Diesmal kam nur ein zischendes Knurren als Erwiderung.
    Es liegt nicht in der Natur eines Tieres, viel Sympathie für seine Mitgeschöpfe zu haben, aber die Not dieses kleinen hilflosen Dinges sprach die andere Seite meines Wesens an: die menschliche Seite.
    »Lass sie laufen, Victoria«, sagte ich leise.
    »Na klar, nur dass ich ihr zuerst den Kopf abreißen werde«, sagte sie.
    Und genau das versuchte sie zu tun, in diesem Augenblick, schon um mich herauszufordern.
    Ich bewegte mich blitzschnell und hatte Victorias Kopf zwischen meinen Kinnladen, ehe sie die leiseste Chance hatte, mir auszuweichen. Wir drehten uns in der Küche, der Mäusekopf im Mund der Katze und der Katzenkopf in meinem.
    Victoria war gezwungen, die erschreckte Feldmaus fallenzulassen, ehe sie wirklichen Schaden angerichtet hatte, und ich sah befriedigt, wie das kleine Geschöpf in eine dunkle Ecke davon huschte und dort ohne Zweifel ein dunkles Loch fand, in dem sie sich verkroch. Victoria quiekte, zog den Kopf zwischen meinen Kinnladen hervor und kratzte mich dabei an der Brust. Ich jaulte über den stechenden Schmerz und stürzte mich wieder auf sie — jetzt sehr, sehr zornig.
    Wir rannten in der Küche herum, warfen dabei Stühle um, stießen gegen Schränke, schrien einander an, ganz im Bann animalischer Wut und überhaupt nicht mehr auf den Lärm achtend, den wir erzeugten, oder den Schaden, den wir anrichteten. Einmal klappten meine Zähne über Victorias peitschendem Schwanz zu. Die Katze kam ruckartig zum Stillstand, und ein überraschter Schrei entrang sich ihr. Sie wirbelte herum und zog ihre scharfen Klauen über meine Nase, und ich musste loslassen. Aber ihr Schwanz war jetzt an der Spitze haarlos. Ich sprang wieder vor, und sie sprang am Ausguss in die Höhe und warf dabei den Stapel Geschirr um, den Miss Birdle zum Trocknen aufgestellt hatte. Er krachte herunter und zerschellte auf dem steinernen Boden in Hunderte von Splittern. Ich versuchte, selbst auf das Abflussbrett zu springen und hätte es beinahe geschafft, aber der Anblick Victorias, die mit dem Kopf voraus durch eine Scheibe in dem geschlossenen Fenster hechtete, verblüffte mich so sehr, dass ich meine Konzentration verlor und wieder auf den Boden zurückglitt. Ich hatte noch nie eine Katze — oder sonst ein Tier — das tun sehen!
    Ich lag immer noch halb auf dem Boden, verdutzt und ein wenig entzückt, glaube ich, als die weißgewandete Gestalt unter der Küchentür erschien. Ich erstarrte einen Augenblick lang, als ich die Erscheinung sah, und begriff, dass es nur Miss Birdle war. Dann erstarrte ich erneut. Ihre Augen schienen in der Dunkelheit zu glühen. Das weiße Haar hing ihr zerzaust bis auf die Schultern herab, und das weite Nachthemd, das sie trug, knisterte vor statischer Elektrizität. Ihr ganzer Körper zitterte in aufwallender Wut. Der Mund stand ihr offen, aber sie war nicht fähig, zusammenhängende Wörter zu bilden; sie konnte nur ein seltsam gurgelndes Geräusch hervorbringen. Aber immerhin schaffte sie es, mit zitternder Hand zum Lichtschalter zu greifen und ihn anzuknipsen. In der hellen Beleuchtung fühlte ich mich plötzlich inmitten all des zerschmetterten Geschirrs sehr nackt.
    Ich schluckte und begann mich zu entschuldigen, wollte der Katze die ganze Schuld geben, aber das Kreischen, das sich der alten Dame entrang, machte mir klar, dass in diesem Augenblick jedes Wort zu viel war. Ich huschte unter den Küchentisch.
    Unglücklicherweise bot der mir nur wenig Schutz, denn einer dieser mit Pantoffeln bekleideten Füße fand mit untrüglicher Akkuratesse meine Rippen. Er fand meine Rippen noch ein paarmal, bis ich auf die Idee kam, mich zu entfernen. Ich schoss hinaus, strebte auf die offene Tür zu, hatte vor dieser lieben alten Dame eine Heidenangst. Dann

Weitere Kostenlose Bücher