Höllenhund
Intensität meinen Augen beinahe weh, und das dauernde Plappern und Schnattern so vieler Lebewesen drohte meinen Schädel zum Platzen zu bringen. Aber es war belebend und aufmunternd und tat mir gut.
Ich verbrachte den ganzen Tag mit der Erforschung dieser für mich neuen Welt und hatte großes Vergnügen daran, sah die Dinge durch neue Augen und mit einer ganz anderen geistigen Einstellung, denn ich war jetzt Teil jener Welt, nicht nur ein menschlicher Beobachter. Ich gewann hier und da ein paar neue Freunde, wenn mich auch im allgemeinen dieses geschäftige Völkchen von Tieren, Insekten, Vögeln und Reptilien ignorierte. Ihr Verhalten mir gegenüber war völlig unvorhersehbar, denn ich führte ein sehr angenehmes kurzes Gespräch mit einer giftigen Otter, wohingegen ein nett aussehendes Eichhörnchen, auf das ich zufällig stieß, äußerst unfreundlich war. Sein Aussehen stand in keiner Beziehung zu seinem Wesen. (Mein Gespräch mit der Otter war eigenartig, denn Schlangen haben natürlich nur ein inneres Ohr, das Schwingungen durch den Schädel aufnimmt. Es ließ mich aufs neue erkennen, dass wir über die Gedanken miteinander kommunizierten.) Ich entdeckte, dass Schlangen eine Gattung sind, der man viel Unrecht antut, denn diese hier war ein durch und durch freundliches Wesen, so wie es die meisten anderen Angehörigen dieser Gattung auch waren, denen ich seitdem begegnet bin.
Ich vergaß sogar meinen Bauch und gestattete mir, meine Umgebung zu genießen, hinterlassene Spuren oder markierte Grenzen auszuschnüffeln, die verschiedene Tiere hinterlassen hatten. Von Zeit zu Zeit markierte ich meine eigene Spur, eher ein Zeichen >Dusel war hier< als ein Mittel, um meinen Weg wiederzufinden. Es würde für mich kein Zurück in diesen Wald geben.
Am Nachmittag döste ich in der Sonne, und als ich erwachte, schlenderte ich zu einem Bach hinunter, um zu trinken. Ein Frosch saß da und verzehrte einen langen rosafarbenen Wurm, schabte beim Schlucken die Erde von dem glänzenden Körper. Er hielt einen Augenblick inne und betrachtete mich neugierig, während der arme Wurm sich verzweifelt abmühte, sich aus dem Maul des Frosches zu befreien. Der Frosch blinzelte zweimal und aß dann weiter, und der Wurm verschwand dann wie eine lebende Nudel. Der Schwanz (Kopf?) des Wurmes ringelte sich noch einmal, ehe er das Land der Lebenden verließ, und war dann verschwunden; die Augen des Frosches traten noch deutlicher hervor, als er konvulsivisch schluckte.
»Ein schöner Tag«, sagte ich liebenswürdig.
Er blinzelte noch einmal und sagte dann: »Ja, ganz nett.«
Ich fragte mich kurz, wie er schmecken würde, entschied dann aber, dass er nicht besonders appetitlich aussah. Von irgendwoher erinnerte ich mich daran, dass seine Beine vielleicht ganz gut sein könnten.
»Ich hab dich hier noch nie gesehen«, bemerkte er.
»Ich bin nur auf der Durchreise«, erwiderte ich.
»Auf der Durchreise? Was bedeutet das?«
»Nun... ich bin auf einer Reise.«
»Einer Reise wohin?«
»In eine Ortschaft.«
»Was ist eine Ortschaft?«
»Eine Ortschaft — wo Leute leben.«
»Leute?«
»Große Dinger auf zwei Beinen.« Er zuckte die Achseln. »Nie gesehen.« »Kommen hier nie Leute durch?«
»Nie gesehen«, wiederholte er. »Ortschaft hab ich auch nie eine gesehen. Hier gibt's keine Ortschaften.« »Es gibt eine, die ist gar nicht weit weg.« »So was kann's nicht geben. Nie eine gesehen.« »Nein, nicht hier im Wald, sondern weiter weg.« »Einen anderen Ort gibt's nicht.«
»Natürlich gibt es den. Die Welt ist viel größer als nur dieser Wald hier!« »Was ist Wald?«
»Das was uns hier umgibt«, sagte ich und deutete mit der Nase. »Hinter diesen Bäumen dort.«
»Hinter diesen Bäumen ist nichts. Ich kenne nur die.« »Bist du nie aus dieser Lichtung herausgekommen?« »Wozu?
»Um zu sehen, was es sonst noch gibt.« »Ich kenne alles, was es gibt.« »Kennst du nicht. Es gibt noch mehr.« »Du täuschst dich.«
»Mich hast du noch nie gesehen, oder?« »Nein.«
»Nun, ich komme von jenseits dieser Bäume.« Das verwirrte ihn eine Minute lang. »Warum?« sagte er schließlich. »Warum bist du von jenseits dieser Bäume hierhergekommen?«
»Weil ich auf der Durchreise bin. Ich bin auf einer Reise.« »Einer Reise wohin?« »Einer Ortschaft.« »Was ist eine Ortschaft?«
»Wo Leute... ach, vergiss es!«
Und das tat er sofort. Den Frosch interessierte es wirklich nicht sehr.
Ich trottete etwas verstimmt davon. »Du wirst
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