Höllenhund

Konzept der Hölle, oder war es nur mein Verstand, der ihre Gedanken übersetzte?) »... und dann werden wir nur ganz wenig Zeit haben, gerade genug, dass jeder sich eine Henne schnappen und davonrennen kann.«
    Ich bin überzeugt, dass ihre Augen dabei in der Dunkelheit geblitzt haben mussten, aber ich war zu aufgeregt — oder zu dumm —, um es zu bemerken.
    »Also«, fuhr die Füchsin fort, »wenn wir wegrennen, müssen wir in unterschiedliche Richtungen laufen. Das wird den großen Hund verwirren und das große Ding, dem er gehört. Das zweibeinige Ding...«
    »Mensch«, sagte ich.
    »Was?«
    »Mensch. So nennt man sie.«
    »Wie Dusel?«
    »Nein, das ist er: ein Mensch.«
    Die Füchsin zuckte die Achseln. »Na schön. Mensch hat einen langen Stock, der schreit. Er tötet auch — ich hab gesehen, wie er tötet —, du musst also vorsichtig sein. Am besten rennst du hier durch den Hof zurück, weil es da eine Menge Deckung gibt, und ich renne auf der anderen Seite über die Felder hinten, weil ich wahrscheinlich schneller bin. Okay?«
    »Einverstanden«, nickte ich. Wahrscheinlich drehte Rumbo sich im Augenblick in seinem Grab um.
    Wir schlichen weiter, leise und atemlos, und hatten bald den Hühnerstall und den Zaun aus Flechtdraht erreicht. Es war kein besonders großer Pferch — der Bauer hielt sich die Hühner wahrscheinlich nur nebenbei und bezog seinen
    Verdienst von seinen Kühen —, aber er mochte wohl dreißig bis fünfzig Hühner beherbergen. Wir hörten gelegentlich Flattern aus dem Pferch, aber unsere Anwesenheit hatten sie offenbar noch nicht wahrgenommen.
    Die Füchsin schlich sich an den Drahtzaun heran und versuchte den Draht mit den Zähnen zu fassen. Sie schaffte es auch und zog ihn mit ganzer Kraft nach oben. Der Draht riss von dem Holzgestell ab, aber meine Begleiterin konnte ihn nicht festhalten, und so fiel er wieder herunter, blieb aber lose. Es hatte ein fetzendes Geräusch gegeben, als das Drahtgitter sich löste, und dieses Geräusch hatte die Hühner im Stall aufgeschreckt. Wir konnten hören, wie sie sich drinnen bewegten. Bald würden sie anfangen, Lärm zu machen.
    Die Füchsin versuchte es ein zweites Mal, und diesmal hatte sie Erfolg. Das Drahtgitter sprang in die Höhe und rutschte nicht mehr ganz herunter, als sie es losließ.
    »Schnell!« flüsterte sie und schoss durch die Öffnung. Ich versuchte ihr zu folgen, aber mein Körper war größer als der der Füchsin, und der Draht schnitt mir in den Rücken, hielt mich auf halbem Wege fest. Unterdessen war die Füchsin über ein kleines Brett nach oben hinaufgerannt, hatte mit der Nase die kleine Tür hochgeschoben und war blitzschnell im Inneren des Verschlags verschwunden. Das Geschrei und der Lärm, der sich jetzt erhob, lähmten mich. Das plötzliche tiefe Bellen, das von irgendwo in der Nähe des Hauses kam, machte mich wieder beweglich. Ich versuchte mich zu befreien, wusste, dass der Bauer und sein schreiender Stock< bald hier auftauchen würden.
    Plötzlich flog die kleine Klappe des Hühnerverschlags auf, und heraus strömte die Hühnerschar, Federn und Hühner flogen wie zerfetzte Kissen durch die Luft.
    Ich weiß nicht, ob dir das bekannt ist, aber Hühner haben, so wie das auch bei vielen anderen Tiergruppen der Fall ist, ihre eigene Hierarchie. Man nennt das die >Hackordnung<, und das Huhn, mit dem größten und schärfsten Schnabel ist
    Chef, und der zweitschärfste Schnabel ist unter dem ersten, aber Chef all der anderen, und so weiter, bis ganz hinunter. Aber jetzt sah es so aus, als ob alle gleich wären.
    Wie die Verrückten rannten sie alle herum, und der einzige Wettbewerb bestand darin, wer am höchsten fliegen konnte.
    Die Füchsin kam heraus, und ein Huhn, ebenso groß wie sie selbst, flatterte hilflos zischen ihren Zähnen. Sie rannte auf die Lücke zu, wo ich kauerte, ohne hinein oder heraus zu können.
    »Beweg dich!« befahl sie halblaut.
    »Ich stecke fest!« rief ich zurück.
    »Der Hund kommt. Beeil dich!« sagte sie und lief verzweifelt am Pferch entlang vor und zurück. Aber der Hund musste an der Kette gelegen haben, denn obwohl wir ihn bellen hören konnten, war er immer noch nicht zu sehen. Dann hörten wir das Brüllen des Bauern, als hinten am Haus ein Fenster aufgerissen wurde.
    Das setzte mich in Bewegung. Mit einem schrecklichen Ruck nach hinten löste ich mich von dem Draht und riss mir dabei scheußlich den Rücken auf. Die Füchsin mit dem Huhn schoss blitzartig hinaus.
    »Lauf du in