Höllenjagd
setzten sich ins Wohnzimmer, wo Alice auf einem alten Klavier ein paar Melodien spielte.
»Sagen Sie, Mrs. Jordan«, fragte Alice, als sie ein Notenblatt wechselte, »wo wohnen Sie eigentlich?«
»Eine nette Dame, Miss Billy Maguire, hat mich als Serviererin in ihrer Damenpension angestellt.«
Pardee und seine Frau tauschten einen bekümmerten Blick. Alice schluckte schwer. »Big Billy ist die Wirtin vom Freudenhaus Silver Belle«, sagte sie. »Wussten Sie das nicht?«
Margaret versuchte verlegen dreinzuschauen. »Ich hatte keine Ahnung.«
Alice glaubte Margaret, Pardee nicht. Er hielt es für unmöglich, dass eine Frau den Unterschied zwischen einer Pension und einem Freudenhaus nicht mitbekam. Damit war sein Misstrauen geweckt, doch seine Frau war voller Mitgefühl.
»Sie armes Ding!«, sagte sie und legte den Arm um Margaret. »Sie bleiben keine Minute länger im Silver Belle. Sie werden hier bei Henry und mir wohnen, bis Sie Ihren Mann gefunden haben.«
»Aber vielleicht ist er gar nicht in Telluride«, sagte Margaret, als wäre sie den Tränen nahe. »Dann müsste ich weiterziehen, und ich möchte Ihnen keine Umstände machen.«
»Unsinn«, sagte Alice. »Sie gehen jetzt zu Big Billy und holen Ihre Sachen. Ich richte Ihnen das Gästebett her.«
Margaret spielte ihre Rolle und vergoss ein paar Tränen. »Wie soll ich Ihnen dafür danken? Wie soll ich das jemals wiedergutmachen?«
»Zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf. Henry und ich sind froh, wenn wir einer armen Seele in Not helfen können.«
Während sie an ihrem Tee nippte, lenkte Margaret das Gespräch auf Pardees Tätigkeit als Sheriff. »Das muss ein aufregendes Leben sein«, sagte sie. »Telluride scheint eine recht zügellose Stadt zu sein. Sie haben bestimmt alle Hände voll zu tun.«
»Die Bergarbeiter können manchmal ganz schön gewalttätig werden«, bestätigte Pardee, »doch ein ernsthaftes Verbrechen wie Mord kommt vielleicht einmal im halben Jahr vor. Seit dem Gewerkschaftsstreik der Bergarbeiter vor zwei Jahren, als der Gouverneur die Armee kommen ließ, um die Unruhen niederzuschlagen, ist es recht friedlich.«
Auf Pardees Fragen bezüglich ihres verschwundenen Mannes antwortete Margaret ziemlich einsilbig. Sie dagegen erkundigte sich umfassend über die Stadt und die Minen. »Es muss eine Menge Geld durch die Banken zu den Bergbaugesellschaften fließen«, sagte sie beiläufig.
Pardee nickte. »Die Lohnzahlungen sind manchmal beachtlich.«
»Und Sie haben keine Angst vor Räubern und Dieben?«, fragte sie unschuldig.
»Die Bergarbeiter sind ein anständiger Haufen und neigen nur selten zu kriminellen Handlungen. Bis auf gelegentliche Schlägereien in den Saloons und einen seltenen Mord, wenn ein Streit eskaliert, ist die Stadt ziemlich ruhig.«
»Als ich in der Bank war, sah ich den Tresor, der auf mich ziemlich stabil und sicher wirkte.«
»Das stimmt, das ist er auch«, sagte Pardee und zündete seine Pfeife an. »Selbst fünf Dynamitstangen könnten ihn nicht sprengen.«
»Und der Bankdirektor ist der Einzige, der die Kombination kennt?«
Pardee fand, dass das eine merkwürdige Frage für eine Frau war, doch er antwortete, ohne zu zögern. »Die Verriegelung ist so eingestellt, dass sie um zehn Uhr morgens aufgeht. Um drei Uhr nachmittags schließt der Direktor die Tür und schaltet die Zeitschaltuhr wieder ein.«
»Jemand im Silver Belle hat mir erzählt, dass Butch Cassidy hier eine Bank ausgeraubt hat.«
Pardee lachte. »Das war vor langer Zeit. Seitdem hat es keinen Bankraub mehr gegeben.«
Margaret hatte Sorge, zu weit zu gehen, doch sie brauchte bestimmte Informationen, wenn ihr Bruder einen erfolgreichen Banküberfall durchführen wollte. »Werden die Löhne der Arbeiter direkt zu den Bergbaugesellschaften gebracht, wenn sie ankommen?«
Pardee schüttelte den Kopf und erzählte das, was er bereits Bell berichtet hatte. »Das Geld ist heute angekommen und direkt zur Bank gebracht worden. Morgen wird es gezählt, und am Tag darauf geht es zu den Minen.«
»Gibt es Extrawachen in der Bank, um das Geld zu schützen?«
»Das ist nicht nötig«, sagte Pardee. »Wenn jemand versuchen würde, die Bank auszurauben, käme er nicht sehr weit. Da die Telegrafenleitungen an der Bahnlinie entlangführen, würden überall in der Region die Gesetzeshüter alarmiert und Suchtrupps zusammengestellt, um den Bankräubern den Weg abzuschneiden.«
»So ein Verbrechen kann also unmöglich gelingen.«
»Das könnte man so
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