Höllenjob für einen Dämon (German Edition)
Andererseits hatte der Papst schon einmal bewiesen, wie listig er war.
***
Fasziniert verfolgte Lina die heftige Diskussion. Metatron in ihrem Innern schwieg. Sie konnte allerdings seine Besorgnis spüren. Wenn es Shatan nicht gelang, die Antwort zu erhalten, die sie dringend benötigten, würde ihr der Weg in die Unterwelt versperrt bleiben.
Was könnten wir ihm geben?
Er ist alt. Er hat viel gesehen. Es gibt nur Weniges, was er nicht weiß.
Linas Handflächen wurden feucht. Es gab etwas, dass die monströse Wolke vor ihnen nicht wissen konnte. Allerdings hatte sie keine Ahnung, ob sie damit mehr Schaden anrichtete als nützte. Um sicherzugehen, zupfte sie an Shatans Ärmel.
„Ja?‟
Sie drückte ihre Lippen an sein Ohr, so dass ihr warmer Atem über seine Haut strich. Sie fühlte, wie er erstarrte, weigerte sich jedoch, ihn den Schmerz sehen zu lassen, den diese körperliche Reaktion bei ihr hervorrief.
„Sag ihm, warum wir in die Hölle wollen.‟
Er hob den Kopf. Sein nachdenklicher Blick ruhte auf ihr, während er das Für und Wider abwog. Dann nickte er. Die Lippen zusammengekniffen, fasste er nach ihrer Hand, bevor er sich wieder der Rauchsäule zuwandte.
„Dies ist Evangelina. Die Tochter der Allmacht. Ihr Vater wünscht ihren Tod. Deshalb muss sie in die Unterwelt. Nur dort kann Luzifer sie beschützen.‟
„Eine Lüge!‟ Die Stimme des Papstes überschlug sich.
„Du nennst mich eine Lügnerin?‟ Obwohl Linas Knie vor Angst schlotterten, baute sie sich vor der Säule auf. Die Hände in die Hüften gestemmt, den Kopf in den Nacken gelegt, um das Gesicht direkt anstarren zu können. Ihr Puls raste. Lina hatte keine Ahnung, wozu dieser Geist fähig war. Trotzdem musste sie ihren Standpunkt behaupten, wenn sie sicherstellen wollte, in die Hölle zu gelangen.
Der Rauch waberte, breitete sich aus. Er umschlang Lina wie ein luftgewordener Lügendetektor. Er strich heiß und kalt zugleich über ihre Halsschlagader, fühlte ihren Herzschlag. Die Augen aus Nebel blitzten rot und bohrten sich in ihre.
Instinktiv streckte Lina die Hände aus.
Nicht! Auch in dieser Form ist er gefährlich.
Vertrau mir, Metatron. Ich weiß, was ich tue.
Das stimmte zwar nicht, beruhigte aber ihre innere Stimme. Hinter ihr bewegte sich Shatan unruhig. Sie warf ihm einen festen Blick über die Schulter zu.
Dann schlug sie die Hände voller Kraft vor ihrem Körper zusammen. Sie teilte damit die Rauchwolke. Ein gellender Schrei hallte von den Wänden wider. Gefolgt von einem Zischen, auf das wiederum ein Knurren folgte.
„Niemand nennt mich eine Lügnerin.‟
Lina schrie die Worte nicht. Leise, beinahe bedächtig flossen sie von ihren Lippen. Sie ließ in jedes Einzelne ihre Wut einfließen. Jene Gefühle, die seit Adams Verrat in ihr schwelten. Die Angst, die Hilflosigkeit, die Eindrücke, wie ein Spielball hin und her geworfen zu werden.
Es wirkte.
Der Rauch zog sich von ihr zurück. Komprimierte sich wieder zu der Säule mit dem Gesicht. Es nickte ihr zu.
„Wahrheit und Wissen. Ich gebe der Tochter der Allmacht, was sie wünscht.‟ Eine Pergamentrolle erschien aus dem Nichts. „Nehmt sie und geht. Solltet ihr wiederkommen, werde ich euch töten.‟
Lina lächelte schwach. „Keine Sorge, ich habe nicht vor, noch einmal mit einem Verräter zu sprechen.‟
Hocherhobenen Hauptes drehte sie sich auf dem Absatz um und verließ die Kammer. Sie sah nicht nach, ob Shatan und Tanika ihr folgten. Stumm kletterte sie die Stufen zur Haupthalle hinauf. Am Gitter wartete sie auf die anderen.
Ihr Herz pochte in wildem Rhythmus. Sie hatte die Macht gefühlt. Alles in ihr bebte davon. Trotzdem wollte sie dies nie wieder spüren. Es ängstigte sie zu Tode.
„Wow. Das war eine tolle Show.‟
„Halt die Klappe, Nika. Ich denke, wir sollten tun, was das Räuchermännchen gesagt hat, und verschwinden.‟
Niemand erhob Einwände.
19.Kapitel
Sie stand am Fenster, die Arme vor der Brust verschränkt, eine Schulter an den Rahmen gelehnt, und starrte hinaus. Dicke Regentropfen prasselten an die Scheibe. Vor einer Stunde waren sie in dem Örtchen San Secreto di Campare im Herzen Italiens angekommen. Sie hatten für die Strecke drei Tage benötigt, weil Lina darauf bestanden hatte, dass Shatan sich zwischendurch ausruhte. Zwar schliefen sie im Wagen, doch eine Pause war besser als keine. Außerdem mussten sie neue Kleidung für den Dämon besorgen, der es irgendwie immer schaffte, abgerissen
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