Höllenjob für einen Dämon (German Edition)
sie wüssten, dass ein Dämon gerade ihre Kirche besudelte, würden sie ihn vermutlich aus der Stadt jagen - oder Schlimmeres mit ihm anstellen.
Am Eingang, zwischen den Bankreihen, ragte ein Becken aus Sandstein auf, das zur Hälfte mit Weihwasser gefüllt war und einen ebenso intensiven Weihrauch-Geruch verströmte. Für Shatan roch dieser einfach nur widerlich. Im rechten Flügel erkannte er ein mit einem Deckel verschlossenes Taufbecken. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es ein Gestell mit Betkerzen. Viele davon brannten.
Buntglasfenster zeigten Szenen aus der Bibel, und am Ende des Mittelganges befand sich der Altar. Auf dem goldbestickten Altartuch lag aufgeschlagen das Messbuch, und der obligatorische Kelch stand daneben. Mittig darüber hing das Kreuz, das sinnbildlich für Jesus Opfer stand.
Shatan verzog das Gesicht. Es stimmte, dass Jehoschua sich für die Menschheit hingegeben hatte und gestorben war. Dennoch lebte er immer noch unter ihnen. Bis auf ein paar Narben und einige Gedächtnislücken hatte Gottes Sohn kaum etwas zurückbehalten. Das wusste natürlich niemand außerhalb Gan Edens und Hels . Andernfalls würden die christlichen Religionen zusammenbrechen.
Das Tabernakel stach deutlich sichtbar auf seinem Podest hinter dem Altarstein hervor. Seine reichen Verzierungen waren einer Kirche dieser Schönheit durchaus würdig.
„Und jetzt?‟
Shatan stellte den triefenden Schirm in einen Ständer neben der Eingangstür und deutete zum Altar.
„Hinter dem Tabernakel befindet sich eine Öffnung in der Wand. Darin steht eine schwarzglänzende Phiole. Deren Inhalt ist es, den wir suchen.‟
„Ich dachte, du sagtest etwas von einer Quelle?‟ Lina runzelte die Stirn.
„Richtig. Es ist unmöglich, das Gefäß zu leeren. Es füllt sich von selbst immer wieder auf. Daher musste sie an einem Ort verborgen werden, den nur wenige Menschen kennen. Welches Wesen, das in die Unterwelt einfahren möchte, würde in einer geweihten Kirche danach suchen?‟
Er jedenfalls nicht. Zumal der Weg für einen Dämon am Weihwasserbecken vorbei ohnehin nicht möglich war.
„Ich schätze, die Pfarrer hier wissen ebenfalls nichts davon?‟
Shatan nickte.
„Also gut, dann lass es uns tun.‟
„Ich kann dir nicht zum Altar folgen.‟
Lina, die schon am Weihwasserbecken vorbei war, wirbelte herum. Dabei verursachten ihre feuchten Turnschuhe ein Quietschen auf dem Marmorboden. Glücklicherweise waren sie allein im Gebäude, sonst hätten sie ungewünschte Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
„Was soll das heißen, Satan?‟, zischte Lina, wieder diesen verfluchten Namen aussprechend.
„Du solltest mich gerade hier nicht so nennen! Und es bedeutet, dass es mir nicht erlaubt ist, nach dort vorn zu gehen. Dieser Raum wurde deinem Vater geweiht.‟ Gleiches Recht für alle. Obwohl es kindisch war, wollte er sie für die Verstümmelung seines Namens bestrafen, indem er Jehova als das bezeichnete, was er war. „Er hat mich aus Seiner Gegenwart verbannt. Das heißt, ich kann nirgends hingehen, wo Er sich theoretisch aufhalten würde, es sei denn, Er gestattet es mir. Und wir wissen beide, dass das hier kaum der Fall sein dürfte!‟
Wütend starrte Lina ihn an. Sie rang um Fassung. Ob der Situation oder seiner Worte wegen wusste er nicht zu sagen. Trotzdem war er sich der Ironie des Ganzen bewusst.
„Ich soll also die Drecksarbeit alleine machen?‟
Mit wenigen Schritten baute Lina sich vor Shatan auf und stach mit einem Finger gegen seine Brust. So, wie sie es schon einmal getan hatte. Vor einer gefühlten Ewigkeit. Shatan fing ihre Hand ein, grinste freudlos.
„Du hast keine andere Wahl. Entweder das, oder wir gehen raus und warten, bis Gavarel uns findet.‟
„Du elender Mistkerl! Du wusstest es die ganze Zeit. Du konntest ohne mich nicht nach Hel zurück. Du brauchst mich. Nur deshalb hast du mich benutzt.‟ Linas Augen wurden rund. „Daher auch die Verführungsszene vorhin. Du wolltest sicherstellen, dass ich mich nicht weigere, die Phiole zu holen.‟
Sie holte aus und schlug ihm hart ins Gesicht. Dass sie sich dabei mehr wehtat als ihm, zeigte ihre anschließende Körperhaltung. Sie hielt sich die Hand und funkelte ihn wütend an. Seine Wange brannte nicht einmal.
Shatan riss Lina an sich. Er ertrug es nicht, dass sie ihn nach allem auch noch der Lüge bezichtigte. Hier ging es allein um ihr Überleben. Seine eigene Existenz war vollkommen bedeutungslos. Wenn Lina lieber sterben wollte, bitte.
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