Höllenjob für einen Dämon (German Edition)
zunichtegemacht, der trotz allem in ihm geglommen hatte. Shatan drehte sich zu Lina um. Sie war bleich. Ihre vollen Lippen zitterten. Die verräterische Ader an ihrem Hals pochte. Stumm starrte Lina Shatan an. Suchte in seinem Gesicht nach der Wahrheit.
Was sie in seinen Augen las, brachte sie zum Beben. Mit einem Aufschrei stürzte sie an ihm vorbei ins Freie.
21.Kapitel
Es regnete nicht mehr, als Evangelina aus der Kirche stolperte, mit hämmerndem Herzen und halb geblendet von dem Schweiß, der ihr in die Augen rann. Sie schnappte nach Luft, wischte sich mit einer fahrigen Bewegung die Augen frei und rannte los, so schnell sie konnte, ohne auf die Richtung zu achten. Sie wollte nur weg. Weg von ihren Halbgeschwistern, und vor allem fort von Shatan.
Bis eben hatte sie gedacht, dass er ihr nicht noch mehr Schmerz zufügen konnte als ohnehin schon. Sie hatte sich getäuscht. Shatan hatte sie erneut verraten.
Warum nur hat er es mir nicht gesagt?
Kannst du ermessen, wie schwer es für ihn gewesen sein muss?
Lina wollte nicht auf Metatrons Beruhigungen hören. Er hatte gewusst, was geschehen würde.
Nein, ich hatte keine Ahnung, dass Luzifer dich verheiraten will.
Aber dass Shatan kein Herz hat.
Die Fürstin hat es ihm schon bald nach der Verbannung in die Unterwelt herausgerissen. Es war allen bekannt.
Du warst in mir, wie konntest du …?
Ich habe davon gehört. Wie ist jetzt egal. Bleib stehen, Kleine. Rede mit ihm.
Nein!
Sie hastete weiter.
„Lina warte!‟
Shatan war dicht hinter ihr. Er durfte sie nicht wieder in seine erdrückende Umarmung ziehen. Wenn sie erstmal an seiner Brust lag, würde Lina ihm alles vergeben. Das durfte sie nicht zulassen. Wenn sie in Hel ihrer Mutter gegenüberstehen und sich gegen die Zwangsehe auflehnen wollte - denn sie hatte keinesfalls die Absicht, irgendeinen Dämon zu heiraten -, dann musste sie ihre Gefühle unter Kontrolle bekommen. Das ging nur mit Abstand.
„Lass mich in Ruhe! Verräter!‟
Lina beschleunigte ihr Tempo und rannte um das Kirchengebäude herum. Sie passierte eine ordentlich gestutzte Hecke. Über einen Kiesweg gelangte sie in den Pfarreigarten. Zu spät erkannte sie, dass sie dort in der Falle saß. Der Garten war nach allen Richtungen abgesperrt, außer der, aus der sie gekommen war. Ein mannshoher Zaun verhinderte, dass sie nach hinten hinaus abhauen konnte. Trotz seiner Größe wirkte der Platz beengt. Es standen zu viele Kunstwerke herum.
Hektisch sah Lina sich nach einer Stelle um, an der sie sich verkriechen konnte. Es gab verschiedene Darstellung von biblischen Szenen. Hinter der Gruppe von Kleiderpuppen, die offenbar Maria Magdalena und ein paar Steinewerfer darstellte? Nein, zu wenig Deckung. Das Brettergestell mit dem Speer direkt neben dem großen Holzkreuz, aus dem die rot gestrichenen Spitzen dicker Nägel hervorragten? Zu weit weg. Da knirschen schon die Schritte ihres Verfolgers hinter ihr.
Shatan packte Lina an der Schulter und riss sie zu sich herum. Sie stemmte abwehrend beide Hände gegen seine Brust. Hierbei spürte sie durch den Stoff des Sweatshirts die Narbe, wo man ihm sein Herz herausgerissen hatte.
Sie war Lina nicht aufgefallen, als Shatan über ihr gelegen hatte. Sie hatte sich nichts dabei gedacht; war zu sehr in ihrer Leidenschaft gefangen gewesen. Als ihr jetzt deren Bedeutung bewusst wurde, wollte sie nur noch schreien.
Shatans Griff verstärkte sich. Sein Atem ging keuchend. Seine Miene machte Lina Angst. Bevor er etwas sagen konnte, kam Lina zuvor: „Ich hasse dich! Mein Gott, ich wünschte, du würdest nur ein einziges Mal spüren, wie verletzt ein Herz sein kann! Du bist ein Monster!‟
Lina sah, wie er erstarrte. Hinter ihm kamen Lilith und Josh schlitternd zum Stehen. Ihre Schwester grinste boshaft und bewegte die Lippen. Lina verstand nicht, was die Punkerin sagte. Sie bemerkte nur, dass ihr Halbbruder erblasste.
Ihre Augen ruckten zu Shatan, der sie losgelassen hatte. Sein linker Arm baumelte kraftlos an seiner Seite. Die rechte Faust hatte er über der Brust geballt.
Entsetzt schlug Lina die Hand vor den Mund. Er hatte es ihr doch gesagt. Wünsche - in Gegenwart von Dämonen oder Göttern ausgesprochen - waren gefährlich.
Hüte dich vor dem, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen.
So hieß es in dem alten Sprichwort. Wie viel Wahrheit darin lag, erkannte Lina in diesem Augenblick. Kaltes Entsetzen kroch ihre Wirbelsäule entlang, als sie begriff, was mit dem Mann
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