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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Mordfall gelöst hat, hm? Die Morde an der Hure, dem Pfarrer, Gewandschneider und Patrizier? Ich war das. Das könnt Ihr mir ruhig glauben. Gemeinsam mit meiner Mutter.»
    Der Büttel nickte. «Trotzdem darf ich Euch nichts über die Criminalia der Stadt verraten.»
    Hella winkte ab und sah den Mann, der kaum älter war als sie, verächtlich an. «Jetzt geht es um etwas anderes. Seht Ihr dort den Jungen, der von den Männern herbeigeschleift wurde? Ich beschwöre Euch in Gottes Namen, nehmt ihn in Haft. Ich befürchte, die Menge hält ihn sonst für den Menschenfresser von Frankfurt und meuchelt ihn.»
    Der Büttel zögerte, sah unstet zwischen dem Jungen und Hella hin und her.
    «Was ist?», schrie ein zahnloser Mann in der ärmlichen graubraunen Kleidung eines Beisassen. «Nehmt Ihr denDreckskerl mit, oder müssen wir selbst für Recht und Ordnung in dieser Stadt sorgen?» Er presste mit dem Daumen ein Nasenloch zu und rotzte herzhaft auf das Pflaster.
    Hella schüttelte sich. «Da, seht Ihr es? Wollt Ihr schuld sein, wenn dem Verrückten etwas zustößt?»
    Der Büttel seufzte. Hella legte ihm eine Hand auf den Unterarm. «Hört zu, wenn Ihr deswegen Ärger bekommt, schiebt alles auf mich. Sagt einfach, ich hätte solch ein Theater gemacht, dass Ihr um des Richters guten Ruf gefürchtet und deshalb den Jungen mitgenommen habt.»
    Der Büttel grinste. «Eine gute Ausrede habt Ihr Euch da ausgedacht. Jeder wird mir glauben.»
    Das war Hella zwar auch wieder nicht recht, aber endlich schritt der Büttel zur Tat.
    «Mein Mann ist wohl nicht mehr im Malefizamt?», rief sie ihm hinterher.
    «Er ist mit dem Henker am neuen Fundort», rief der Büttel zurück und schlug sich gleich darauf erschrocken auf den Mund. «Aber das wisst Ihr nicht von mir.»
    «Keine Sorge», rief Hella zurück, winkte Jutta Hinterer einen Gruß zu und eilte davon.
     
    Gustelies stand in der Küche und musterte ihre Vorräte. «Die Möhren sind noch frisch», sprach sie vor sich hin. Sie sah in den Korb mit den Eiern, zählte sie in Gedanken, dann hob sie den Deckel des Butterfässchens hoch, überprüfte auch den Stand der Sahne in der Kanne und war zufrieden. «Es ist eine Plage, jeden Tag auf den Markt zu gehen. Die Händler werden immer unverschämter. Na, heute muss ich nicht. Heute muss sich Pater Nau mit einem süßen Weckenauflauf zufriedengeben, zumal ich noch vier Eierwecken von gestern übrig habe.»
    Sie nahm zwei Eier aus dem Korb und trug sie zum frisch gescheuerten Küchentisch. Dann holte sie eine Pfanne, gab einen ordentlichen Klecks frische Butter hinein, schnitt die Wecken in Scheiben und briet sie, bis sie knusprig braun waren. Dann mahlte sie ein halbes Pfund Mandeln, verrührte sie mit zwei großen Bechern frischer Sahne, gab zwei Eidotter und zwei Löffel Butter hinzu, rührte alles schön geschmeidig und erwärmte die Mischung vorsichtig auf dem Feuer. Ganz behutsam rührte sie mit dem Holzlöffel in der Masse herum. Als es an der Tür klopfte, zuckte sie zusammen und rief: «Gleich. Ich komme gleich. Jetzt nicht. Sonst gerinnt mir das Ei!»
    Sie hörte von draußen ein helles Lachen, zog den Topf vom Feuer und öffnete.
    «Ach, du bist es», sagte sie und nahm ihre Tochter in die Arme.
    «Hmm, Mutter, es riecht gut. Was hast du im Backrohr?»
    «Och, nichts weiter», wiegelte Gustelies ab. «Nur einen süßen Weckenauflauf. Das heißt, ich bin gerade dabei, ihn fertig zu machen. Komm rein.»
    Sie ging schnurstracks zurück in die Küche, Hella eilte hinterher.
    Gustelies schnitt die Wecken in Scheiben, legte sie in eine gefettete Form und goss die warme Mandelmilch darüber. «So, die Wecken müssen sich jetzt schön vollsaugen, dann kann ich sie ins Backrohr schieben.»
    «Kannst du nicht», widersprach Hella. «Die Wecken müssen warten.»
    Gustelies richtete sich auf und blies sich eine Haarsträhne aus der Stirn. «Sag bloß, es gibt schon wieder einen Mord.»
    «Ob es Mord ist, weiß ich noch nicht. Jedenfalls wurdenach dem Arm auf dem Römerberg nun auch noch ein Bein in der Gasse hinter dem Roten Hof gefunden. Wir müssen hin.»
    Ohne Widerworte zog sich Gustelies die Schürze aus, stülpte sich die Haube über und verließ mit Hella das Haus.
    Obwohl die Glocke der Liebfrauenkirche noch nicht einmal die zehnte Morgenstunde geschlagen hatte, flimmerte die Hitze bereits über dem Pflaster des Liebfrauenbergs. Gustelies hielt Hella am Arm fest, als sie gemeinsam über den Rossmarkt hasteten. «Nicht so schnell,

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