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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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«Es ist ein Zauberbuch», raunte sie. «Darin steht schwarz auf weiß, wie man Gold machen kann.»
    «Wozu brauchst du Gold? Ich dachte, du willst backen?»
    «Natürlich will ich backen. Aber mein Kuchen, Liebes, wird ganz und gar von Blattgold bedeckt sein.»
    Sie hielt atemlos inne und sah Hella beifallheischend an. Hella nickte beeindruckt, dann fragte sie: «Warum kaufst du das Blattgold nicht einfach beim Vergolder?»
    Gustelies seufzte, als hätte sie es mit einer Schwachsinnigen zu tun. «Einen mit Blattgold belegten Kuchen gab es noch nie bei einem Wettstreit. Damit werde ich ein für alle Mal die beste Bäckerin sein. Viele Leute werden diesen Kuchen bei mir bestellen. Wenn ich selbst Gold machen kann, bin ich unabhängig vom Vergolder, und billiger ist es außerdem.»
    Hella nickte. «Du wirst es schaffen», sagte sie und strich ihrer Mutter über den Arm. Dr.   Faustus, die Legende von Dr.   Faustus. Hatte sie davon nicht bei den Nonnen gehört?
    «Wer war dieser Dr.   Faustus?», fragte sie ihre Mutter. «Weißt du das?»
    «Natürlich!», erklärte Gustelies. «Dein Vater sprach von nichts anderem. Ich wundere mich, dass du die Geschichte nicht kennst.»
    Sie zog ihre Tochter in die winzige Nebengasse, die zum Karmeliterkloster führte und in der ein Wasserhändler und ein Weinhändler nebeneinander ihre Stände aufgebaut hatten. Gustelies kaufte zwei Becher verdünnten Wein, ließ sich auf einer Holzbank nieder und klopfte neben sich. Hella verstand und setzte sich. «Es geht, wie immer, um den Kampf zwischen Gut und Böse», begann Gustelies, trank einen Schluck und packte ihre Tochter am Arm. «Dass du mir ja Pater Nau nichts davon erzählst. Er liebäugelt jetzt nämlich mit der Kunst des Exorzismus. Ts!»
    Sie trank noch einen Schluck und sprach weiter. «Dr.   Faustus schließt eine Wette mit dem Teufel ab. Der Teufel verspricht, Faust in alle Geheimnisse dieser Erde einzuweihen.»
    «Stimmt», erinnerte sich jetzt Hella. «Und am Schluss wird Faust vom Teufel erdrosselt. Er wird damit für seine Hoffart und seinen Übermut bestraft. Aber wie soll dir das beim Kuchenwettstreit helfen?»
    Gustelies verdrehte die Augen. «Es geht mir nicht um die Faustlegende, sondern um den Höllenzwang. Alle Zauberbücher, die etwas taugen, tragen einen Namen, in dem Höllen- oder Geisterzwang vorkommt. Ich sagte es schon, ich will nur Gold machen. Das ist alles.»
    «Das ist alles?» Hella schüttelte den Kopf. «Seit Jahrhunderten träumen die Menschen davon, Gold zu machen. Und du willst nur deinen Mariä-Geburt-Kuchen vergolden und danach die Finger von der Alchemie lassen? Ich fasse es nicht.»
    Gustelies zuckte mit den Schultern. «Dann eben nicht», erwiderte sie ungerührt. «Was soll ich sonst mit Gold? Ich habe ein Bett, habe Kleider, Schuhe, Essen und Trinken, so viel ich mag. Was brauche ich denn noch?»
    Hella stand auf. «Recht hast du», sagte sie. «Lass uns das Buch suchen.»
    Nach wenigen Schritten schon waren sie inmitten des Getümmels in der Buchgasse. Hella und Gustelies hielten vor dem Stand eines Mainzer Druckers. «Habt Ihr vielleicht ‹Dr.   Faustus’ dreifachen Höllenzwang›?», fragte Hella und senkte dabei die Stimme.
    Der Drucker lachte und deutete auf seine verschlissene Schürze. «Hätte ich das Zauberbuch, wäre ich wohl besser gekleidet», meinte er. «Ihr müsst Ausschau halten nachden reichen Druckern. Die, die aussehen, als wüssten sie, wie man Gold macht.» Er lachte keckernd. Hella und Gustelies gingen weiter.
    Einige Stände daneben saß ein Buchdrucker im goldbestickten Wams. Vor sich hatte er ein mit Pech verschmiertes Fass. Er hielt es mit beiden Armen umklammert und musterte die Vorübereilenden misstrauisch.
    «Habt Ihr vielleicht ‹Dr.   Faustus’ dreifachen Höllenzwang› da drinnen?», fragte dieses Mal Gustelies.
    «Soll’n das sein?», knurrte der Buchhändler und presste das Fass fester an sich.
    «Ein Zauberbuch», entgegnete Gustelies.
    «Gehört habe ich davon. Nur gehört, mehr nicht.» Der Mann ließ kurz sein Fass los, kreuzte beide Zeigefinger vor dem Gesicht, spuckte aus und sah dann demonstrativ in eine andere Richtung.
    Gustelies seufzte. «Lass uns Angelika suchen. Du weißt doch, die Druckerin und Buchhändlerin aus dem fröhlichen Dorf Bornheim. Sie weiß alles, was es über Bücher zu wissen gibt. Wenn jemand etwas über dieses Zauberbuch gehört hat, dann Angelika.»
    Sie nahm ihre Tochter bei der Hand und zog sie mit sich. Am Ende

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