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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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wohl nicht mehr finden.» Er schluckte, und die anderen Männer taten es ihm gleich.
     
    Wenig später kroch Arvaelo auf Knien durch den Garten des Spitals zum Heiligen Geist. Richter Blettner saß auf einer steinernen Bank unter dem Kirschbaum und hatte neben sich ein Tablett mit einer Kanne Wein und Bechern stehen. Er stöhnte und wischte sich ab und zu Gesicht und Nacken. «Ich verstehe nicht, dass du nicht schwitzt», sagteer. «Du trinkst auch nichts. Am Abend musst du gedörrt sein wie luftgetrockneter Schinken.»
    Arvaelo lachte. «Ich sagte doch schon. Dünne, weiße Kleidung hält die Hitze ab.»
    «Ich könnte nackt hier sitzen und würde trotzdem im eigenen Saft schwimmen.» Heinz Blettner sah flehentlich zum Himmel hinauf, aber die schwarzen Wolken waren verschwunden. Das reinigende Gewitter hatte sich anderswo entladen.
    Arvaelo hörte nicht. Er kroch noch immer auf dem Boden herum, drehte jeden einzelnen Grashalm. «Komm mal her und sieh dir das an», sagte er schließlich. Stöhnend erhob sich Heinz. «Wenn es nur bald regnen wollte! Was ist? Was hast du gefunden?»
    «Die Gelehrten meiner Heimat haben herausgefunden, dass die Farbe des Grases und der Blätter mit dem Licht zusammenhängt. Wird ein Rasenstück von Gegenständen wie zum Beispiel einer Leiche bedeckt, dann verflüchtigt sich das Grün.»
    «Aha.»
    Arvaelo deutete auf einen Fleck, groß wie ein Waschzuber, dessen Gras deutlich heller war als das ringsum. «Hier könnte der Leichnam gelegen haben. Nur wenige Tage. Bei der Dürre reichen sogar Stunden. Wir müssen jetzt nach Blutspuren suchen.»
    Arvaelo drehte und wendete jeden Halm noch einmal, während Heinz Blettner, den Blick fest auf den Boden gerichtet, hinunter zum Mainufer ging.
    «Hier», rief er. «Arvaelo, hier!»
    Der Morgenländer eilte herbei. Genau betrachtete er die vier Blutflecken auf dem Boden. Dann zog er ein Blatt Papier und Zeichenkohle aus der Tasche.
    «Was tust du da?», fragte Heinz Blettner. «Willst du etwa die Spritzer zeichnen?»
    Arvaelo nickte. «Natürlich. Sie verraten mir eine Menge über das, was hier geschehen ist.»
    «Aha. Erzähl mal.»
    Richter Blettner hatte jetzt seine Wachstafel gezückt.
    «An der Form der Blutspritzer erkennt man die Höhe, aus der sie gefallen sind», erklärte Arvaelo mit großer Überzeugung.
    «Wie soll das gehen?», fragte Heinz.
    «Warte, ich zeige es dir. Lass uns von hier verschwinden. Auf dem Markt kaufen wir dann ein paar lebende Täubchen. Du isst doch gern Täubchen, oder?»
    Heinz Blettner strich sich über den Bauch. «Täubchen? Vielleicht noch in Mandelmilch gekocht? Ein Gericht wie aus dem Paradies. Etwas Besseres gibt es nicht.»
    Auf einmal schien ihm die Hitze nichts mehr auszumachen. Er gab einen Spitaljungen ein Zeichen, das Weintablett wegzuräumen, dann machte er sich mit Arvaelo auf den Weg zum Markt.
     
    «Hier habt Ihr die Täubchen. Schön fett sind sie. Eure Hausfrau braucht sie noch nicht einmal rupfen, das habe ich schon gemacht.» Die Händlerin nahm zwei nackte Tauben, die an den Füßen zusammengebunden waren, vom Haken und hielt sie Arvaelo hin. Der schüttelte den Kopf. «Die will ich nicht. Die sind nicht mehr frisch!»
    «Aber erlaubt mal! Natürlich sind sie frisch. Bei mir gibt es nur die allerfrischeste Ware! Erst heute Morgen habe ich sie gerupft. Jawohl! Den neuen Tag haben sie noch mit ‹Ruggediguh!› begrüßt.»
    «Redet nicht, Händlerin, die Tauben sind nicht frisch.»
    Jetzt stemmte die Frau beide Hände in die Hüften, holte ganz tief Luft und ließ eine Tirade los wie ein Sommergewitter.
    Arvaelo hörte eine Weile zu, dann wandte er sich an Heinz Blettner. «Schau dir die Augäpfel der Tiere an. Die Krämerin hat vergessen, sie auszustechen. Nun sind sie weit in die Höhlen gesunken. Das passiert allerdings erst ein paar Tage nach dem Tod.»
    Der Krämerin blieb der Mund offen stehen. Sie nahm die Hände von den Hüften und räusperte sich. Schließlich sagte sie: «Woher wisst Ihr das? Seid Ihr ein Zauberer?»
    Arvaelo lachte. «Nein, ein Zauberer bin ich nicht. Aber mein Freund hier ist Richter und immer auf der Suche nach Betrügern.»
    Die Krämerin schluckte, wischte sich mit dem Unterarm über das Gesicht. «Nun, vielleicht habe ich mich vertan. Das kann ja vorkommen. Fehler macht schließlich jeder einmal. Und noch dazu bei dieser Hitze.»
    Der Richter nickte. «Ich werde Euch den Marktaufseher vorbeischicken, Händlerin. Diskutiert das mit ihm aus. Jetzt gebt uns

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