Höllenknecht
Arvaelos Namen nennen müssen. Und dies konnte sie unmöglich vor ihrem Mann tun.
Es war, als würden Heinz und Arvaelo einander aufheben. Der eine der Umkehrschluss des anderen. Und alles, was sie an ihrem Mann ärgerte, bewunderte sie an Arvaelo. Also hatte sie nur genickt, als Heinz ihr mitteilte, dass es am Abend gebratene Täubchen in Mandelmilch geben sollte.
Die Magd hatte später die Tauben ordentlich gerupft, und zwar trocken. So hatte es Hella von Gustelies gelernt: Hühner, Enten und Gänse wurden zuerst mit heißem Wasser übergossen und dann gerupft, Tauben rupfte man stets trocken. Nach dem Rupfen wurden vereinzelte Federreste abgesengt. Hella hatte sich in der Küche eingefunden, aber nicht, um der Magd beim Kochen zuzusehen, sondern um nicht mit Heinz allein sein zu müssen. Sie saß am Küchentisch und gab Minna Anweisungen. «Reib die Täubchen mit Salz und Pfeffer ein.»
«Ja, Herrin, ich weiß.»
«Von innen und von außen.»
«Jawohl, Herrin.»
«Dann weiche etwas weißes Brot in Wasser ein, drücke es aus und zerkrümele es.»
«Herrin, ich habe schon oft Täubchen gebraten.»
«Zerhacke die Innereien sehr sorgfältig.»
«Gewiss doch.»
«Dann gib Butter in die Pfanne und mische das Krümelbrot,die Innereien und noch eine zerhackte Zwiebel miteinander. Würze ruhig kräftig.»
«Herrin, mein Vater war Gastwirt. Ich weiß, wie man Tauben brät.»
Hella beeindruckte das nicht. «Fülle die Tauben damit, nähe ihnen den Bauch zu und übergieße die Tierchen ab und an mit zerlassenem Butterschmalz, während sie braten.»
Die Magd seufzte vernehmlich. Nachdem sie die Tauben in den Kessel getan hatte, wischte sie mit einem feuchten Lappen die Bretter des Regals in der Vorratskammer aus und sang dabei ein Küchenlied, das von der Liebe einer Magd zu einem Knecht handelte.
Hella, die sehr wohl bemerkte, dass sie hier nicht gebraucht wurde, ging nach oben. Sie trödelte ein wenig vor Heinz’ Arbeitszimmer herum, räumte dann im Wohnzimmer ihren Stickrahmen von einer Ecke in die andere und ließ sich schließlich in einen Lehnstuhl sinken. Ob die Männer weitergekommen waren mit ihren Ermittlungen? Erst der Arm, dann das Bein, jetzt ein Rumpf, wer machte so etwas? Die Leiche war sogar noch weiter verstümmelt worden. Beim Lauschen hatte sie ganz deutlich Arvaelo fragen gehört: «Wer hat dem armen Kerl nur seine Männlichkeit abgeschnitten?»
Das Gemächt, das, worauf die Männer so stolz waren, das fehlte nun also auch. Wer mochte zu solch einer Untat fähig sein? Hella grübelte. Und schon hatte sie eine Antwort: Eine Frau! Natürlich! Wer sonst? Eine Frau, die von ihrem Mann mit ebendiesem Ding betrogen worden war!
Hella sprang auf. Schon stand sie vor der Tür des Arbeitszimmers, klopfte und riss im gleichen Moment an der Klinke. Überrascht fuhr Heinz hoch.
«Eine Frau», rief Hella, «ihr sucht eine Frau! Ich weiß es!» Der Richter ließ den Federkiel sinken, streute Löschsand über das Geschriebene und sah auf. «Wer sucht eine Frau?»
«Ihr! Du!»
«O nein», lachte Heinz Blettner. «Du reichst mir voll und ganz, mein Herz.»
Hella machte eine ärgerliche Handbewegung. «Hör auf, das meine ich nicht. Ich meine, der Mörder ist eine Frau.»
«Aha. Und was macht dich so sicher?»
«Der Hass und die Wut. Nur eine Frau kann so wütend sein, dass sie ihrem Mann das nimmt, womit er sie betrogen hat.»
«Wie meinst du das?»
Hella stöhnte auf. «Begreifst du denn nicht? Der Mann war verheiratet. Er hat seine Frau mit einer dahergelaufenen Dirne betrogen. Und sie hat ihn deshalb entmannt!»
Einen Augenblick lang sah Richter Blettner seine Frau fassungslos an. Aber dann brach er in ein solches Gelächter aus, dass ihm der Federkiel aus der Hand rutschte und einen daumennagelgroßen Tintenfleck auf das beschriebene Blatt kleckste. Heinz lachte und lachte, fingerte prustend nach seinem Taschentuch, hielt sich den Bauch und wischte sich die Augen.
«Kannst du mir vielleicht mal sagen, was dich daran so belustigt?» Die Entrüstung stand Hella ins Gesicht geschrieben. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schlug rhythmisch mit der Fußspitze auf den Boden.
Der Richter japste nach Luft, dann sagte er: «Die Welt ist nicht so einfach, wie du denkst, mein Herz. Nicht jede Frau würde sich so an ihrem Ehemann rächen.»
Er brach erneut in Gelächter aus. «Sag mal, muss ichjetzt Angst haben, dass du ein Messer unter dem Kopfkissen liegen hast?»
Hella stampfte mit dem
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