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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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heran und versuchte, sie zur Seite zu drängen. «Genug geredet! Jetzt bin ich dran», zeterte sie.
    Aber Gustelies hielt den Kannengießer noch immer am Ärmel gepackt. «Also gut, gebt mir das Rezept und ein Goldklümpchen dazu.»
    Der Mann grinste und sah dabei zu, wie Gustelies unter ihrem Brusttuch fummelte und die Gulden, die sie direkt am Busen aufbewahrte, hervorkramte.
    «Das Geld ist warm. Es kommt von Herzen, nicht wahr?», kicherte der Kannengießer und übergab Gustelies ihre Einkäufe. «Auf dass Ihr bald reich werdet und gesund dabei bleibt!», wünschte er.
    «Jetzt bin ich aber dran!», schimpfte die Saure und drängte Gustelies so rüde zur Seite, dass diese ins Taumeln geriet. Dabei hielt sie ihre Schätze so fest, dass das Rezept an einer Seite sogar ein wenig einriss.
    «Ich hab’s!», rief sie stolz, als bei der Wechselstube ankam.
    «Hätte ich das gewusst», maulte Jutta Hinterer. «Dann hätte ich mir meine Einkäufe sparen können. Ich hätte ja auch dein Rezept nehmen können.»
    Plötzlich stand Gustelies ganz still. Sie presste das Rezept an ihre Brust. «Wieso glaubst du, dass ich dir das Rezept so ohne weiteres gegeben hätte?», fragte sie mit beleidigtem Unterton.
    «Weil du meine Freundin bist», erklärte Jutta. «Und weil du mich über kurz oder lang ohnehin brauchst, wenn du dein vieles Gold verkaufen willst. Ist dir übrigens klar, dass die Goldpreise stark sinken, wenn bald jeder in Frankfurt sein eigenes Klümpchen kocht?»
    Gustelies schwieg und betrachtete ihr Goldstückchen so liebevoll wie einen gut gelungenen Braten.
    Jutta kniff die Augen zusammen. «Verstehst du?», hakte sie nach.
    Gustelies schüttelte den Kopf und presste ihre Faust fest zusammen. Ihr Gesicht, das noch deutlich die Kampfspuren trug, hatte einen trotzigen Ausdruck angenommen.
    «Ist doch ganz einfach. Ich werde meine Wechselstube heute und morgen so lange auflassen, wie es nur möglich ist. Die Leute werden ihr Gold zu mir bringen. Ich werde es zu einem günstigen Preis aufkaufen.»
    «Und dann?»
    Jutta lachte, dann hielt sie inne und beugte sich aus der Stube heraus. «Glaubst du wirklich an das Rezept?»
    «Ich weiß nicht. Immerhin hat der Kannengießer ja etwas zuwege gebracht.» Sie hielt das Klümpchen hoch, welches er ihr gegeben hatte.
    «Hmm», brummelte Jutta.
    Gustelies war beleidigt. Sie fühlte sich irgendwie betrogen, hätte aber nicht zu sagen vermocht, warum das so war. Schon kam die dicke Frau, die nach Sauermilch gerochen hatte, den Römerberg hinaufgekeucht.
    «Kauft Ihr Gold?», fragte sie barsch.
    Jutta Hinterer grinste über das ganze Gesicht. «Kommt drauf an», erklärte sie.
    Die Sauermilchige legte ihr das Goldklümpchen hin, das sie gerade vom Kannengießer erworben hatte. «Das hier könnt Ihr haben.»
    Jutta Hinterer nahm es in die Hand, betrachtete es genau. Dann gab sie Gustelies ein Zeichen, die ihr eigenes Klümpchen zeigte und es danebenlegte. Die Sauermilchige räusperte sich verlegen. «Man wird ja wohl mal fragen dürfen!»
    Mit diesen Worten nahm sie ihr Klümpchen, steckte es unter ihr Brusttuch und verschwand. «Kommt mit dem Familienschmuck wieder», rief Jutta ihr hinterher. «Morgen ist er nur noch die Hälfte wert.»
    Kaum war sie weg, schüttelte Jutta den Kopf. «Manche können den Hals einfach nicht vollkriegen, was?»
    Sie stieß Gustelies in die Seite, dann lachten beide.
    «Jetzt will ich endlich wissen, was in dem Rezept steht», verkündete Jutta danach. «Es kann nämlich wirklich sein, dass bald die ganze Bude hier voll ist von Leuten, die den Siegelring des Oheims verkaufen wollen, solange es noch etwas dafür gibt. Zeig mal her.»
    Gustelies hob das Blatt, und dann las Jutta halblaut vor:
    «
ACIEL ist der vierte Großfürst der Hölle; er steht unter dem Planeten

. Sein Regent heißt Raphael. Dieser erscheinet des Sonntags früh zur ersten, sechsten und zehnten Stunde, des Nachts aber zur zehnten Stunde und um Mitternacht in unterirdischer Gestalt, als ein großer, roter Ochse mit abscheulich großen, feurigen Augen, bisweilen auch als ein großer, schwarzbunter Hund mit obigen Feueraugen. Man muss ihn aber durch CONJURATION zwingen, dass er sich in menschlicher Gestalt stellen muss.»
    «
Was ist denn CONJURATION?», unterbrach sich Jutta und sah Gustelies fragend an.
    «So etwas wie eine Beschwörung, eine feierliche Anrufung oder ein Zauber. Sagt jedenfalls der Pater.»
    «Aha», sagte Jutta. «Dann fehlt schon mal etwas ganz

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