Hoellennacht
einer Waffe bedroht?«, fragte er.
Die vier Männer starrten ihn an, die Augen hinter den dunklen Gläsern verborgen. Einer schob sein Jackett nach hinten und brachte eine Maschinenpistole in einer Nylonschlinge zum Vorschein.
» Habt ihr eure Zungen verschluckt?«, fragte Nightingale und blickte einen nach dem anderen an. » Ihr wart sehr mitteilsam, als ihr eine junge Frau erschrecken konntet, aber jetzt macht ihr auf schüchtern, was? Wenn das hier vorbei ist, unterhalten wir uns einmal über das, was ihr ihr angetan habt, und ich zieh euch die Hammelbeine lang.« Er lächelte strahlend. » Na schön, gehen wir und bringen die Welt in Ordnung.« Er eilte hinter Sylvia her die Treppe hinauf.
Sie führte ihn in die Eingangshalle und zeigte auf die Badezimmertür. » Sie wissen, wie es läuft, Mr. Nightingale.«
71
Als Nightingale im Bademantel aus dem Badezimmer kam, erwartete Sylvia ihn mit zweien der Leibwächter. Sie führten ihn in Mitchells Schlafzimmer. Der saß an genau derselben Stelle wie bei Nightingales letztem Besuch, nur trug er diesmal einen königsblauen Seidenpyjama. Sylvia forderte Nightingale zehn Schritte vor dem Rand des Pentagramms zum Stehenbleiben auf. Er nickte Mitchell zu. » Dann haben Sie Ihr Tagebuch also wieder?«, fragte er. » Sie hätten mich nur darum bitten müssen, wissen Sie. Ich hätte es Ihnen gegeben.«
Mitchell schob sich die Sauerstoffmaske vom Gesicht. » Was wollen Sie, Nightingale?«
» Das werde ich in letzter Zeit ziemlich oft gefragt.«
» Haben Sie nichts Besseres zu tun? Sie haben jetzt noch wie lange? Noch eine Stunde, bevor sie Sie holt, richtig?«
» Darüber wollte ich mit Ihnen reden.«
» Ich kann nichts für Sie tun, Nightingale. Das habe ich Ihnen doch schon gesagt.« Er begann zu husten und drückte sich die Maske auf den Mund.
» Ich habe einen Weg gefunden, Proserpina aufzuhalten«, erklärte Nightingale.
Mitchell schüttelte den Kopf, noch immer hustend. Er bekam sich in den Griff und nahm die Maske weg.
» Man kann sie nicht aufhalten. Sie ist zu mächtig.«
» Kennen Sie Joshua Wainwright? Ein Amerikaner. Ich habe das Gefühl, dass er sich auf die dunkle Seite geschlagen hat.«
» Ich habe von ihm gehört«, sagte Mitchell.
» Wainwright schuldet mir einen Gefallen.«
» Das bezweifle ich«, gab Mitchell zurück.
» Ich habe ihm ein Buch verkauft, das er schon seit Jahren haben wollte. Mein Vater hatte es ihm unter der Nase weggeschnappt, aber ich habe es ihm zurückgegeben.« Nightingale lächelte. » Ich habe einen schönen Gewinn gemacht, aber er war mir trotzdem dankbar – dankbar genug, um mir zu helfen.«
» Keiner kann Ihnen helfen«, erklärte Mitchell. » Eine Minute nach Mitternacht ist für Sie alles vorbei.«
» Nicht dem Buch zufolge, das Wainwright mir geliehen hat.«
Mitchell hustete erneut. Er tupfte sich die Lippen mit einem Papiertaschentuch ab und warf es neben sich in die Mülltonne. » Was für ein Buch denn?«, fragte er.
» Ein iranischer Satanist hat es im achtzehnten Jahrhundert verfasst, es damals aber nur einigen wenigen Menschen gezeigt. Als er starb, ging es verloren, tauchte aber gegen neunzehnhundertdreißig in Paris wieder auf und wurde ins Französische übersetzt. Es gibt nur drei Exemplare auf Englisch, und Wainwright besitzt eines davon. Das hat er mir geliehen.«
Mitchell runzelte die Stirn. » Wie heißt dieses Buch?«
» Es hat keinen Namen, keinen Titel«, antwortete Nightingale. » Aber es enthält ein Kapitel über das Töten von Teufeln.«
» Man kann einen Teufel nicht töten«, erklärte Mitchell.
» Nicht so sehr töten als vernichten«, entgegnete Nightingale. » Es gibt eine Zauberformel, die ihm ein Ende bereitet.«
» Unsinn«, sagte Mitchell. Er hustete erneut und spie blutigen Schleim in ein frisches Taschentuch. » Proserpina sitzt zur Linken Satans. Ihr kann niemand etwas anhaben.«
» In dem Buch steht eine Zauberformel, die die Macht des Teufels schwächt. Danach kann man einen Dolch verwenden. Einen Dolch, der einem geschenkt wurde und für den man sich nicht bedankt hat.«
» Und woher haben Sie den Dolch bekommen?«, fragte Mitchell.
» Haben Sie vom Orden der Neun Ecken gehört? Eine abstoßende, kleine Sekte, die Menschenopfer gut findet? Mein Vater war dort Mitglied.«
» Der Orden hat Ihnen einen Dolch geschenkt?«
» Und ich habe mich nicht dafür bedankt. Schrecklich unhöflich, nicht wahr?«
» Und warum sind Sie dann hier? Warum tun Sie es nicht
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