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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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Teetasse. Nightingale ging zum Tisch hinüber und berührte die Tasse. Sie war kalt und obendrauf schwamm eine Haut.
    Langsam kehrte er in den Flur zurück und lauschte aufmerksam. Dann stieg er die Treppe hinauf, immer nur eine Stufe auf einmal, und reckte den Hals, um oben den Treppenabsatz zu sehen. Auf halber Höhe fand er eine Axt, deren Blatt mit Blut beschmiert war. Er berührte sie nicht, sondern schritt vorsichtig darüber weg. Als er ein leises Knarren hörte, erstarrte er, das Messer vor sich ausgestreckt. Er ging noch einen Schritt.
    Etwas bewegte sich oben im Flur. Gerade außerhalb seines Sichtfelds. Er schlich sich nach oben, mit trockenem Mund und hämmerndem Herzen. Er blieb wieder stehen, als er es erneut leise knarren hörte. Dann sah er eine Bewegung. Es war ein Fuß– ein nackter Fuß–, der in der Luft hing. Nightingale ging noch einen Schritt und sah zwei Füße, dann eine Schlafanzughose, und als er oben ankam, erblickte er seinen Onkel, der von der Falltür herunterbaumelte, die zum Speicher führte. Um seinen Hals lag ein Seil, und der unnatürlichen Haltung des Kopfes sah man an, dass das Genick gebrochen war. Nightingale begriff, dass sein Onkel in der Falltür gesessen haben musste, bevor er sich nach unten stürzte. Von der Hüfte aufwärts war er nackt, und seine Brust war mit Blutstropfen bespritzt. Nightingale entdeckte keine Wunde an ihm, es konnte sich also nur um das Blut seiner Frau handeln. Er musste sie in der Küche erschlagen haben, dann hochgegangen sein und sich selbst getötet haben.
    Das Seil knarrte, als die Leiche leise schwankte. Sein Onkel war tot, aber seine Körperflüssigkeiten bewegten sich noch, während die Organe zur Ruhe kamen. Die Schlafanzughose war im Schritt nass und auf dem Boden war eine Urinpfütze. Nightingale holte sein Handy heraus und wählte den Notruf. Während er darauf wartete, dass man in der Zentrale abnahm, drehte er sich um. Die Badezimmertür stand weit offen, und dahinter sah er den Spiegel über dem Waschbecken. Dort standen in blutigen Großbuchstaben sieben Worte: DER TEUFEL WIRD DICH HOLEN , JACK NIGHTINGALE .

24
    Jenny saß an ihrem Schreibtisch und studierte das handgeschriebene Tagebuch mit einem kleinen Spiegel, als Nightingale hereinkam. Er machte die Tür zu seinem Büro auf. » Kaffee wäre schön«, sagte er. Er warf sich auf seinen Stuhl und legte die Beine auf den Schreibtisch. Eine kleine Spinne hatte sich in der Ecke beim Fenster häuslich eingerichtet, und auf der Jalousie lag eine Schicht Staub. » Wann kommt die Putzfrau nächstes Mal?«, rief er.
    » Sie war Freitagvormittag hier«, antwortete Jenny, während sie seinen Kaffee aufgoss, » und sie ist morgen wieder da.«
    » Dann macht sie ihren Job verdammt schlecht«, meinte Nightingale. » Sie ist Polin, oder?«
    » Rumänin«, antwortete Jenny. » Ich rede mit ihr.«
    » Sag ihr, sie soll die Jalousie mal abwischen.«
    » Ich höre und gehorche«, sagte Jenny, die mit einem dampfenden Becher in der Tür auftauchte. » Genau wie deine Frauen– heiß und schwarz.« Nightingale runzelte die Stirn.
    » Was?«
    » War ein Scherz«, sagte sie, stellte den Becher auf seinen Schreibtisch und setzte sich ihm gegenüber. » Ein Versuch, die Stimmung aufzulockern.«
    » Aber ich hatte nie eine schwarze Freundin«, meinte Nightingale und griff nach seinem Becher.
    » Das ist ja gerade der Witz daran. Was ist los, Jack? Du siehst aus wie…«
    » Als hätte ich ein Gespenst gesehen?«
    » Ja, tatsächlich.«
    Nightingale nahm einen Schluck von seinem Kaffee. » Mein Onkel hat sich gestern umgebracht– er hat sich umgebracht und vorher meine Tante ermordet.«
    Jenny blieb der Mund offen stehen. » Was?«
    » Mein Onkel Tommy. Er hat sich erhängt.«
    » Warum?«
    Nightingale zuckte die Schultern. » Er hat keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Ich habe diese Woche mit ihm telefoniert und ihm gesagt, ich würde Sonntag zum Mittagessen nach Altrincham hinauskommen, sie haben mich also erwartet. Am Telefon klang er ganz normal. Aber als ich hinkam, waren sie tot.«
    » Jack, das ist ja schrecklich. Das ist…« Sie setzte sich. » Ich weiß nicht… das ist nicht…«, sie schüttelte den Kopf. » Das ist so unwirklich.«
    » Es ist absolut real«, sagte Nightingale. » Ich bin gestern von der Polizei von Manchester verhört worden.«
    » Von der Polizei?«
    » Es handelt sich um einen Mord und einen Selbstmord, Jenny. Die Polizei muss dem nachgehen, aber die Untersuchung wurde

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