Hoellennacht
sollte das die Zeitungen interessieren?«
Mrs. Steadman hatte einen scharfen Verstand und setzte ihm mehr zu als die Detectives, die ihn damals nach Simon Underwoods Todessturz verhört hatten. » Er hat sich umgebracht, Mrs. Steadman.«
Ihre Augen weiteten sich. » Oh, das tut mir leid. Ich wollte nicht neugierig sein.«
» Schon okay. Wir haben uns nicht übermäßig nahegestanden. Jetzt möchte ich einfach nur ein paar Bücher verkaufen, um an ein bisschen Geld zu kommen.«
» Verstehe«, sagte sie. Sie nahm das letzte Buch in die Hand. » Also, das hier werde ich definitiv kaufen, aber es spielt leider nicht in derselben Liga wie die anderen«, sagte sie. » Erst letzte Woche habe ich hier, in diesem Laden, ein Exemplar an die Frau gebracht.« Es enthielt eine Sammlung von Zaubersprüchen und wirkte eher wie ein Bildband zum Blättern als wie ein Arbeitsbuch für Hexen. Es war voller Hochglanzfotos und Rezepte– und erinnerte Nightingale an ein Kochbuch von Jamie Oliver. » Es ist leider nur etwa zwanzig Pfund wert. In den Siebzigerjahren wurde es mit mehreren tausend Exemplaren aufgelegt.«
» Zwanzig Pfund ist schon in Ordnung«, sagte Nightingale. » Ich wollte vor allem wissen, was Sie davon halten. Dort steht, dass jeder einen Zauber wirken kann, und dass man dazu nicht Mitglied eines Hexenzirkels und keine echte Hexe sein muss. Ist das richtig?«
» Das ist eine schwierige Frage, junger Mann.«
Nightingale zeigte auf das Buch, das sie in der Hand hielt. » Aber Sie glauben daran, oder? Dass man nur eine Kerze in der richtigen Farbe anzünden, die richtigen Düfte und die richtigen Kräuter verwenden und die richtigen Worte sprechen muss, damit etwas Magisches geschieht?«
» Hätten Sie gerne einen Keks?«, fragte Mrs. Steadman. » Ich bekomme das Gefühl, dass Sie eine Weile hierbleiben werden, und da sollte ich Ihnen wohl etwas zum Knabbern anbieten.«
Nightingale lachte. » Ein Keks wäre wunderbar, danke.«
Mrs. Steadman ging zu einem Regal und kam mit einer Packung Schokoladen-Hobnobs zurück. » Meine Schwäche«, sagte sie.
Nightingale nahm einen Keks und fragte sich, ob sie versuchte, ihn abzulenken, oder ob sie einfach nur gastfreundlich war. » Ich schätze, meine Frage lautet: Funktioniert Magie?«, sagte er.
» Selbstverständlich, junger Mann«, antwortete sie, nahm sich selbst einen Keks und legte ihn auf ihren Unterteller. » Andernfalls würden die Leute doch das Interesse daran verlieren, oder? Wenn diese Mädchen da draußen den Liebestrank kaufen und verwenden, und er nichts bewirkt, nun, dann habe ich zwei Kundinnen verloren, und sie werden es all ihren Freundinnen erzählen, und nicht lange, und mein Laden steht leer.«
» Aber ich dachte, man müsse an Magie glauben, damit sie funktioniert.«
» Nun, dasselbe könnte man auch über die Medizin sagen«, gab Mrs. Steadman zurück. » Bei den meisten Krankheiten wirken Placebos fast so gut wie das echte Medikament. Das gilt natürlich nicht für Antibiotika, aber bei Mitteln gegen Depression oder hohen Blutdruck oder bei Schmerzmitteln ist es eher eine Frage des Glaubens als einer echten chemischen Wirkung. Der Leidende glaubt, dass Paracetamol seine Kopfschmerzen verschwinden lässt, und prompt wirkt es dann auch so, aber tatsächlich würde eine Zuckerpille die Sache ebenso gut erledigen.«
» Jetzt verwirren Sie mich«, sagte Nightingale. » Was sorgt denn nun für die Wirkung– die Beschwörung oder der Glaube daran?«
» Der Glaube hilft«, erklärte Mrs. Steadman geduldig. » Wahrscheinlich verstärkt er die Wirkung der Beschwörung, aber selbst jemand, der nicht daran glaubt, würde ein Resultat bekommen. Es ist wie beim Backen. Man muss nicht unbedingt verstehen, warum Brotteig von Hefe aufgeht, aber wenn man dem Backrezept folgt, bekommt man einen Laib.«
» Und was ist mit schwarzer Magie?«
» Sie meinen Black Magic– die Schokopralinen?«
Nightingale kicherte. Diese Mrs. Steadman gefiel ihm allmählich– sie hatte einen Sinn für Humor, der dem seinen nicht unähnlich war. » Ich meine Beschwörungen, die vielleicht nicht so wohlmeinend sind wie die, die Sie in Ihrem Laden verkaufen.«
» Es gibt keine schwarze Magie«, erklärte sie ernst. » Es gibt keine schwarze Magie und keine weiße Magie. Sondern einfach nur Magie.«
» Aber ich dachte…«
Mrs. Steadman brachte ihn mit erhobenem Zeigefinger zum Schweigen. » Es ist wie mit der Elektrizität, junger Mann«, sagte sie streng. » Mit Strom kann
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