Hoellennacht
man eine Herz-Lungen-Maschine betreiben oder einen elektrischen Stuhl. Einmal rettet man Leben, das andere Mal vernichtet man es, aber der Strom selbst ist weder gut noch böse. Er ist einfach nur eine Kraft, die man einsetzt.«
» Aber so was, wie dass man dem Teufel seine Seele verkauft. Ist das möglich?«
Mrs. Steadman sah besorgt aus. Sie legte ihre rechte Hand auf die seine. » Geht es Ihnen darum? Sie wollen Ihre Seele verkaufen?«
Nightingale schüttelte nachdrücklich den Kopf. » Absolut nicht«, sagte er.
» Sie schwören das bei allem, woran Sie glauben?« Sie sah ihm tief in die Augen.
Nightingale begegnete ihrem Blick. » Ich schwöre es«, sagte er leise. » Ich muss es einfach nur wissen. Ist es möglich?«
Sie zog die Hand zurück und trank ihren Tee, wobei sie ihn immer noch mit ihren intensiven, schwarzen Augen beobachtete. » Es gibt Beschwörungen, die es einem angeblich ermöglichen sollen, dem Teufel seine Seele anheimzugeben«, sagte sie schließlich. » Eine, die ich kenne, ist tatsächlich recht einfach. Man geht nachts auf einen Friedhof– jeder Friedhof ist geeignet, aber je älter, desto besser. Dort zeichnet man einen magischen Kreis auf den Boden, in den man zwei Kreuze hineinmalt. Man nimmt etwas Wermut in jede Hand und hält in der Linken eine Bibel. Man wirft den Wermut in der rechten Hand hoch und den Wermut in der Linken nach unten und achtet dabei darauf, dass man die Bibel nicht fallen lässt. Dann sagt man das Vaterunser rückwärts auf.« Sie trank einen Schluck Tee.
» Und das ist schon alles?«
» Genau. Das war’s. Auf dem Heimweg lässt man die Bibel auf den Kirchenstufen zurück.«
Das klang zu einfach. » Es gibt also keinen Vertrag? Man schließt keinen Tauschhandel ab?«
» Es ist eine Beschwörung«, erklärte Mrs. Steadman. » Eine recht einfache.«
» Und was, wenn man seine Meinung ändert? Was, wenn man sein Versprechen zurücknehmen will?«
» Das ist genauso einfach«, antwortete sie. » Man muss dem Satan widersagen. Dreimal.«
» Und das ist alles?«
» Hatten Sie etwas Dramatischeres erwartet?«
Nightingale griff wieder nach seinen Zigaretten, doch ihm fiel noch rechtzeitig ein, dass hier nicht geraucht wurde. » Ich dachte, es gäbe Verträge, ich weiß nicht, mit Blut unterschrieben oder so.«
» Ach …« Sie zuckte zusammen, als hätte sie Zahnschmerzen.
» Es gibt also noch mehr?«, fragte Nightingale.
» Sie haben mich gefragt, wie man einen Pakt mit dem Teufel schließt– mit Luzifer oder Satan oder wie auch immer man ihn nennen will. Das ist einfach. Aber Verträge mit Unterteufeln sind eine weit kompliziertere Angelegenheit. Dem Teufel unterstehen sechsundsechzig Fürsten, jeder mit 6666 Legionen.«
» Und jede Legion besteht aus 6666 Teufeln«, sagte Nightingale.
» Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht«, bemerkte sie.
» Ich habe ein bisschen nachgeforscht«, gab Nightingale zu. » Um ein Abkommen zu schließen, tritt man also an einen der Teufel heran?«
» Oder an einen der Fürsten. Aber den Teufel selbst können einfache Sterbliche nicht heraufbeschwören.«
» Ich weiß, ich habe es versucht.«
Mrs. Steadmans Augenbrauen schossen nach oben. » Ich hoffe, das soll ein Scherz sein, junger Mann«, sagte sie.
» Ich habe ein Buch mit einer Beschwörungsformel oder so gefunden. Man sagt die Worte auf, und der Teufel erscheint.«
» Das glaube ich nicht«, sagte sie.
» Na ja, es hat nicht funktioniert«, berichtete Nightingale. » Aber es ist möglich, einen bestimmten Teufel heraufzubeschwören? Einen der Fürsten?«
» Das weiß ich nicht, junger Mann«, antwortete sie. » Jetzt reden Sie von Satanismus und Teufelsanbetung, und das ist so weit von dem entfernt, was ich tue, wie man nur kommen kann. Wicca hat nichts mit dem Teufel oder Teufelsanbetung zu tun.«
» Glauben Sie denn daran, Mrs. Steadman?«
Sie schüttelte den Kopf. » Nein, ich glaube nicht an die Hölle, und ich glaube nicht an ein Wesen namens Satan. Aber ich glaube an Gut und Böse. Und ich glaube, dass es in der Erde eine Macht gibt, die sich nutzbar machen lässt.«
» Aber es gibt Möglichkeiten, eine Seele zu verkaufen, oder? Was etwas anderes ist, als sich dem Teufel anheimzugeben.«
» Mr. Nightingale, ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich an Seelen glaube, zumindest nicht in dem Sinn, den Sie meinen. Meine Überzeugung ist eher, dass alles verbunden ist, dass alles fließt, dass wir eins mit der Erde sind.«
» Aber jemand, der daran
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