Hoellennacht
glaubt, kann durch Handlungen seine Seele verkaufen? Oder eine Seele verkaufen?«
» Theoretisch, ja.«
Sie fühlte sich eindeutig unbehaglich bei der Wendung, die das Gespräch nahm.
» Bitte, erzählen Sie mir davon«, sagte Nightingale. » Ich muss es wissen.«
» Sie fragen die Falsche«, entgegnete sie. » Es ist, als würden Sie einen Arzt fragen, wie man einen Mord begeht.«
» Nach meiner Erfahrung sind Ärzte die besten Mörder«, sagte er.
» Nach Ihrer Erfahrung?«
» Ich war einmal Polizist. In einem anderen Leben.«
» Sie glauben also an Reinkarnation? Das ist ja wenigstens was.«
Nightingale lachte. » Ich hatte das nicht so wörtlich gemeint«, sagte er. » Mrs. Steadman, bitte, wie stellt man es an, eine Seele zu verkaufen?«
» Ach, Mr. Nightingale…«
» Nur rein hypothetisch. Wie würde man vorgehen?«
Mrs. Steadman stellte ihren Becher hin. » Dann also hypothetisch«, sagte sie. » Man muss sich von Gott und der Kirche lossagen. Man huldigt dem Teufel, trinkt das Blut geopferter Kinder und schließt ein Abkommen mit dem bestimmten Teufel ab, den man heraufbeschworen hat. Ein Vertrag wird aufgestellt und mit Blut aus dem linken Arm unterschrieben. Dann wird der Name des Vertragsschließenden ins Rote Buch des Todes eingeschrieben.«
» Und wenn man die Seele eines Kindes verkaufen wollte, könnte man das tun?«
Mrs. Steadman legte ihre gespeizten Hände mit den Handflächen nach unten auf den Tisch. » Warum stellen Sie diese Fragen? Sie kommen mir wie ein netter Mann vor, ein guter Mensch. Aber was Sie da fragen, ist nicht…« Sie erschauerte. » Es ist nicht richtig.«
» Haben Sie je von einem Mann namens Sebastian Mitchell gehört?«, fragte Nightingale leise.
Mrs. Steadman erstarrte. » Sie kennen ihn?«
Nightingale schüttelte den Kopf. » Ich habe ein Buch, das er geschrieben hat. Ein Tagebuch.«
» Verbrennen Sie es.« Ihre kleinen Hände ballten sich zu Fäusten.
» Es ist handschriftlich verfasst. Auf Lateinisch.«
» Verbrennen Sie es«, wiederholte sie. » Gehen Sie jetzt sofort nach Hause, und verbrennen Sie es.«
» Sie könnten es nicht für mich verkaufen?«
Sie schüttelte energisch den Kopf. » Mit der Sorte Leute, die ein solches Buch kaufen würden, möchte ich keine Geschäfte machen«, sagte sie.
39
Nightingale ging summend ins Büro. Jenny blickte vom Computer auf. » Du klingst gut gelaunt«, sagte sie.
» Ich bin an Geld gekommen.« Er legte einen Scheck auf ihren Schreibtisch. » Achthundertzwanzig Pfund«, sagte er.
» Wen hast du umgebracht, Jack?«
» O ihr Kleingläubigen«, sagte Nightingale und ging zur Kaffeemaschine. » Ich habe ein paar von den Büchern im Keller von Gosling Manor an eine reizende kleine Hexe in Camden verkauft.«
» Aber nein«, sagte Jenny, griff nach dem Scheck und hielt ihn ins Licht, als erwartete sie, eine Fälschung zu entdecken.«
» Aber ja, und sie hat mir versprochen, noch mehr davon zu kaufen. Sie hat einen Laden und verkauft auch im Internet.«
» Achthundertzwanzig Pfund! Das ist genial«, rief Jenny.
» Das sollte erst mal das Überleben sichern. Und bald kommt mehr«, sagte Nightingale und schenkte sich einen Kaffee ein. » Sie will ein paar von den selteneren Büchern verkaufen und glaubt, dass sie hohe Preise erzielen kann. Ich sagte, dass ich mit einer Liste der anderen Bücher zurückkommen werde, und sie wird mir Bescheid geben, was die wert sind.« Er setzte sich auf Jennys Schreibtischkante. » Sie wollte selbst einen Blick auf die Bibliothek werfen, aber ich glaube, ich sollte in Gosling Manor keine Besucher herumführen.«
» Aber mich nimmst du dorthin mit, oder?«, fragte Jenny.
Nightingale prostete ihr mit seinem Becher zu. » Bei dir ist es etwas anderes«, sagte er. » Du gehörst zur Familie.«
» Reizend von dir.«
» Ich weiß, ich weiß.«
Er nahm ein Päckchen aus seiner Tasche und öffnete es. Es war ein Vergrößerungsglas, das er bei Wicca Woman gekauft hatte. » Suchst du Spuren?«, fragte sie. » Machst du auf Sherlock Holmes?«
» Ja, und bei E-Bay habe ich noch den Deerstalker-Hut und die Pfeife ersteigert.« Er trug den Kaffee und das Vergrößerungsglas in sein Büro und setzte sich an seinen Schreibtisch. Dann zog er die oberste Schublade auf und nahm sein Fotoalbum heraus.
» Was hast du da?«, fragte Jenny.
» Fotos von mir als Baby«, antwortete Nightingale.
» Ach was«, sagte Jenny. » Warum kenne ich die denn noch nicht?«
» Weil ich nie wollte, dass
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