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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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in der Kirche, die meisten von ihnen Polizisten. Superintendent Chalmers hielt eine der Grabreden. Er sprach über Hoyles Laufbahn, seine Familie und sein Privatleben, und er erzählte ein paar Anekdoten aus Hoyles frühen Jahren als Streifenpolizist, bei denen die Gemeinde lächelnd nickte. Die Worte kamen Chalmers offensichtlich aus dem Herzen, und seine Stimme brach ein paarmal. Der Zyniker in Nightingale wollte glauben, dass Chalmers das nur spielte, aber schon bald merkte er, dass Hoyles Tod den Mann schwer getroffen hatte.
    Anna trug eine der Lesungen vor, mit erhobenem Haupt und lauter Stimme, und sie lächelte dabei zu ihrer Tochter hinüber. Mehrere hartgesottene Kriminalbeamte hatten Tränen in den Augen.
    Nightingale trug einen dunkelblauen Anzug und eine schwarze Krawatte, und Jenny einen schwarzen Kaschmirmantel über einem schwarzen Kleid. Ihr Haar wurde von einem schwarzen Haarreifen zusammengehalten. Sie standen auf einem Kiesweg, etwa fünfzehn Meter vom Grab entfernt. Die sechs Beamten ließen den Sarg in die Erde hinunter, während der Pfarrer aus der Bibel vorlas.
    » Wenn ich einmal sterbe, möchte ich nicht begraben werden«, flüsterte Nightingale.
    » Das solltest du in deinem Testament festhalten«, meinte Jenny.
    » Ich habe keins.«
    » Na ja, dann setz eins auf«, sagte sie. » Du hast deine Wohnung in Bayswater und nun auch Gosling Manor. Irgendjemandem musst du das alles ja hinterlassen.«
    » Mir ist es gleich, wer es bekommt«, sagte er. » Meine Eltern sind tot, und ich habe keine Kinder.« Er lächelte. » Ich hinterlasse alles dir.«
    » Kommt nicht in Frage«, erwiderte sie.
    » Sonst gibt es niemanden, der mir nahesteht«, sagte er.
    » Dann suche eine wohltätige Organisation«, sagte sie. » Ich will nicht von deinem Tod profitieren, Jack. Schlimm genug, dass meine Eltern mir ständig sagen, ich wäre versorgt, wenn sie einmal nicht mehr da sind. Das will ich nicht auch noch von dir hören.«
    » Dann brauche ich kein Testament.«
    » O doch«, erwiderte sie. » Sonst wird dein Vermögen nach den gesetzlichen Vorgaben aufgeteilt. Wenn man verheiratet ist, geht es an den hinterbliebenen Partner. Falls einer Kinder hat, bekommen sie einen Anteil. Wenn es weder Frau noch Kinder gibt, geht das Vermögen an die Eltern, und wenn die nicht mehr leben, bekommt es irgendein anderer Verwandter. Glaub mir, du brauchst ein Testament.«
    » Egal, um das Testament geht es mir sowieso nicht. Sondern darum, dass ich nicht begraben werden möchte, okay?«
    » Botschaft verstanden«, antwortete sie. » Möchtest du deine Leiche stattdessen der Medizin spenden? Ich bin mir sicher, deine Leber wäre ein Hingucker.«
    Nightingale lächelte bissig. » Ich will nicht, dass verdammte Medizinstudenten in meinen Organen herumstochern.«
    » Dann also die Einäscherung«, seufzte Jenny. » Was soll ich mit der Asche machen?«
    » Was immer du willst«, sagte Nightingale. » Apropos Asche, meinst du, ich kann auf dem Friedhof rauchen?«
    » Ich denke, rein rechtlich gesehen wäre das okay, aber es ist ziemlich unhöflich. Wie wäre es mit einer Eieruhr?«
    » Mit was?«
    » Ich lasse deine Asche in eine Eieruhr einfüllen. Dann bist du einer der wenigen Männer des Landes, die sich tatsächlich in der Küche nützlich machen.«
    Die Polizisten hatten den Sarg ins Grab gelassen. Die drei Männer zur Linken ließen ihre Seilenden fallen, und die drei zur Rechten zogen sie heraus. Anna warf ihre Rose auf den Sarg und redete Sarah zu, dasselbe zu tun.
    » Verstreu sie über dem Fußballstadion von Manchester United«, sagte Nightingale.
    » Ist das dein Ernst?«
    » Ja. Ich möchte nicht in der Erde liegen– ich möchte nicht langsam verfaulen, und ich möchte keinen Grabstein haben, den die Leute sich anschauen.«
    » Jack, du bist zweiunddreißig, du hast noch Jahre zu leben. Vorausgesetzt, du hörst mit Rauchen und Trinken auf.«
    » Es sei denn, Gosling hätte die Wahrheit gesagt. In zwei Wochen werde ich dreiunddreißig. Von heute an gerechnet sind es tatsächlich genau zwei Wochen.«
    » Heute ist Donnerstag«, sagte Jenny. » Dein Geburtstag ist am Freitag, dem siebenundzwanzigsten.«
    » Ja, aber ich schätze, das bedeutet, dass meine Seele in der Nacht von Donnerstag auf Freitag unmittelbar nach Mitternacht vogelfrei ist, oder?«
    » Ich weiß nicht, wie prompt so ein Teufel zugreift«, sagte Jenny. » Jedenfalls ist das Ganze sowieso Unsinn, und das weißt du auch. Los, komm, wir müssen zum Empfang

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