Hoellenpforte
Platz war leer. Jemand hatte den Artikel mit dem Bild von Scarlett Adams davor auf den Tisch gelegt, als wäre sie im Geiste bei ihnen.
Die Stimmung war ausgelassen. Das Essen war hervorragend gewesen und der Alkohol hatte seinen Teil dazu beigetragen. In den Zimmern im ersten Stock stand bereits das Gepäck für den nächsten Tag bereit. Joanna Chambers wartete, bis das Geschirr abgeräumt war, klopfte dann mit einer Gabel gegen ihr Glas und erhob sich. Matt hatte sie noch nie ein Kleid tragen sehen und dieser Abend bildete keine Ausnahme. Sie trug einen verknitterten Safarianzug – allerdings mit einem kleinen Bündel Blumen im Knopfloch.
»Wir sollten schlafen gehen«, begann sie. »Ihr habt eine lange Reise vor euch. Aber ich wollte euch zumindest noch alles Gute wünschen. Ich kann nicht behaupten, dass es mir leid tut, euch endlich abreisen zu sehen…« Am Tisch wurden Proteste laut, doch sie bat mit einer Handbewegung um Ruhe. »Wie soll ein Mensch bei eurem infernalischen Lärm, dem Fußballspielen auf dem Rasen und dem Raufundruntergetrampel auf der Treppe arbeiten können?
Dennoch wird mir das alles fehlen. Ich habe es genossen, euch hier zu haben. Und obwohl es natürlich großartig ist, dass Scar endlich aufgetaucht ist, mache ich mir doch Sorgen wegen dem, was euch jetzt erwartet.« Sie verstummte kurz. »Ich komme mir ein bisschen vor wie eine Mutter, die ihre Söhne in den Krieg schickt. Ich kann nur hoffen, dass wir uns eines Tages wiedersehen. Ich kann nur hoffen, dass ihr heil zurückkommt.«
Sie erhob ihr Glas.
»Ich möchte einen Toast auf euch fünf ausbringen. Die Fünf, sollte ich wohl sagen. Passt auf euch auf. Besiegt die Alten. Tut, was ihr tun müsst. Und jetzt lasst uns eine heiße Schokolade trinken und ein letztes Mal Perudo spielen. Ihr müsst morgen früh raus.«
Später am Abend standen Richard und Matt draußen auf der Veranda. Es war eine wundervolle Vollmondnacht, der Himmel tintenschwarz und mit Sternen übersät. Aus dem Haus drang klassische Musik. Professorin Chambers hatte ein altmodisches Radio, das sie immer anstellte, wenn sie arbeitete. Scott und Jamie waren schon in ihrem Zimmer im ersten Stock und Pedro saß vermutlich vor dem Fernseher.
»Ich kann nicht glauben, dass wir nach Hause kommen«, sagte Matt.
»England.« Richard starrte in die Dunkelheit, als könnte er es am Horizont sehen. »Hast du eine Ahnung, wie es weitergeht, wenn wir dort sind?«
Matt schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich habe darüber nachgedacht und versucht, einen Plan zu machen. Es wäre einfacher, wenn wir wüssten, was die Alten in der Zwischenzeit getan haben.« Er überlegte kurz. »Vielleicht werden wir es erfahren, wenn wir fünf zusammen sind. Vielleicht ergibt dann alles einen Sinn.«
Matt starrte in die Dunkelheit. Die Nächte in Nazca waren immer riesig. Auch ohne dass er sie sehen konnte, spürte er die Wüste, die sich bis zu den Bergen erstreckte. Auf der Südhalbkugel schien es fünfmal mehr Sterne zu geben, als er jemals in Europa gesehen hatte. Der Himmel war förmlich übersät mit ihnen.
»Was du gestern gesagt hast…« Er sah Richard an. »Über die Alten…«
»Sie haben nach Kindern mit besonderen Kräften gesucht«, sagte Richard. »So haben sie Scott und Jamie gefunden. Wenn Scarlett durch die Tür von St. Meredith gegangen ist, werden sie es wissen. Auch sie werden diesen Artikel gelesen haben.« »Du meinst, dass sie auf uns warten werden?«
»Scarlett wird vom Nexus bewacht. Ihr Vater ist bei ihr. Sie hat ein paar Tage schulfrei genommen. Bis jetzt scheint alles in Ordnung zu sein. Es hat nicht den Anschein, als wäre sie in unmittelbarer Gefahr.«
Richard stand in ständiger Verbindung mit dem Nexus, einer Gruppe von Millionären, Politikern, Hellsehern und Kirchenleuten, die über die Alten Bescheid wussten und sich zu einer Art Geheimgesellschaft zusammengefunden hatten, um sie zu bekämpfen. Sie musste geheim sein, weil sich keiner von ihnen lächerlich machen wollte. Wie hätten sie zugeben sollen, dass sie an Teufel und Dämonen glaubten? Der Nexus hatte es sich zur Aufgabe gemacht, auf Matt und die anderen Torhüter aufzupassen. Eine Zeit lang hatten sie ihm sogar den Besuch einer Privatschule finanziert. Und auch jetzt bezahlten sie alles, was die vier in Peru brauchten.
Außerdem beschützten sie Scarlett Adams. Sie hatten sofort damit angefangen, nachdem Scarlett von der Presse identifiziert worden war. Jetzt wachte ein Team von
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