Hoellenprinz
eher. Sie war Mannschaftskapitän und Sebastians Nichte. Und Luna? War das nicht sogar ihr letztes Treffen mit der Mannschaft?
Ich werde hingehen, beschloss Ela. Hier rumzusitzen und sich Szenarien auszudenken, wie sie sich in ein besoffenes Monster verwandelt haben könnte, war definitiv keine gute Idee. Vielleicht konnte sie ja mit Luna oder Sophie über den Abend reden. Und auÃerdem war Sebastian bei der Polizei und wusste sicher etwas Neues über die Ermittlungen. Könnte ja sein, dass er ein paar Informationen verriet.
15
Daniel lächelt.
Lukas stellte auf Slow Motion.
Daniels Blick geht zur Butterbrotdose, die er in seiner linken Hand hält. Er bricht mit der rechten Hand ein Stück Brot ab. Das steckt er Lukas in den Mund und dabei wird Daniels Lächeln breiter, bis er schlieÃlich die Lippen öffnet.
Schnell stellte Lukas auf Normalgeschwindigkeit, damit Daniels Stimme nicht verzerrt wurde:
»In Deutschland zählen Freundschaft und Liebe mehr als Klassenunterschiede.« Schnitt.
Lukas spulte zurück, drückte auf Play.
Daniel lächelt. Sein Blick geht auf die Butterbrotdose, die er â¦
Lukas schaute sich die Szene bestimmt schon zum zehnten Mal an. Die Tage, an denen sie dieses Kunstprojekt gemacht hatten, waren seine glücklichsten gewesen. Wie hieà die Aufgabe noch mal? Irgendwas mit Deutschland. Lukas überlegte, während er den lächelnden Daniel auf Slow Motion stellte. »Finde einen Gegenstand, mit dem du dein Land repräsentieren willst, und drehe einen Spot darüber.« Daniel war es, der auf die Butterbrotdose gekommen war. Witzige Idee, hatte Lukas von Anfang an gefunden. Deutsche waren praktisch veranlagt, ordentlich, hatten oftmals eine harte Schale, aber einen weichen Kern, backten das beste Brot der Welt und aÃen auf dem Schulhof gemeinsam die Brote aus der Butterbrotdose.
Es war schön gewesen, tagelang rund um die Uhr mit Daniel rumzuhängen. Am Ende hatten sie 15 Punkte bekommen.
»In Deutschland zählen Freundschaft und Liebe mehr als Klassenunterschiede.«
Schnitt.
Er zögerte mit dem erneuten Zurückspulen. Normalerweise hatte der Spot eine fast magische Wirkung auf ihn, gab ihm Kraft und Zuversicht. Doch heute wollte sie sich einfach nicht einstellen. Lukas klappte den Laptop zu und lieà sich nach hinten auf seine Matratze fallen. Dumpf glotzte er zur Decke, die von dunkelbraunen Dachbalken durchzogen war. Seit er die Fotos in der Nachttischschublade entdeckt hatte, hing er auf seinem Bett rum. Ruckartig setzte er sich wieder auf. So konnte er nicht weitermachen. Er musste verdammt noch mal rausbekommen, was für ein Spiel sein Vater spielte, und er brauchte Geld. Er blickte voller Abscheu auf den braunen Umschlag und auf den Monitor, in dem die verhassten Aufnahmen der Mädchen auf ihn warteten. Mit seinen Fingern tastete er in seiner Hosentasche nach Mutters Perlenkette, die er vorhin im Badezimmer gefunden und eingesteckt hatte. Stillstand. Es herrschte absolute Ruhe, nicht einmal die Vögel waren zu hören, obwohl die Terrassentür offen stand.
Dies wäre der ideale Zeitpunkt, sich das Leben zu nehmen, dachte Lukas, wusste aber gleichzeitig, dass er davon genauso wenig Ahnung hatte wie vom Verkaufen einer Perlenkette. Sein Vater hatte recht: Er war ein Feigling, ein Nichtsnutz, eine absolute Null.
16
E la ging die Treppe runter ins Tischtenniszimmer vom Vereinsheim. Es war gespenstisch still, obwohl die Tür angelehnt war. Fiel das Treffen doch aus? Unten angekommen, blieb sie stehen und horchte. Jetzt hörte sie ein Hüsteln und ein Rascheln, jemand flüsterte. Die Stimmung war angespannt, kein Wunder. Auf dem Hinweg hatte sie die ganze Zeit überlegt, wie sie sich verhalten sollte. SchlieÃlich konnte sie davon ausgehen, dass sich ihre Kussgeschichte und auch die Verdächtigung wie ein Lauffeuer über die Stadt verbreitet hatten. Aber sie war zu keinem Ergebnis gekommen. Sie hatte überhaupt keine Ahnung, wie die anderen auf sie reagieren würden, da half ihr Nachdenken auch nicht weiter, da musste sie einfach durch. Sie öffnete die Tür und betrat den Raum. Alle Augen richteten sich sofort auf sie, die Gespräche verstummten und Eiseskälte blies ihr entgegen, zumindest bildete sie sich das ein.
Luna war da. Ein Glück! Sie saà auf dem Boden, gegen ein Bein der Tischtennisplatte gelehnt. Sophie und Sebastian sah sie nicht, obwohl sie selbst
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