Hoellenprinz
nie erzählt habe«, begann sie und knetete ihre Hände. »Daniel ist ⦠war für mich immer wie ein Bruder. Das habe ich zumindest behauptet. Aber das hat nicht gestimmt. Erâ¦Â«
Sie spürte ihr Herz gegen die Schädeldecke pochen und drückte mit ihren Fingern dagegen. »Ich habe Daniel geliebt.« Caro regte sich nicht. » Ich habe es dir nie erzählt, weil ich mich dafür geschämt habe. Die Mädchen, die bei ihm aus und ein gingen, waren alle so viel schöner und interessanter als ich. Ich hatte Angst, mich lächerlich zu machen â¦Â«
»Aber mir hättest du es doch erzählen können«, sagte Caro. » Ich dachte, wir waren beste Freundinnen.«
»Das sind wir auch. Ich habe es niemandem erzählt, weil ⦠Ich hatte es so oft vor, aber dann habe ich mich immer nicht getraut. Auf die Weise blieb es klein. Hätte ich es erzählt, wäre es ein Thema geworden. Das wollte ich nicht. Dazu war es mir zu peinlich.«
Caro stieà sich vom Fensterbrett ab, ging zu ihrem Bett und holte ihr Handy unter dem Kopfkissen hervor. Sie klickte ein bisschen rum und hielt es anschlieÃend Ela hin: »Schau mal, das hat mir Lukas geschickt, als ich gerade bei Mirko Batterien geholt habe. Ist dir das auch peinlich?«
Ela schaute auf das ihr hingehaltene Display und sofort schossen Tränen in ihre Augen. Auf dem Foto küssten sich Daniel und sie. Jahrelang hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht als genau diesen einen Augenblick. Dann hatte sie ihn erlebt und wusste keine Sekunde mehr davon, kein Gefühl, keinen Geruch, einfach nichts.
»Sophie hatâs mir erzählt«, sagte Ela leise.
»Was hat dir Sophie erzählt?«
»Dass Daniel und ich uns geküsst haben, als du weg warst.«
»Falsch! Du hast Daniel dazu genötigt, dich zu küssen! Und danach bist du ihm in den Wald gefolgt.«
»Ja, das hat sie auch gesagt«, antwortete Ela und löste ihren Blick von dem Bild. Caro schmiss das Handy auf ihr Bett und verschränkte ihre Arme wieder. Ihre Körperhaltung drückte Abwehr aus, aber in ihren Augen erkannte Ela die vertraute Weichheit.
»Bitte, Caro. Ich brauche dich. Ich weià doch selber nicht, was passiert ist.«
Caro drehte sich wieder halb zum Fenster und blickte hinaus in den Garten. Nach kurzem Schweigen sagte sie: »Mir ist die ganze Nacht diese Story mit Mireille durch den Kopf gegangen, als du ihr die Brille vom Kopf geschlagen hast.«
»Was hat das denn mit Daniel zu tun?«
»Ich weià auch nicht. Sie kam mir eben immer wieder in den Sinn. Ich hatte dir so eine heftige Reaktion einfach nicht zugetraut. Und damals warst du nüchtern. Wer weiÃ, zu was du fähig bist, wenn du was getrunken hast.«
Ela war schockiert. Caro hatte sich entschieden. Da war kein Platz für ihre Sehnsucht nach Aussprache und Hilfe. Ela blieb nichts anderes übrig, als zu gehen und irgendwie anders die Wahrheit zu suchen, ohne Caro, so sehr es auch wehtat.
13
L ukas brauchte Geld, viel Geld. Australien hatten Daniel und er sich ausgesucht, weil es am weitesten entfernt war. Irgendeine Arbeit hätten sie schon gefunden, nur sie beide.
Australien.
Er lag auf dem Sofa, seine FüÃe hatte er auf die Lehne gestellt, und er beobachtete, wie sein rechtes Bein im Takt auf- und abwippte, obwohl er gar keine Musik hörte. Es hielt sich an den Takt seiner Gedanken. Jetzt musste er es alleine durchziehen, alleine abtauchen am anderen Ende der Welt in der Hoffnung auf einen Neuanfang, auf Freiheit.
Auf dem Monitor liefen beide Kameras live mit. Aber es passierte nichts. Luna packte, ihr Auslandsjahr war in wenigen Tagen zu Ende. Sophie schlief noch, in ihrem Zimmer war es stockfinster.
Er hörte den Wagen seiner Eltern wegfahren und schaute auf seinen Wecker. Es war kurz vor zehn, Zeit für den wöchentlichen Gang in die Kirche. Seit einigen Wochen zwangen sie ihn nicht mehr mitzugehen. Am Anfang hatte er sich darüber gewundert, dann gefreut und jetzt verursachte es ein flaues Gefühl in seinem Magen. Sie hatten ihn aufgegeben, das hieà es. Und ein anderer sollte nun einen echten von Erpenstein aus ihm machen.
Ein Mann macht Liegestützen in einer Gefängniszelle. Sein Kopf wird dicker und roter. Im Vordergrund erscheint ein Megafon mit einer Sprechblase:
»Geld zählen!«
Der Mann setzt sich an einen Tisch und stapelt Geldtürme.
Sein Kopf wird
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