Hoellenprinz
fort:
»Ich habe euch mal gefilmt, in der Umkleidekabine, nach einem Volleyballspiel. Es war nur ein Scherz, ein Dummejungenscherz, ich wollte angeben, vor Daniel, das klingt ein bisschen komisch, aberâ¦Â« Ihn beschlich das Gefühl, gegen einen Eisberg anzureden, den er niemals zum Schmelzen bringen würde. Sie schaute ihn an, unberührt, auffordernd. Wie aber sollte er jetzt weiterreden? An diesem Punkt war der Hagere in ihr Leben getreten, aus einer dunklen Nische heraus, hatte die Aufnahme gesehen und ihnen Geld für mehr geboten. So war das, so einfach! Aber das durfte er auf keinen Fall erzählen, das wäre sein Ende!
»Als wir einmal angefangen hatten, konnten wir nicht mehr aufhören, es war wie eine Sucht.«
»Eine Sucht? Ihr seid krank!« Sie beugte sich zu ihm runter und setzte die Spritze an seinem Oberarm an. Ihr liefen Tränen über die Wangen.
»Was ist in der Spritze?«
»Geht dich nicht an. Warum habt ihr gefilmt? Und was habt ihr mit den Filme gemacht?«
»Wir ⦠wir haben sie uns angeschaut.«
»Du lügst! Ihr habt Geld gemacht, hab ich richtig?«
Sie machte ihn wahnsinnig mit ihrem Blick und dieser Spritze.
Er nickte.
»Los. Gib es zu!«
»Es war ⦠ich wollte abhauen. Mit Daniel. Nach Australien oder Neuseeland. Mein Vater hasst mich. Er macht mich kaputt. Und Daniel hat auch â¦Â« Wieder versuchte er, sich aufzusetzen, doch der Schmerz lieà ihn erneut niedersinken.
»Wer? Wer hat euch Geld gegeben für Filme?«
ScheiÃe! Was sollte er darauf antworten? Sie würde es ihm erstens niemals glauben und zweitens würde der Hagere ihm einen Todesstoà in die Hölle geben, wenn Luna ihren letzten Tag dazu nutzen würde, mit dem ganzen Scheià aufzuräumen und es publik zu machen. Zuzutrauen wäre es ihr. Zum Glück sprach sie weiter, was ihm Zeit zum Nachdenken gab.
»WeiÃt du, was? Ihr seid Dreck! Wenn ich eine Deutsche wäre, würde ich den ganzen Tag Gott dafür danken, dass ich hier geboren. Bei mir in Puerto Rico haben wir nichts. Nicht elektrisches Licht, nicht geflossenes Wasser. Ihr habt alles und wollt noch mehr. Dafür macht ihr sogar andere Leben kaputt. Wie willst du das Gott erklären, später?«
»Ich glaube nicht an Gott.«
»Das wirst du aber, wenn du am Ende vor ihm stehst. Und das wird kein guter Tag für dich.«
Sie lieà ihre Arme sinken, sodass die Spritze nicht mehr auf ihn gerichtet war. » Ich verstehe euch Deutsche nicht. Am Anfang, als ich hierherkam, habe ich mich geschämt, weil ich mich klein gefühlt, so arm. Aber dann, als ich euch kennengelernt habe, drehte es sich um. Ihr seid es, die sich schämen müssen, und ich bin es, die reich ist. Ich liebe meine Familie, meine Freunde und Gott. Und ich habe lieber Hunger als eure komischen Probleme.«
Sie hatte sich von ihm abgewandt und sprach zum Fenster. Lukas war beeindruckt. Ihr Deutsch war fantastisch, unglaublich, dass sie erst seit zehn Monaten hier war. Und sie hatte recht. Verdammt recht! Er wusste nichts darauf zu antworten. Alles, was ihm durch den Kopf ging, klang unpassend nach ihren Worten. War so ein kluger Mensch wirklich zu einem Mord in der Lage? Sein rechter Arm war eingeschlafen, was er zu ignorieren versuchte. Luna ging zurück zu seinem Schreibtisch und machte etwas, was er nicht sehen konnte. AnschlieÃend durchsuchte sie die Schubladen und das Regal, sammelte alle Sticks und CDs ein und packte sie in ihre Tasche. Ein schneller Blick neben seinen Monitor zeigte ihm: Seine Festplatte war weg und damit seine letzte Hoffnung.
Ein SMS-Ton durchdrang die Stille.
»Wo ist dein Handy?« Luna kam zu ihm. »In deiner Hosentasche?« Sie drehte ihn um und tastete seine GesäÃtaschen ab. Aus der linken zog sie sein Handy raus.
»Wie ist das Code?«
Lukas sagte ihn ihr und daraufhin klickte sie ein bisschen herum und las schlieÃlich die SMS vor:
»Das Filmmaterial kenne ich schon. Ich lass mich nicht verarschen. Warum ist Luna nicht dabei? Morgen bekomme ich neue Filme, sonst bist du erledigt.«
Lukas hielt die Luft an.
»Ist das der Mensch, der bezahlt für die Filme?«
Luna hielt ihm die SMS unter die Nase und Lukas nickte.
»Und wer ist es? Ich will den Namen.«
»Das ist â¦Â« Lukas schluckte. Sie würde es ihm nicht glauben, niemals. »
Wer?«, schrie Luna.
32
S ophie nahm erneut die Fotos in
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