Hoellenprinz
die Hand.
»Das da, der Typ, der vor dem Monitor sitzt«, sie stieà mit ihrem Zeigefinger unentwegt auf den kurz geschorenen Kopf im Vordergrund des Bildes, »das ist Sebastian, mein Onkel Sebastian, unser aller Sebastian. Hier, schaut!« Sie drehte das Foto näher zu Caro und Ela. »Das ist sein Arbeitszimmer! Da, das ist sein Regal und das da, seht ihr den Blumentopf da vorne im Bild? Der steht auf seinem Balkon. Den Topf habe ich ihm angemalt. Als ich fünf war oder so. Das ist definitiv das Arbeitszimmer von Sebastian, und zwar von seinem Balkon aus reinfotografiert.« Sophie schlug mit der flachen Hand auf das Lenkrad ein. Einmal, zweimal, dreimal, dann rieb sie sich die schmerzende Handfläche am Oberschenkel. Die Autos sausten links an ihnen vorbei. Die Sonne schien aufs Dach, die Luft war heià und staubig.
»Aber das heiÃt doch noch nichts«, sagte Caro. »Vielleicht hat er ja, wie Ela, den Film nur entdeckt und untersucht. Er ist schlieÃlich bei der Polizei.«
»Soll ich euch was sagen?«, keuchte Sophie auÃer Atem. Sie hatte Caros Bemerkung scheinbar gar nicht richtig wahrgenommen. »Das da ist Lunas Zimmer. Ich kenne es gut, bin ja ein paar Mal da gewesen. Der Winkel ⦠hmmmm â¦Â« Sie drehte die Aufnahme in ihren Händen. »Da steht ein Schrank. Es muss vom Schrank aus aufgenommen worden sein. Und zwar von oben runter. Wir fahren jetzt erst zu mir und suchen alles nach einer Kamera ab.«
Zehn Minuten später hatten sie Gewissheit: In Sophies Zimmer war auf dem obersten Regalbrett eine kleine Kamera installiert. Sophie wich alle Farbe aus dem Gesicht und sie lieà sich kraftlos auf die Bettkante fallen, während Ela und Caro die festgeklebte Kamera herunterholten.
»Am Ende hatten meine Eltern doch recht.«
»Womit?«
Sophie nahm ein Foto der Volleyballmannschaft mit einem strahlenden Sebastian von der Pinnwand. »Sie haben mich immer vor ihm gewarnt. Sie haben es überhaupt nicht gerne gesehen, als er plötzlich anfing, unsere Mannschaft zu coachen. Er sei eifersüchtig und würde sich zu sehr einmischen, haben sie gesagt. Aber da war mehr dahinter.« Sie machte eine Pause, während sie weiter auf das Bild schaute, als hoffte sie, dass es plötzlich sprechen und ein Geheimnis enthüllen würde. »Irgendwas war da vorgefallen, aber ich weià nicht, was.«
»Lasst uns das später klären, okay? Wir sollten jetzt zu Luna«, sagte Ela.
33
G uten Tag, wir wollten zu Luna«, sagte Ela, nachdem Lunas Gastmutter ihnen die Haustür geöffnete hatte. Sie war eine dieser Frauen, die auch im höheren Alter noch wunderschön aussahen. Gepflegte Haut, perfekt sitzende Haare, teure Klamotten.
»Luna? Sie ist auf die Trauerfeier gegangen.«
»Da kommen wir gerade her. Dort ist sie nicht«, sagte Sophie. Lunas Gastmutter schüttelte ihren frisierten Kopf. » Dann kann ich euch leider nicht sagen, wo sie ist. Seid ihr Klassenkameradinnen von Luna?« »Ich ja«, antwortete Sophie. »Ich war auch schon ein paar Mal hier.«
»Ach ja«, sagte die Frau und hob ihr Kinn um einige Zentimeter. Sie schien sich nicht sonderlich für das Leben ihres Gastkindes zu interessieren.
»Ja, ich erinnere mich. Luna hat sich in letzter Zeit sehr verändert. Ihr ist anscheinend der Tod eures Klassenkameraden sehr nahegegangen.«
»Hat sie denn gesagt, wann sie nach Hause kommt?«, fragte Ela.
»Nein, leider nicht. Es wird aber sicher nicht spät, sie fliegt ja morgen früh wieder zurück in ihre Heimat. Ich kann ihr gerne etwas ausrichten, wenn sie kommt.«
»Ja, sie soll uns bitte anrufen.« Caro holte ihr Handy aus ihrer Tasche. »Mist. Ich hab mal wieder keinen Akku mehr.«
»Sagen Sie ihr, sie soll mich anrufen, Sophie. Die Nummer hat sie.«
»Gut, mach ich.«
Sie gingen zurück zum Auto.
»Jetzt fahren wir zu Lukas, würde ich sagen«, schlug Ela vor. Diesmal saà sie hinten und beugte sich nach vorne. »Er ist der Dritte, der im Brief genannt wird.«
»Ich kann den Kerl nicht ausstehen. Wenn der mit der ganzen Sache nichts zu tun hat, fress ich ânen Besen!« Sophie legte den Gang ein und sauste los. Ihr Fahrstil und ihr Temperament waren absolut identisch.
»Lukas, was machst du da?«, entfuhr es Caro. Die drei waren ums Haus gegangen, als niemand auf ihr Klingeln reagiert hatte, hatten die offene
Weitere Kostenlose Bücher