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Höllenschlund

Höllenschlund

Titel: Höllenschlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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können.
    »Jetzt übernehmen Sie«, sagte Austin.
    Er wusste, dass hier kein Platz für Amateure war. Es hatte schon abgeschleppte Eisberge gegeben, die umgekippt waren, und es bestand dauernd die Gefahr, dass das Schleppseil in die Schrauben geriet.
    Unter Anweisung des Kapitäns fuhr das Schiff die Motoren hoch. Das Schleppseil spannte sich. Das Wasser hinter dem Heck brodelte weiß schäumend. Ganz langsam überwand der Berg die Trägheit, die ihn an Ort und Stelle festhielt. Der Riese setzte sich in Bewegung, und allmählich nahmen sie Fahrt auf. Womöglich würde es Stunden dauern, um auch nur die Geschwindigkeit von einem Knoten zu erreichen.
    Nachdem der Abschleppvorgang eingeleitet war, entschuldigte sich Austin und kehrte ein paar Minuten später wieder aus seiner Kabine zurück. Er überreichte dem Kapitän einen Pappkarton. Dawe öffnete ihn – und sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Er hob einen breitkrempigen Stetson heraus und setzte ihn auf.
    »Ein bisschen zu groß, aber ich kann ihn ja mit Zeitungspapier ausstopfen, damit er passt. Danke, Jungs.«
    »Betrachten Sie es als Zeichen der Anerkennung, dass wir hier an Bord sein dürfen«, sagte Austin.
    Zavala starrte auf den Eisberg, der das Schiff überragte.
    »Was machen wir jetzt mit dem Ding?«
    »Wir schleppen es in eine Strömung, die ihn von der Bohrinsel wegtreibt. Es könnte ein paar Tage dauern.«
    »Kapitän …«, rief der Mann am Radar zu Dawe herüber.
    »Ich hab da was. Sieht aus, als würde es auf die
Great Northern
zufahren.«
    Der Mann am Radar hatte mit einem dicken Stift drei Kreuze auf eine durchsichtige Kunststoffauflage gezeichnet und verband sie miteinander, um Kurs und Geschwindigkeit des Objekts berechnen zu können. Der Kapitän nahm ein Lineal und legte es an die Markierungen.
    »Das ist nicht gut«, murmelte er. »Wir haben da ein Schiff, das direkt auf die Ölplattform zufährt. Und zwar mit hoher Geschwindigkeit.«
    Er funkte die Bohrinsel an. Der Radartechniker an Bord der
Great Northern
hatte das näher kommende Schiff bereits geortet und versucht, Kontakt aufzunehmen. Niemand reagierte jedoch. Gerade als Dawe ihn anfunkte, hatte er die
Leif Eriksson
rufen wollen.
    »Wir sind ein wenig besorgt«, sagte der Techniker. »Es fährt direkt auf uns zu.«
    »Sieht so aus«, meinte Dawe. »Ich schätze, es ist noch etwa zehn Seemeilen entfernt.«
    »Das ist verdammt nah.«
    »Wir müssen den Berg wieder losmachen und versuchen, dem Schiff den Weg abzuschneiden. Wie lange dauert es, die Plattform vom Bohrturm zu lösen?«
    »Wir haben schon damit angefangen, aber das Schiff könnte früher da sein, wenn es seine Geschwindigkeit beibehält.«
    »Versuchen Sie Funkkontakt aufzunehmen. Wir werden es umdirigieren.« Er wandte sich an Austin und Zavala. »Tut mir leid, Jungs, aber wir müssen unseren Berg erstmal losbinden.«
    Austin hatte dem Funkgespräch zugehört. Er schlüpfte wieder in seine Schlechtwetterjacke und zog sich die Mütze tief ins Gesicht. Zavala tat dasselbe.
    Das Losbinden verlief in der umgekehrten Reihenfolge wie das Einfangen. Das Deckteam löste das Ende mit der Boje, damit sie frei trieb. Dawe manövrierte das Schiff rückwärts um den Eisberg herum, und die Crew holte die Hunderte von Meter Tau ein. Als der letzte Meter an Deck war, gab der Kapitän den Befehl, mit voller Kraft loszufahren.
    Zavala blieb an Deck und half an der Winde, und Austin kehrte zur Brücke zurück. Der Kapitän hatte das Mikrofon in der Hand. »Immer noch nichts?«, fragte Austin.
    Dawe schüttelte den Kopf. Er sah besorgt aus, und er war ohne Zweifel mit seiner Geduld am Ende. »Wir dürften bald längsseits dieser Idioten sein.«
    Der Kapitän ging zum Radarschirm hinüber. Ein weiteres Kreuz war eingezeichnet und mit der ersten Linie verbunden worden. Eine zweite Linie, die den anderen Kurs kreuzen würde, war für die
Eriksson
eingezeichnet worden.
    »Wie stehen die Chancen, dass die Bohrinsel einen direkten Aufprall übersteht?«, fragte Austin.
    »Nicht gut. Die
Great Northern
ist eine Halbtaucherbohrinsel. Die Beine bieten schon eine gewisse Sicherheit, aber das ist nichts im Vergleich zur
Hibernia
, die auf einem festen Sockel auf dem Meeresboden ruht und von einer dicken Betonummantelung geschützt wird.«
    Austin war seit seiner Zeit in der Nordsee mit Bohrinseln vertraut. Er wusste, dass eine Halbtaucherbohrinsel mehr einem Schiff als einer Bohrplattform glich und meistens in tiefen Gewässern eingesetzt

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