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Höllenschlund

Höllenschlund

Titel: Höllenschlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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wirkte wie aus Granit gemeißelt, als wäre er durch ein Wunder der Alchemie in Fleisch und Blut verwandelt worden.
    Er sagte seinem Diener, dass er nicht gestört werden wollte, und schloss sich in dem Porträtsaal ein. An den Wänden des riesigen Raums hingen zahlreiche Bilder von Baltazars Ahnen. Er schenkte Cognac in einen Schwenker, ließ ihn kreisen und nippte daran. Dann stellte er das Glas ab und trat vor ein Ölgemälde aus dem 18. Jahrhundert, das in der Nähe des großen gekachelten Kamins hing und eine junge Frau zeigte. Er stellte sich so dicht davor, dass sich ihre Blicke trafen. Er legte die Hände an den geschnitzten Rahmen des Gemäldes.
    Feine Sensoren hinter den Augen des Porträts prüften seine Retina und glichen die Daten mit denen eines Computers ab. Versteckte Scanner im Rahmen lasen seine Hand- und Fingerabdrücke. Erst war ein leises Klicken zu hören, dann öffnete sich ein Wandabschnitt und gab eine Treppe frei.
    Er stieg zu einer Stahltür hinab, die sich per Tastenkombination öffnen ließ. Hinter dieser Tür befand sich ein Raum, der mit Glasvitrinen vollgestellt war. Temperatur und Feuchtigkeit in den luftdichten Vitrinen wurden ständig reguliert, um Hunderte nach Datum sortierte dicke Bände zu schützen.
    Die Bücher enthielten die Familiensaga der Baltazars, die mehr als zweitausend Jahre zurückreichte. Die Chroniken berichteten von den Ursprüngen der Familie in Palästina und dokumentierten die Übersiedelung nach Zypern, wo sie als Schiffsbauer für den Vierten Kreuzzug eine Blüte erlebte. Sie war an der blutigen Plünderung Konstantinopels beteiligt, wo sie so viel Gold stahl, wie sie auf ihren Schiffen transportieren konnte.
    Nach dem Kreuzzug taten sich die Baltazars mit den Kreuzfahrern zusammen. Sie begaben sich nach Westeuropa und schlossen sich einer Art Kartell an, das mit dem gestohlenen Gold ein Rohstoffimperium schuf. Seit Zypern waren sämtliche Geburten, Todesfälle und Hochzeiten aufgezeichnet worden. Auch Geschäfte und Fehden. Tagebücher in goldgeprägten Einbänden dokumentierten jede Einzelheit, ganz gleich, wie banal, peinlich oder gesetzeswidrig auch immer sie sein mochte.
    Baltazar hatte jedes Wort gelesen, und es war die Kreuzfahrervergangenheit, die sein Interesse an Turnieren und anderen Elementen des Rittertums geweckt hatte. Ein Computer mit Touchscreen, der in eine Wand eingelassen war, diente als Katalog und zur Datenerfassung.
    In der Raummitte stand eine Steinskultpur auf einem Podest. Sie stellte einen Mann mit ausgestreckten Händen dar, die Arme leicht geneigt, als warte er darauf, etwas entgegenzunehmen. Er hatte ein rundes, bärtiges Gesicht, und seine Lippen waren zu einem breiten Lächeln verzogen, das beinahe anzüglich wirkte. Hörner wuchsen seitlich aus seinem Kopf. Dem Gott Baal war ein besonderer Platz zugedacht worden, zumal er der Namensgeber der Familie Baltazar war, die um seine Gunst geworben und von Beginn an zu ihm gebetet hatte, damit er ihre Reichtümer beschützte.
    Der Götze war bei grausamen Menschenopfern zum Einsatz gekommen. Ursprünglich hatte er am Rand einer Feuergrube gestanden. Die Steinfüße waren noch immer von Hitze und Rauch geschwärzt. In schweren Zeiten hatten Baals Priester Kinder geopfert, indem sie sie auf seine herabgeneigten Arme legten, von wo sie in die Flammen rollten. Ein offenes Feuer gab es zwar nicht mehr, doch dafür einen Altar.
    Darauf stand eine Kiste aus dunklem Holz, die mit zahlreichen wertvollen Steinen geschmückt war. Baltazar öffnete den Deckel und nahm eine kleine, schlichte Holzschatulle heraus. In der Schatulle lagen mehrere Pergamentblätter, die Baltazar auf dem Altar ausbreitete. Sein Vater hatte ihn mit dem Inhalt der Holzschatulle vertraut gemacht, als die Familie noch in Europa ansässig gewesen war. Die Blätter erzählten die Familiengeschichte aus der Zeit in Palästina. Aber erst, als er ein wenig älter war und Aramäisch gelernt hatte, begriff er die dunklen Geheimnisse, die zu ihrem Exil in Zypern geführt hatten.
    Als er die Aufzeichnungen seiner frühen Vorfahren las, spürte er das Gewicht der Jahrhunderte auf seinen Schultern lasten. Nach einer Weile legte er die Pergamentblätter vorsichtig zurück und schloss den Deckel.
    Er richtete die blassen Augen auf Baal und erwiderte seinen steinernen Blick. Es war, als würde der antike Gott direkt in seine Seele bücken. Kraft schien von der Statue in Baltazars Körper zu strömen. Wie ein durstiger Pilger tauchte er

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